Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.von der disposition überhaupt. iugend narret, und im alter dabey bleibt, oder derso bey reiffen iahren die fehler der iugend durch klugheit bessert? Es könten zu ieden argumento und satze, wieder neue gefüget werden, so würde eine vollständige oration oder deduction daraus erwachsen. Als ein e- empel eines Sorites mag folgendes seyn; wann iemand aus schertz beweisen wolte, alle leute rai- sonnirten recht, so könte er folgende sätze machen: Prop. 1. Alle leute raisonniren. 2. Alle raisonnements sind gedancken. 3. Alle gedancken sind ideen. 4. Alle ideen sind erinnerungen. 5. Alle erinnerungen sind empfindungen. 6. Alle empfindungen sind wahr. 7. Wer wahtheiten bat raisonniret recht. Conclus 8. Also raisonniren alle leute recht. Aber man müste sich dabey auf die syllogistick und instantzen nicht einlassen, sondern die sätze fein mit ingenieusen einfällen, argumentis illustran- tibus, und patheticis ausputzen und überkleiden, so dächten die leute doch, man raisonnirte selbst recht, und das wäre für die feinde der Logick ein gefunden fressen. §. 5. Solchen füget man die chrien bey, Es
von der diſpoſition uͤberhaupt. iugend narret, und im alter dabey bleibt, oder derſo bey reiffen iahren die fehler der iugend durch klugheit beſſert? Es koͤnten zu ieden argumento und ſatze, wieder neue gefuͤget werden, ſo wuͤrde eine vollſtaͤndige oration oder deduction daraus erwachſen. Als ein e- empel eines Sorites mag folgendes ſeyn; wann iemand aus ſchertz beweiſen wolte, alle leute rai- ſonnirten recht, ſo koͤnte er folgende ſaͤtze machen: Prop. 1. Alle leute raiſonniren. 2. Alle raiſonnements ſind gedancken. 3. Alle gedancken ſind ideen. 4. Alle ideen ſind erinnerungen. 5. Alle erinnerungen ſind empfindungen. 6. Alle empfindungen ſind wahr. 7. Wer wahtheiten bat raiſonniret recht. Concluſ 8. Alſo raiſonniren alle leute recht. Aber man muͤſte ſich dabey auf die ſyllogiſtick und inſtantzen nicht einlaſſen, ſondern die ſaͤtze fein mit ingenieuſen einfaͤllen, argumentis illuſtran- tibus, und patheticis ausputzen und uͤberkleiden, ſo daͤchten die leute doch, man raiſonnirte ſelbſt recht, und das waͤre fuͤr die feinde der Logick ein gefunden freſſen. §. 5. Solchen fuͤget man die chrien bey, Es
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von der diſpoſition uͤberhaupt.
iugend narret, und im alter dabey bleibt, oder der
ſo bey reiffen iahren die fehler der iugend durch
klugheit beſſert?
Es koͤnten zu ieden argumento und ſatze, wieder neue
gefuͤget werden, ſo wuͤrde eine vollſtaͤndige oration
oder deduction daraus erwachſen. Als ein e-
empel eines Sorites mag folgendes ſeyn; wann
iemand aus ſchertz beweiſen wolte, alle leute rai-
ſonnirten recht, ſo koͤnte er folgende ſaͤtze machen:
Prop. 1. Alle leute raiſonniren.
2. Alle raiſonnements ſind gedancken.
3. Alle gedancken ſind ideen.
4. Alle ideen ſind erinnerungen.
5. Alle erinnerungen ſind empfindungen.
6. Alle empfindungen ſind wahr.
7. Wer wahtheiten bat raiſonniret recht.
Concluſ 8. Alſo raiſonniren alle leute recht. Aber
man muͤſte ſich dabey auf die ſyllogiſtick und
inſtantzen nicht einlaſſen, ſondern die ſaͤtze fein
mit ingenieuſen einfaͤllen, argumentis illuſtran-
tibus, und patheticis ausputzen und uͤberkleiden,
ſo daͤchten die leute doch, man raiſonnirte ſelbſt
recht, und das waͤre fuͤr die feinde der Logick ein
gefunden freſſen.
§. 5. Solchen fuͤget man die chrien bey,
welche nichts anders ſind, als ein ſatz mit ſei-
nen argumentis, und heiſſen entweder Aphtho-
nianiſche oder Oratoriſche chrien. Die Aphtho-
nianiſchen
a⁾
finden ietzo wenig liebhaber,
nachdem Weiſe die Oratoriſchen gluͤcklich er-
funden und artig gewieſen hat. Zu iedweder
chrie ſind alſo zwey hauptſaͤtze noͤthig, der
grundſatz oder das thema, und ſein beweiß-
grund oder die aͤtiologie, und zu dieſen koͤnnen
dienliche erlaͤuterungs-gruͤnde gefuͤget werden.
Es
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