Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
von bewegungs-gründen.
ein ander arbeitet sich darüber zu tode, und doch
sagen die leute, er verstehe die kunst nicht Dese
faire aimer.
Allein kan man doch falsch gold
und silber machen, das dem wahrhaften ähnlich
sieht, und blinde halten es auch für ächt, die se-
henden dencken es müsse so und nicht anders
seyn. Die sache braucht keiner grossen demon-
stration, und auch keiner weitläuftigen erläu-
terung.

§. 6. Sich in auctorität zu setzen, muß der
redner gründliche, iudiciöse, scharfsinnige, nütz-
liche dinge fürbringen; zeigen daß Gott und
göttliche dinge daran theil nehmen; der grösten
leute meinung mit seiner überein komme; daß
man sich dennoch nicht durch aberglauben und
vorurtheile hinreissen lasse; sondern die warheit
und tugend liebe, und auch zu seinem schaden
verthäidige; da muß man alle gemeine, mit
abiecten lächerlichen ideen, verbundene reden
weglassen; keine läppische exempel, gleichnisse,
spielen in worten, eitle zierrathen einbringen;
zuweilen von den gemeinen methoden abge-
hen; an statt der wege und affecten, die der
auditor zu hören meinet, andere erwehlen;
von sich und seinen meriten wenig, mit grosser
modestie, ohne ostentation und affectation
reden, und allezeit zu verstehen geben, daß man
bey dem zuhörer mehr vermuthe; nicht mer-
cken lassen, daß man auctorität suche; doch
aber zu keiner familiarität anlaß geben; etc.

Die verwunderung und ihre mutter die unwissen-
heit, der damit verwandte aberglaube, das vor-
urtheil menschlichen ansehens, der eigennutz, die
alber-
von bewegungs-gruͤnden.
ein ander arbeitet ſich daruͤber zu tode, und doch
ſagen die leute, er verſtehe die kunſt nicht Deſe
faire aimer.
Allein kan man doch falſch gold
und ſilber machen, das dem wahrhaften aͤhnlich
ſieht, und blinde halten es auch fuͤr aͤcht, die ſe-
henden dencken es muͤſſe ſo und nicht anders
ſeyn. Die ſache braucht keiner groſſen demon-
ſtration, und auch keiner weitlaͤuftigen erlaͤu-
terung.

§. 6. Sich in auctoritaͤt zu ſetzen, muß der
redner gruͤndliche, iudicioͤſe, ſcharfſinnige, nuͤtz-
liche dinge fuͤrbringen; zeigen daß Gott und
goͤttliche dinge daran theil nehmen; der groͤſten
leute meinung mit ſeiner uͤberein komme; daß
man ſich dennoch nicht durch aberglauben und
vorurtheile hinreiſſen laſſe; ſondern die warheit
und tugend liebe, und auch zu ſeinem ſchaden
verthaͤidige; da muß man alle gemeine, mit
abiecten laͤcherlichen ideen, verbundene reden
weglaſſen; keine laͤppiſche exempel, gleichniſſe,
ſpielen in worten, eitle zierrathen einbringen;
zuweilen von den gemeinen methoden abge-
hen; an ſtatt der wege und affecten, die der
auditor zu hoͤren meinet, andere erwehlen;
von ſich und ſeinen meriten wenig, mit groſſer
modeſtie, ohne oſtentation und affectation
reden, und allezeit zu verſtehen geben, daß man
bey dem zuhoͤrer mehr vermuthe; nicht mer-
cken laſſen, daß man auctoritaͤt ſuche; doch
aber zu keiner familiaritaͤt anlaß geben; ꝛc.

Die verwunderung und ihre mutter die unwiſſen-
heit, der damit verwandte aberglaube, das vor-
urtheil menſchlichen anſehens, der eigennutz, die
alber-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <list>
            <item><pb facs="#f0142" n="124"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von                                     bewegungs-gru&#x0364;nden.</hi></fw><lb/>
ein ander arbeitet                             &#x017F;ich daru&#x0364;ber zu tode, und doch<lb/>
&#x017F;agen die                             leute, er ver&#x017F;tehe die kun&#x017F;t nicht <hi rendition="#aq">De&#x017F;e<lb/>
faire aimer.</hi> Allein kan man doch                             fal&#x017F;ch gold<lb/>
und &#x017F;ilber machen, das dem wahrhaften                             a&#x0364;hnlich<lb/>
&#x017F;ieht, und blinde halten es auch fu&#x0364;r                             a&#x0364;cht, die &#x017F;e-<lb/>
henden dencken es                             mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;o und nicht anders<lb/>
&#x017F;eyn.                             Die &#x017F;ache braucht keiner gro&#x017F;&#x017F;en demon-<lb/>
&#x017F;tration, und auch keiner weitla&#x0364;uftigen                             erla&#x0364;u-<lb/>
terung.</item>
          </list><lb/>
          <p>§. 6. Sich in <hi rendition="#fr">auctorita&#x0364;t</hi> zu &#x017F;etzen,                         muß der<lb/>
redner gru&#x0364;ndliche, iudicio&#x0364;&#x017F;e,                         &#x017F;charf&#x017F;innige, nu&#x0364;tz-<lb/>
liche dinge                         fu&#x0364;rbringen; zeigen daß Gott und<lb/>
go&#x0364;ttliche dinge daran                         theil nehmen; der gro&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
leute meinung mit                         &#x017F;einer u&#x0364;berein komme; daß<lb/>
man &#x017F;ich dennoch nicht                         durch aberglauben und<lb/>
vorurtheile hinrei&#x017F;&#x017F;en                         la&#x017F;&#x017F;e; &#x017F;ondern die warheit<lb/>
und tugend liebe, und                         auch zu &#x017F;einem &#x017F;chaden<lb/>
vertha&#x0364;idige; da muß man                         alle gemeine, mit<lb/>
abiecten la&#x0364;cherlichen ideen, verbundene                         reden<lb/>
wegla&#x017F;&#x017F;en; keine la&#x0364;ppi&#x017F;che exempel,                         gleichni&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
&#x017F;pielen in worten, eitle zierrathen                         einbringen;<lb/>
zuweilen von den gemeinen methoden abge-<lb/>
hen; an                         &#x017F;tatt der wege und affecten, die der<lb/>
auditor zu ho&#x0364;ren                         meinet, andere erwehlen;<lb/>
von &#x017F;ich und &#x017F;einen meriten                         wenig, mit gro&#x017F;&#x017F;er<lb/>
mode&#x017F;tie, ohne                         o&#x017F;tentation und affectation<lb/>
reden, und allezeit zu                         ver&#x017F;tehen geben, daß man<lb/>
bey dem zuho&#x0364;rer mehr vermuthe;                         nicht mer-<lb/>
cken la&#x017F;&#x017F;en, daß man auctorita&#x0364;t                         &#x017F;uche; doch<lb/>
aber zu keiner familiarita&#x0364;t anlaß geben;                         &#xA75B;c.</p><lb/>
          <list>
            <item>Die verwunderung und ihre mutter die unwi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
heit, der damit verwandte aberglaube, das vor-<lb/>
urtheil                             men&#x017F;chlichen an&#x017F;ehens, der eigennutz, die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">alber-</fw><lb/></item>
          </list>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0142] von bewegungs-gruͤnden. ein ander arbeitet ſich daruͤber zu tode, und doch ſagen die leute, er verſtehe die kunſt nicht Deſe faire aimer. Allein kan man doch falſch gold und ſilber machen, das dem wahrhaften aͤhnlich ſieht, und blinde halten es auch fuͤr aͤcht, die ſe- henden dencken es muͤſſe ſo und nicht anders ſeyn. Die ſache braucht keiner groſſen demon- ſtration, und auch keiner weitlaͤuftigen erlaͤu- terung. §. 6. Sich in auctoritaͤt zu ſetzen, muß der redner gruͤndliche, iudicioͤſe, ſcharfſinnige, nuͤtz- liche dinge fuͤrbringen; zeigen daß Gott und goͤttliche dinge daran theil nehmen; der groͤſten leute meinung mit ſeiner uͤberein komme; daß man ſich dennoch nicht durch aberglauben und vorurtheile hinreiſſen laſſe; ſondern die warheit und tugend liebe, und auch zu ſeinem ſchaden verthaͤidige; da muß man alle gemeine, mit abiecten laͤcherlichen ideen, verbundene reden weglaſſen; keine laͤppiſche exempel, gleichniſſe, ſpielen in worten, eitle zierrathen einbringen; zuweilen von den gemeinen methoden abge- hen; an ſtatt der wege und affecten, die der auditor zu hoͤren meinet, andere erwehlen; von ſich und ſeinen meriten wenig, mit groſſer modeſtie, ohne oſtentation und affectation reden, und allezeit zu verſtehen geben, daß man bey dem zuhoͤrer mehr vermuthe; nicht mer- cken laſſen, daß man auctoritaͤt ſuche; doch aber zu keiner familiaritaͤt anlaß geben; ꝛc. Die verwunderung und ihre mutter die unwiſſen- heit, der damit verwandte aberglaube, das vor- urtheil menſchlichen anſehens, der eigennutz, die alber-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/142
Zitationshilfe: Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie. Leipzig, 1724, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fabricius_oratorie_1724/142>, abgerufen am 21.11.2024.