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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758.

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I haubtstück von der gerichtbarkeit
net solches eine commission zur general-inquisition.
Wenn sich dann die sache zum peinlichen processe
anschicket, übergibet dasselbe solche dem peinlichen
gerichte. Als der pfarrer Sturm im S. Alten-
burgischen ums jar 1740 beschuldiget wurde, daß
er das kind, welches er mit seiner magt in unpflich-
ten erzilet und dise nachher geehelichet hat, ums le-
ben gebracht; trug das consistorium zu Altenburg
dem superintendenten zu Kahla die commission auf,
die sache zu untersuchen; der schöppenstul zu Jena
erkannte auf anfrage des consistorii auf die general-
inquisition. So bald aber nach vollfüreter general-
inquisition durch ermeldten superintendenten gedach-
ter schöppenstul auf fernere anfrage des consistorii
die special-inquisition vorzukehren aussprache, trug
angeregtes consistorium dem vorbenannten superin-
tendenten auf, sich in die gräfliche Hoymische pein-
liche gerichte, als den ort des verbrechens, zu ver-
fügen, den nur erwähnten pfarrer, welcher prister-
mäsig angekleidet erschine, seiner geistlichen tracht
zu entledigen, ihn abzusezen, und den gräflichen
Hoymischen peinlichen gerichten zu übergeben. Jn
Kur-Sachsen wird dises ebenermaßen beobachtet,
nach ausweise des Wabstes von der hohen und ni-
dern justiz des kurfürstentums Sachsen s. 158. Si-
he auch des Ludovici consistorial-proceß cap. V
§ 39 s. 72.

§ 4963
der civil-rich-
ter erkennet
über das tra-
gen der gei-
gen, züchtigen
mit ruten,
über actio-
nes famosas,

Das tragen der geigen bringet die civil-gericht-
barkeit gleichfalls mit sich. Nicht minder das züch-
tigen mit ruten im gefängnis, welches man auch den
stock-schilling nennet.

§ 4964

Nicht minder kan der civil-richter über actio-
nes infamantes (famosas) sprechen.

§ 4965

I haubtſtuͤck von der gerichtbarkeit
net ſolches eine commiſſion zur general-inquiſition.
Wenn ſich dann die ſache zum peinlichen proceſſe
anſchicket, uͤbergibet daſſelbe ſolche dem peinlichen
gerichte. Als der pfarrer Sturm im S. Alten-
burgiſchen ums jar 1740 beſchuldiget wurde, daß
er das kind, welches er mit ſeiner magt in unpflich-
ten erzilet und diſe nachher geehelichet hat, ums le-
ben gebracht; trug das conſiſtorium zu Altenburg
dem ſuperintendenten zu Kahla die commiſſion auf,
die ſache zu unterſuchen; der ſchoͤppenſtul zu Jena
erkannte auf anfrage des conſiſtorii auf die general-
inquiſition. So bald aber nach vollfuͤreter general-
inquiſition durch ermeldten ſuperintendenten gedach-
ter ſchoͤppenſtul auf fernere anfrage des conſiſtorii
die ſpecial-inquiſition vorzukehren ausſprache, trug
angeregtes conſiſtorium dem vorbenannten ſuperin-
tendenten auf, ſich in die graͤfliche Hoymiſche pein-
liche gerichte, als den ort des verbrechens, zu ver-
fuͤgen, den nur erwaͤhnten pfarrer, welcher priſter-
maͤſig angekleidet erſchine, ſeiner geiſtlichen tracht
zu entledigen, ihn abzuſezen, und den graͤflichen
Hoymiſchen peinlichen gerichten zu uͤbergeben. Jn
Kur-Sachſen wird diſes ebenermaßen beobachtet,
nach ausweiſe des Wabſtes von der hohen und ni-
dern juſtiz des kurfuͤrſtentums Sachſen ſ. 158. Si-
he auch des Ludovici conſiſtorial-proceß cap. V
§ 39 ſ. 72.

§ 4963
der civil-rich-
ter erkennet
uͤber das tra-
gen der gei-
gen, zuͤchtigen
mit ruten,
uͤber actio-
nes famoſas,

Das tragen der geigen bringet die civil-gericht-
barkeit gleichfalls mit ſich. Nicht minder das zuͤch-
tigen mit ruten im gefaͤngnis, welches man auch den
ſtock-ſchilling nennet.

§ 4964

Nicht minder kan der civil-richter uͤber actio-
nes infamantes (famoſas) ſprechen.

§ 4965
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[830/0878] I haubtſtuͤck von der gerichtbarkeit net ſolches eine commiſſion zur general-inquiſition. Wenn ſich dann die ſache zum peinlichen proceſſe anſchicket, uͤbergibet daſſelbe ſolche dem peinlichen gerichte. Als der pfarrer Sturm im S. Alten- burgiſchen ums jar 1740 beſchuldiget wurde, daß er das kind, welches er mit ſeiner magt in unpflich- ten erzilet und diſe nachher geehelichet hat, ums le- ben gebracht; trug das conſiſtorium zu Altenburg dem ſuperintendenten zu Kahla die commiſſion auf, die ſache zu unterſuchen; der ſchoͤppenſtul zu Jena erkannte auf anfrage des conſiſtorii auf die general- inquiſition. So bald aber nach vollfuͤreter general- inquiſition durch ermeldten ſuperintendenten gedach- ter ſchoͤppenſtul auf fernere anfrage des conſiſtorii die ſpecial-inquiſition vorzukehren ausſprache, trug angeregtes conſiſtorium dem vorbenannten ſuperin- tendenten auf, ſich in die graͤfliche Hoymiſche pein- liche gerichte, als den ort des verbrechens, zu ver- fuͤgen, den nur erwaͤhnten pfarrer, welcher priſter- maͤſig angekleidet erſchine, ſeiner geiſtlichen tracht zu entledigen, ihn abzuſezen, und den graͤflichen Hoymiſchen peinlichen gerichten zu uͤbergeben. Jn Kur-Sachſen wird diſes ebenermaßen beobachtet, nach ausweiſe des Wabſtes von der hohen und ni- dern juſtiz des kurfuͤrſtentums Sachſen ſ. 158. Si- he auch des Ludovici conſiſtorial-proceß cap. V § 39 ſ. 72. § 4963 Das tragen der geigen bringet die civil-gericht- barkeit gleichfalls mit ſich. Nicht minder das zuͤch- tigen mit ruten im gefaͤngnis, welches man auch den ſtock-ſchilling nennet. § 4964 Nicht minder kan der civil-richter uͤber actio- nes infamantes (famoſas) ſprechen. § 4965

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 830. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/878>, abgerufen am 22.11.2024.