Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.des stili insonderheit. sondern meinen schwanckenden worten bestän-dig geneigte aufmercksamkeit erlauben. So vieles sich auch unsern gedancken auf den schau- platz der grossen welt als veränderlich abbildet, so will es doch nicht ohne ursach dafür gehalten seyn, und nach derselben ursachen beschaffen- heit, folgen auch so mannigfaltige und widri- ge würckungen. Wird der Mensch, wie ich bereits oben erwehnet, mit grossem recht die kleine welt genennet, so ist für sich klar, daß der- ienige erst glücklich von seinen veränderungen urtheilen könne, welcher die ursachen seines wechselnden gemüths, und daher würcklich entstehende folgerungen in reiffere überlegung ziehet. Geldliebe, ehrsucht, wollust, sind 3. winde, welche unaufhörlich das meer des menschlichen gemüthes beunruhigen, und wenn sie heftig gerühret werden, einen sturm nach den andern in demselbigen erregen. Hier- aus dürfte man vielleicht schliessen, daß solches eines von denen grösten verdrüßlichkeiten der sterblichen sey. Jch will solches zugeben, allein nur alsdann, wann einem närrischen Miseno, ich meine der verderbten einbildung, die regierung über solche, unbedachtsamer weise, anvertrauet wird. Denn ist ein weiser Aeo- lus oder die verbesserte vernunft, welcher das regiments-ruder eigentlich zukommt, ein be- herrscher davon, so ist die bewegung derselben vielmehr nützlich als schädlich. Wasser wel- che in verachteten thälern immer stille stehen und
des ſtili inſonderheit. ſondern meinen ſchwanckenden worten beſtaͤn-dig geneigte aufmerckſamkeit erlauben. So vieles ſich auch unſern gedancken auf den ſchau- platz der groſſen welt als veraͤnderlich abbildet, ſo will es doch nicht ohne urſach dafuͤr gehalten ſeyn, und nach derſelben urſachen beſchaffen- heit, folgen auch ſo mannigfaltige und widri- ge wuͤrckungen. Wird der Menſch, wie ich bereits oben erwehnet, mit groſſem recht die kleine welt genennet, ſo iſt fuͤr ſich klar, daß der- ienige erſt gluͤcklich von ſeinen veraͤnderungen urtheilen koͤnne, welcher die urſachen ſeines wechſelnden gemuͤths, und daher wuͤrcklich entſtehende folgerungen in reiffere uͤberlegung ziehet. Geldliebe, ehrſucht, wolluſt, ſind 3. winde, welche unaufhoͤrlich das meer des menſchlichen gemuͤthes beunruhigen, und wenn ſie heftig geruͤhret werden, einen ſturm nach den andern in demſelbigen erregen. Hier- aus duͤrfte man vielleicht ſchlieſſen, daß ſolches eines von denen groͤſten verdruͤßlichkeiten der ſterblichen ſey. Jch will ſolches zugeben, allein nur alsdann, wann einem naͤrriſchen Miſeno, ich meine der verderbten einbildung, die regierung uͤber ſolche, unbedachtſamer weiſe, anvertrauet wird. Denn iſt ein weiſer Aeo- lus oder die verbeſſerte vernunft, welcher das regiments-ruder eigentlich zukommt, ein be- herrſcher davon, ſo iſt die bewegung derſelben vielmehr nuͤtzlich als ſchaͤdlich. Waſſer wel- che in verachteten thaͤlern immer ſtille ſtehen und
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des ſtili inſonderheit.
ſondern meinen ſchwanckenden worten beſtaͤn-
dig geneigte aufmerckſamkeit erlauben. So
vieles ſich auch unſern gedancken auf den ſchau-
platz der groſſen welt als veraͤnderlich abbildet,
ſo will es doch nicht ohne urſach dafuͤr gehalten
ſeyn, und nach derſelben urſachen beſchaffen-
heit, folgen auch ſo mannigfaltige und widri-
ge wuͤrckungen. Wird der Menſch, wie ich
bereits oben erwehnet, mit groſſem recht die
kleine welt genennet, ſo iſt fuͤr ſich klar, daß der-
ienige erſt gluͤcklich von ſeinen veraͤnderungen
urtheilen koͤnne, welcher die urſachen ſeines
wechſelnden gemuͤths, und daher wuͤrcklich
entſtehende folgerungen in reiffere uͤberlegung
ziehet. Geldliebe, ehrſucht, wolluſt, ſind 3.
winde, welche unaufhoͤrlich das meer des
menſchlichen gemuͤthes beunruhigen, und
wenn ſie heftig geruͤhret werden, einen ſturm
nach den andern in demſelbigen erregen. Hier-
aus duͤrfte man vielleicht ſchlieſſen, daß ſolches
eines von denen groͤſten verdruͤßlichkeiten der
ſterblichen ſey. Jch will ſolches zugeben, allein
nur alsdann, wann einem naͤrriſchen Miſeno,
ich meine der verderbten einbildung, die
regierung uͤber ſolche, unbedachtſamer weiſe,
anvertrauet wird. Denn iſt ein weiſer Aeo-
lus oder die verbeſſerte vernunft, welcher das
regiments-ruder eigentlich zukommt, ein be-
herrſcher davon, ſo iſt die bewegung derſelben
vielmehr nuͤtzlich als ſchaͤdlich. Waſſer wel-
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und
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