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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758.

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VI haubtst. vom zwang und drang.
Rostock 1715 abgedrungenen vergleich für nichtig.
Lünig von der landsässigen ritterschaft im IIten
teile s. 546.

§ 3522
obgleich die
Teutschen
desfalls nicht
leichtgläubig
waren.

Unterdessen waren die Teutschen nicht leicht-
gläubig; wenn einer die furcht vorschüzete. Denn
als soldaten und beherzte männer lisen sie sich kei-
nen geringen rauch beisen, sie sageten vielmehr:
vom drohen sterben die hunde; und wer von dro-
hen stirbet, dem soll man mit esels-nüssen zu grabe
lauten, Pistorius cent. III par. 56; wer sich fürch-
tet, den jaget man; der sich zum schaafe machet,
den frisset der wolf.

§ 3523
wenn die
furcht für ge-
recht gehal-
ten wird?

Jedoch war es eine gerechte furcht, wenn einer
drohete: ich will dir einen roten hahn aufs haus
sezen, das ist, ich drohe ihm das haus (gebäude)
anzustecken. Es war ein verbotenes drohen: ab-
sage- oder fede-brife an eine gemeinde zu schicken,
welches mit dem schwerte bestrafet wurde, peinliche
halsgerichts-ordnung art. 128, Reichsabschid 1555
§ Wir sezen etc. Wenn aber dergleichen befedung
einer einzeln person beschihet, ist es eine blose be-
drohung, Hert vol. II T. III s. 435 §. 4. Wo man
sich befaret, daß einer seine capital-bedrohungen
vollzihe, wird er so lange gefänglich eingezogen,
bis er sicherheit gemachet hat, peinliche halsgerichts-
ordn. art. 176, Hert am a. o. §. 3.

§ 3524
die furcht aus
hochachtung
vereitelt die
handelung
nicht.

Die furcht aus hochachtung gegen einen andern
machet die handelung nicht hinfällig. Daher wird
ein ehe-verspruch deshalber nicht aufgehoben.

Siben-

VI haubtſt. vom zwang und drang.
Roſtock 1715 abgedrungenen vergleich fuͤr nichtig.
Luͤnig von der landſaͤſſigen ritterſchaft im IIten
teile ſ. 546.

§ 3522
obgleich die
Teutſchen
desfalls nicht
leichtglaͤubig
waren.

Unterdeſſen waren die Teutſchen nicht leicht-
glaͤubig; wenn einer die furcht vorſchuͤzete. Denn
als ſoldaten und beherzte maͤnner liſen ſie ſich kei-
nen geringen rauch beiſen, ſie ſageten vielmehr:
vom drohen ſterben die hunde; und wer von dro-
hen ſtirbet, dem ſoll man mit eſels-nuͤſſen zu grabe
lauten, Piſtorius cent. III par. 56; wer ſich fuͤrch-
tet, den jaget man; der ſich zum ſchaafe machet,
den friſſet der wolf.

§ 3523
wenn die
furcht fuͤr ge-
recht gehal-
ten wird?

Jedoch war es eine gerechte furcht, wenn einer
drohete: ich will dir einen roten hahn aufs haus
ſezen, das iſt, ich drohe ihm das haus (gebaͤude)
anzuſtecken. Es war ein verbotenes drohen: ab-
ſage- oder fede-brife an eine gemeinde zu ſchicken,
welches mit dem ſchwerte beſtrafet wurde, peinliche
halsgerichts-ordnung art. 128, Reichsabſchid 1555
§ Wir ſezen ꝛc. Wenn aber dergleichen befedung
einer einzeln perſon beſchihet, iſt es eine bloſe be-
drohung, Hert vol. II T. III ſ. 435 §. 4. Wo man
ſich befaret, daß einer ſeine capital-bedrohungen
vollzihe, wird er ſo lange gefaͤnglich eingezogen,
bis er ſicherheit gemachet hat, peinliche halsgerichts-
ordn. art. 176, Hert am a. o. §. 3.

§ 3524
die furcht aus
hochachtung
vereitelt die
handelung
nicht.

Die furcht aus hochachtung gegen einen andern
machet die handelung nicht hinfaͤllig. Daher wird
ein ehe-verſpruch deshalber nicht aufgehoben.

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[304/0352] VI haubtſt. vom zwang und drang. Roſtock 1715 abgedrungenen vergleich fuͤr nichtig. Luͤnig von der landſaͤſſigen ritterſchaft im IIten teile ſ. 546. § 3522 Unterdeſſen waren die Teutſchen nicht leicht- glaͤubig; wenn einer die furcht vorſchuͤzete. Denn als ſoldaten und beherzte maͤnner liſen ſie ſich kei- nen geringen rauch beiſen, ſie ſageten vielmehr: vom drohen ſterben die hunde; und wer von dro- hen ſtirbet, dem ſoll man mit eſels-nuͤſſen zu grabe lauten, Piſtorius cent. III par. 56; wer ſich fuͤrch- tet, den jaget man; der ſich zum ſchaafe machet, den friſſet der wolf. § 3523 Jedoch war es eine gerechte furcht, wenn einer drohete: ich will dir einen roten hahn aufs haus ſezen, das iſt, ich drohe ihm das haus (gebaͤude) anzuſtecken. Es war ein verbotenes drohen: ab- ſage- oder fede-brife an eine gemeinde zu ſchicken, welches mit dem ſchwerte beſtrafet wurde, peinliche halsgerichts-ordnung art. 128, Reichsabſchid 1555 § Wir ſezen ꝛc. Wenn aber dergleichen befedung einer einzeln perſon beſchihet, iſt es eine bloſe be- drohung, Hert vol. II T. III ſ. 435 §. 4. Wo man ſich befaret, daß einer ſeine capital-bedrohungen vollzihe, wird er ſo lange gefaͤnglich eingezogen, bis er ſicherheit gemachet hat, peinliche halsgerichts- ordn. art. 176, Hert am a. o. §. 3. § 3524 Die furcht aus hochachtung gegen einen andern machet die handelung nicht hinfaͤllig. Daher wird ein ehe-verſpruch deshalber nicht aufgehoben. Siben-

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Zitationshilfe: Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/352>, abgerufen am 25.11.2024.