Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
von dem ausdruck
i) Diese komt lediglich auf die aussprache, auf das ur-
theil des gehörs, und auf die rechte abfassung des
satzesan, welche man in einen periodum einschlies-
sen will. Es giebt leute, die sind bey nahe von na-
tur incapable einen periodum zu machen, weil sie
nicht ordentlich und satzweise gedencken können-
Solche leute schreiben briefe von einem und mehr
bogen, und der gantze brief ist ein periodus, ia
sie halten wohl gantze predigten, die sind eben-
falls ein eintziger periodus. Sie haben zwar
einen grundsatz mit noth concipiret, aber dazu
setzen sie etliche hundert propositiones inciden-
tes, eben so viel limitationes, und drey mahl so viel
beywörter, und tavtologien, solten sie dann nicht
eine stunde daran zu predigen haben? Jener
lustige kopf, machte zum spaß, diesen fehler für-
zustellen, folgenden periodum. Jch ergetze mich,
mein leib und seele, meine innerliche und äus-
serliche sinnen, meinen verstand und willen,
an nichts in der welt mehr, es sey
(hier erzeh-
lete er alle ersinnliche delicatessen) was es wolle,
als an den unvergleichlichen schatten, des
schönen (ich weiß nicht, ob es eine linde oder
bircke oder erle
(hier erzehlete er alle bäume
ist,) baums, welcher auf der wiese stehet, (hier
beschrieb er die wiese nach ihrer völligen lage)
woselbsten das graß gewachsen, davon der
ochse gefressen, von dessen haut, mein schatz,
ihr neulich ein paar flecken unter ihre absätze
von meister N. setzen lassen.
Will man die-
sen fehler vermeiden, so muß man ordentlich erst
kurtze sätze fassen, die nur aus einem subiecto und
prädicato bestehen, einen solchen satz überleget
man wohl, was er für zusätze, einschränckungen,
und dergleichen haben müsse, diese setzt man hin-
zu, und fängt dann an zu versuchen, wieviel
mahl man respiriren könne, ob zu dem steigen,
von dem ausdruck
i) Dieſe komt lediglich auf die ausſprache, auf das ur-
theil des gehoͤrs, und auf die rechte abfaſſung des
ſatzesan, welchë man in einen periodum einſchlieſ-
ſen will. Es giebt leute, die ſind bey nahe von na-
tur incapable einen periodum zu machen, weil ſie
nicht ordentlich und ſatzweiſe gedencken koͤnnen-
Solche leute ſchreiben briefe von einem und mehr
bogen, und der gantze brief iſt ein periodus, ia
ſie halten wohl gantze predigten, die ſind eben-
falls ein eintziger periodus. Sie haben zwar
einen grundſatz mit noth concipiret, aber dazu
ſetzen ſie etliche hundert propoſitiones inciden-
tes, eben ſo viel limitationes, und drey mahl ſo viel
beywoͤrter, und tavtologien, ſolten ſie dann nicht
eine ſtunde daran zu predigen haben? Jener
luſtige kopf, machte zum ſpaß, dieſen fehler fuͤr-
zuſtellen, folgenden periodum. Jch ergetze mich,
mein leib und ſeele, meine innerliche und aͤuſ-
ſerliche ſinnen, meinen verſtand und willen,
an nichts in der welt mehr, es ſey
(hier erzeh-
lete er alle erſinnliche delicateſſen) was es wolle,
als an den unvergleichlichen ſchatten, des
ſchoͤnen (ich weiß nicht, ob es eine linde oder
bircke oder erle
(hier erzehlete er alle baͤume
iſt,) baums, welcher auf der wieſe ſtehet, (hier
beſchrieb er die wieſe nach ihrer voͤlligen lage)
woſelbſten das graß gewachſen, davon der
ochſe gefreſſen, von deſſen haut, mein ſchatz,
ihr neulich ein paar flecken unter ihre abſaͤtze
von meiſter N. ſetzen laſſen.
Will man die-
ſen fehler vermeiden, ſo muß man ordentlich erſt
kurtze ſaͤtze faſſen, die nur aus einem ſubiecto und
praͤdicato beſtehen, einen ſolchen ſatz uͤberleget
man wohl, was er fuͤr zuſaͤtze, einſchraͤnckungen,
und dergleichen haben muͤſſe, dieſe ſetzt man hin-
zu, und faͤngt dann an zu verſuchen, wieviel
mahl man reſpiriren koͤnne, ob zu dem ſteigen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0184" n="166"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">von dem ausdruck</hi> </fw><lb/>
          <note xml:id="note-i-4" prev="#notefn-i-4" place="end" n="i)">Die&#x017F;e komt lediglich auf die                             aus&#x017F;prache, auf das ur-<lb/>
theil des geho&#x0364;rs, und auf                             die rechte abfa&#x017F;&#x017F;ung des<lb/>
&#x017F;atzesan, welchë man                             in einen periodum ein&#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en will. Es                             giebt leute, die &#x017F;ind bey nahe von na-<lb/>
tur incapable einen                             periodum zu machen, weil &#x017F;ie<lb/>
nicht ordentlich und                             &#x017F;atzwei&#x017F;e gedencken ko&#x0364;nnen-<lb/>
Solche leute                             &#x017F;chreiben briefe von einem und mehr<lb/>
bogen, und der gantze                             brief i&#x017F;t ein periodus, ia<lb/>
&#x017F;ie halten wohl gantze                             predigten, die &#x017F;ind eben-<lb/>
falls ein eintziger periodus. Sie                             haben zwar<lb/>
einen grund&#x017F;atz mit noth concipiret, aber                             dazu<lb/>
&#x017F;etzen &#x017F;ie etliche hundert propo&#x017F;itiones                             inciden-<lb/>
tes, eben &#x017F;o viel limitationes, und drey mahl                             &#x017F;o viel<lb/>
beywo&#x0364;rter, und tavtologien, &#x017F;olten                             &#x017F;ie dann nicht<lb/>
eine &#x017F;tunde daran zu predigen haben?                             Jener<lb/>
lu&#x017F;tige kopf, machte zum &#x017F;paß, die&#x017F;en                             fehler fu&#x0364;r-<lb/>
zu&#x017F;tellen, folgenden periodum. <hi rendition="#fr">Jch ergetze mich,<lb/>
mein leib und &#x017F;eele,                                 meine innerliche und a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erliche                                 &#x017F;innen, meinen ver&#x017F;tand und willen,<lb/>
an nichts in                                 der welt mehr, es &#x017F;ey</hi> (hier erzeh-<lb/>
lete er alle                             er&#x017F;innliche delicate&#x017F;&#x017F;en) <hi rendition="#fr">was                                 es wolle,<lb/>
als an den unvergleichlichen &#x017F;chatten,                                 des<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen (ich weiß nicht, ob es eine linde                                 oder<lb/>
bircke oder erle</hi> (hier erzehlete er alle                             ba&#x0364;ume<lb/>
i&#x017F;t,) <hi rendition="#fr">baums, welcher auf                                 der wie&#x017F;e &#x017F;tehet,</hi> (hier<lb/>
be&#x017F;chrieb er                             die wie&#x017F;e nach ihrer vo&#x0364;lligen lage)<lb/><hi rendition="#fr">wo&#x017F;elb&#x017F;ten das graß gewach&#x017F;en,                                 davon der<lb/>
och&#x017F;e gefre&#x017F;&#x017F;en, von                                 de&#x017F;&#x017F;en haut, mein &#x017F;chatz,<lb/>
ihr neulich ein                                 paar flecken unter ihre ab&#x017F;a&#x0364;tze<lb/>
von                                 mei&#x017F;ter N. &#x017F;etzen la&#x017F;&#x017F;en.</hi> Will man                             die-<lb/>
&#x017F;en fehler vermeiden, &#x017F;o muß man ordentlich                             er&#x017F;t<lb/>
kurtze &#x017F;a&#x0364;tze fa&#x017F;&#x017F;en, die                             nur aus einem &#x017F;ubiecto und<lb/>
pra&#x0364;dicato                             be&#x017F;tehen, einen &#x017F;olchen &#x017F;atz u&#x0364;berleget<lb/>
man wohl, was er fu&#x0364;r zu&#x017F;a&#x0364;tze,                             ein&#x017F;chra&#x0364;nckungen,<lb/>
und dergleichen haben                             mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, die&#x017F;e &#x017F;etzt man hin-<lb/>
zu,                             und fa&#x0364;ngt dann an zu ver&#x017F;uchen, wieviel<lb/>
mahl                             man re&#x017F;piriren ko&#x0364;nne, ob zu dem &#x017F;teigen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ruhen,</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0184] von dem ausdruck i⁾ Dieſe komt lediglich auf die ausſprache, auf das ur- theil des gehoͤrs, und auf die rechte abfaſſung des ſatzesan, welchë man in einen periodum einſchlieſ- ſen will. Es giebt leute, die ſind bey nahe von na- tur incapable einen periodum zu machen, weil ſie nicht ordentlich und ſatzweiſe gedencken koͤnnen- Solche leute ſchreiben briefe von einem und mehr bogen, und der gantze brief iſt ein periodus, ia ſie halten wohl gantze predigten, die ſind eben- falls ein eintziger periodus. Sie haben zwar einen grundſatz mit noth concipiret, aber dazu ſetzen ſie etliche hundert propoſitiones inciden- tes, eben ſo viel limitationes, und drey mahl ſo viel beywoͤrter, und tavtologien, ſolten ſie dann nicht eine ſtunde daran zu predigen haben? Jener luſtige kopf, machte zum ſpaß, dieſen fehler fuͤr- zuſtellen, folgenden periodum. Jch ergetze mich, mein leib und ſeele, meine innerliche und aͤuſ- ſerliche ſinnen, meinen verſtand und willen, an nichts in der welt mehr, es ſey (hier erzeh- lete er alle erſinnliche delicateſſen) was es wolle, als an den unvergleichlichen ſchatten, des ſchoͤnen (ich weiß nicht, ob es eine linde oder bircke oder erle (hier erzehlete er alle baͤume iſt,) baums, welcher auf der wieſe ſtehet, (hier beſchrieb er die wieſe nach ihrer voͤlligen lage) woſelbſten das graß gewachſen, davon der ochſe gefreſſen, von deſſen haut, mein ſchatz, ihr neulich ein paar flecken unter ihre abſaͤtze von meiſter N. ſetzen laſſen. Will man die- ſen fehler vermeiden, ſo muß man ordentlich erſt kurtze ſaͤtze faſſen, die nur aus einem ſubiecto und praͤdicato beſtehen, einen ſolchen ſatz uͤberleget man wohl, was er fuͤr zuſaͤtze, einſchraͤnckungen, und dergleichen haben muͤſſe, dieſe ſetzt man hin- zu, und faͤngt dann an zu verſuchen, wieviel mahl man reſpiriren koͤnne, ob zu dem ſteigen, ruhen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/184
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/184>, abgerufen am 03.05.2024.