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Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

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von denen unterschiedenen arten
aber bekehre diejenigen,
welche noch viel freyer deine heiligkeit beleidigen,
als es mund und feder beschreiben kan!
Diese seltzame heiligen
lieben ihren nächsten,
aber nur, wenn er weibliches geschlechts ist, geld hat,
und ihnen die füsse küsset.
Sie sind demüthig,
aber nur für den leuten in minen und geberden,
sie gehen schlecht bekleidet,
damit man ihre beschmutzte heiligkeit desto besser
erkennen möge,
sie essen und trincken wenig,
denn sie sind satt von ihren eignen verdiensten,
und es möchte etwan das feuer verleschen,
welches für den leuten scheinet,
und von der verstellung angezüudet ist.
Sie sind sehr religiös,
indem sie alle religionen für gerecht halten.
Sie widersprechen auch keinem ketzer,
weil sie selbst das widersprechen nicht vertragen
können.
Aber ihre disputir-kunst wird privatißime ausgeübet,
wo sie alle präsides sind,
ohne respondenten und opponenten,
durch hand-briefgen.
Der grund-satz ist allezeit: Dieser ist nicht unser:
und der schluß: Ergo wollen wir ihn drücken.
Sie halten viel auf die brüder,
aber noch mehr auf die schwestern,
daß sie auch
wann etwan eine zur betrübten kinder-mutter
werden soll,
lieber gleich denen Juden einen neuen Meßiam von
ihr erwarten,
als sie verdammen.

Deß-
von denen unterſchiedenen arten
aber bekehre diejenigen,
welche noch viel freyer deine heiligkeit beleidigen,
als es mund und feder beſchreiben kan!
Dieſe ſeltzame heiligen
lieben ihren naͤchſten,
aber nur, wenn er weibliches geſchlechts iſt, geld hat,
und ihnen die fuͤſſe kuͤſſet.
Sie ſind demuͤthig,
aber nur fuͤr den leuten in minen und geberden,
ſie gehen ſchlecht bekleidet,
damit man ihre beſchmutzte heiligkeit deſto beſſer
erkennen moͤge,
ſie eſſen und trincken wenig,
denn ſie ſind ſatt von ihren eignen verdienſten,
und es moͤchte etwan das feuer verleſchen,
welches fuͤr den leuten ſcheinet,
und von der verſtellung angezuͤudet iſt.
Sie ſind ſehr religioͤs,
indem ſie alle religionen fuͤr gerecht halten.
Sie widerſprechen auch keinem ketzer,
weil ſie ſelbſt das widerſprechen nicht vertragen
koͤnnen.
Aber ihre diſputir-kunſt wird privatißime ausgeuͤbet,
wo ſie alle praͤſides ſind,
ohne reſpondenten und opponenten,
durch hand-briefgen.
Der grund-ſatz iſt allezeit: Dieſer iſt nicht unſer:
und der ſchluß: Ergo wollen wir ihn druͤcken.
Sie halten viel auf die bruͤder,
aber noch mehr auf die ſchweſtern,
daß ſie auch
wann etwan eine zur betruͤbten kinder-mutter
werden ſoll,
lieber gleich denen Juden einen neuen Meßiam von
ihr erwarten,
als ſie verdammen.

Deß-
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[328/0346] von denen unterſchiedenen arten aber bekehre diejenigen, welche noch viel freyer deine heiligkeit beleidigen, als es mund und feder beſchreiben kan! Dieſe ſeltzame heiligen lieben ihren naͤchſten, aber nur, wenn er weibliches geſchlechts iſt, geld hat, und ihnen die fuͤſſe kuͤſſet. Sie ſind demuͤthig, aber nur fuͤr den leuten in minen und geberden, ſie gehen ſchlecht bekleidet, damit man ihre beſchmutzte heiligkeit deſto beſſer erkennen moͤge, ſie eſſen und trincken wenig, denn ſie ſind ſatt von ihren eignen verdienſten, und es moͤchte etwan das feuer verleſchen, welches fuͤr den leuten ſcheinet, und von der verſtellung angezuͤudet iſt. Sie ſind ſehr religioͤs, indem ſie alle religionen fuͤr gerecht halten. Sie widerſprechen auch keinem ketzer, weil ſie ſelbſt das widerſprechen nicht vertragen koͤnnen. Aber ihre diſputir-kunſt wird privatißime ausgeuͤbet, wo ſie alle praͤſides ſind, ohne reſpondenten und opponenten, durch hand-briefgen. Der grund-ſatz iſt allezeit: Dieſer iſt nicht unſer: und der ſchluß: Ergo wollen wir ihn druͤcken. Sie halten viel auf die bruͤder, aber noch mehr auf die ſchweſtern, daß ſie auch wann etwan eine zur betruͤbten kinder-mutter werden ſoll, lieber gleich denen Juden einen neuen Meßiam von ihr erwarten, als ſie verdammen. Deß-

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Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/346>, abgerufen am 22.11.2024.