Sechs und achtzigstes haubtstück von den rechten der erbfolge, welche an unterschidenen orten beschihet.
§ 3111
Wenn einer verstirbet, welcher sein vermögen in unterschidenen landen hat, so machet man einen unterschid zwischen der farnis, den rech- ten, ausstehenden schulden, und schuld-verschrei- bungen, sodann zwischen den unbeweglichen gü- tern. Wegen diser ist die regel: richte dich nach den gesäzen und gewonheiten des landes, darin die unbeweglichen güter gelegen sind. Hergegen der erbfolge halber ins farnis, rechte und pfand-ver- schreibungen, achte dich nach dem orte der wonung, wo nämlich der verstorbene gewonet hat, Hertde collisione legum sect. 4 § 26. Als der herr Reichs- hofrats-präsident, graf von Wurmbrand, dises zeitliche gesegnete, entstand eines teiles zwischen dessen herrn sone und frauen töchtern, andern tei- les zwischen disen, und dem landmarschall-amte zu Wien ein heftiger streit. Dises mischete sich in die sache und versigelte, ungeachtet es dem Reichs- hofrate unstreitig gebürete. Jenes zog die sache für sich, welche doch für jenen gehörete. Die haubtfrage war, wegen ausserhalb stehender gro- sen capitalien: ob nämlich dise nach wasgebung der Oesterreichischen landes-gesäzen, oder nach aus- weise der gemeinen rechte zu beurteilen wären? Bei hisiger juristen-facultät hilte man dafür: die sache gehöre für den Reichs-hofrat, auch schlügen die Oesterreichischen rechte nicht an. Der herr professor Pütter hat zur unterstüzung diser fäze zwene drücke in fol. ausgehen lassen.
Von
Sechs und achtzigſtes haubtſtuͤck von den rechten der erbfolge, welche an unterſchidenen orten beſchihet.
§ 3111
Wenn einer verſtirbet, welcher ſein vermoͤgen in unterſchidenen landen hat, ſo machet man einen unterſchid zwiſchen der farnis, den rech- ten, ausſtehenden ſchulden, und ſchuld-verſchrei- bungen, ſodann zwiſchen den unbeweglichen guͤ- tern. Wegen diſer iſt die regel: richte dich nach den geſaͤzen und gewonheiten des landes, darin die unbeweglichen guͤter gelegen ſind. Hergegen der erbfolge halber ins farnis, rechte und pfand-ver- ſchreibungen, achte dich nach dem orte der wonung, wo naͤmlich der verſtorbene gewonet hat, Hertde colliſione legum ſect. 4 § 26. Als der herr Reichs- hofrats-praͤſident, graf von Wurmbrand, diſes zeitliche geſegnete, entſtand eines teiles zwiſchen deſſen herrn ſone und frauen toͤchtern, andern tei- les zwiſchen diſen, und dem landmarſchall-amte zu Wien ein heftiger ſtreit. Diſes miſchete ſich in die ſache und verſigelte, ungeachtet es dem Reichs- hofrate unſtreitig gebuͤrete. Jenes zog die ſache fuͤr ſich, welche doch fuͤr jenen gehoͤrete. Die haubtfrage war, wegen auſſerhalb ſtehender gro- ſen capitalien: ob naͤmlich diſe nach wasgebung der Oeſterreichiſchen landes-geſaͤzen, oder nach aus- weiſe der gemeinen rechte zu beurteilen waͤren? Bei hiſiger juriſten-facultaͤt hilte man dafuͤr: die ſache gehoͤre fuͤr den Reichs-hofrat, auch ſchluͤgen die Oeſterreichiſchen rechte nicht an. Der herr profeſſor Puͤtter hat zur unterſtuͤzung diſer faͤze zwene druͤcke in fol. ausgehen laſſen.
Von
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Sechs und achtzigſtes haubtſtuͤck
von den rechten der erbfolge, welche
an unterſchidenen orten beſchihet.
§ 3111
Wenn einer verſtirbet, welcher ſein vermoͤgen
in unterſchidenen landen hat, ſo machet
man einen unterſchid zwiſchen der farnis, den rech-
ten, ausſtehenden ſchulden, und ſchuld-verſchrei-
bungen, ſodann zwiſchen den unbeweglichen guͤ-
tern. Wegen diſer iſt die regel: richte dich nach
den geſaͤzen und gewonheiten des landes, darin die
unbeweglichen guͤter gelegen ſind. Hergegen der
erbfolge halber ins farnis, rechte und pfand-ver-
ſchreibungen, achte dich nach dem orte der wonung,
wo naͤmlich der verſtorbene gewonet hat, Hert de
colliſione legum ſect. 4 § 26. Als der herr Reichs-
hofrats-praͤſident, graf von Wurmbrand, diſes
zeitliche geſegnete, entſtand eines teiles zwiſchen
deſſen herrn ſone und frauen toͤchtern, andern tei-
les zwiſchen diſen, und dem landmarſchall-amte zu
Wien ein heftiger ſtreit. Diſes miſchete ſich in
die ſache und verſigelte, ungeachtet es dem Reichs-
hofrate unſtreitig gebuͤrete. Jenes zog die ſache
fuͤr ſich, welche doch fuͤr jenen gehoͤrete. Die
haubtfrage war, wegen auſſerhalb ſtehender gro-
ſen capitalien: ob naͤmlich diſe nach wasgebung
der Oeſterreichiſchen landes-geſaͤzen, oder nach aus-
weiſe der gemeinen rechte zu beurteilen waͤren?
Bei hiſiger juriſten-facultaͤt hilte man dafuͤr: die
ſache gehoͤre fuͤr den Reichs-hofrat, auch ſchluͤgen
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Estor, Johann Georg: Der Teutschen rechtsgelahrheit. Bd. 2. Marburg, 1758, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/estor_rechtsgelehrsamkeit02_1758/163>, abgerufen am 16.02.2025.
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