Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.Als sei jener Mann ein Wölklein,
Welches einsam durch den Glanz zieht. Tief geneigt hält er das Antlitz, Emsig in dem Buche lesend, Dessen gelblich Pergamentblatt Weithin in der Sonne leuchtet. Dann bleibt wiederum er stehen, Blickt gedankenvoll zum Himmel, Kritzelt etwas in das Büchlein Und geht querfeldein d'rauf weiter. Gudula steht und belauscht ihn, Heller Schalk blitzt aus dem Auge, Und in beide Wangen senken Sich die übermüth'gen Grübchen. "Mönchlein," denkt sie, "arger Träumer, Siehst Du nicht die Netze liegen? Flatterst Du als seltne Beute Heut Freund Reimar in die Schlinge?" Und sie kichert, reckt das Köpfchen Schadenfroh durch das Gezweige. "Richtig! richtig! ... hei er stolpert! ... Hu wie knäult sich's um die Füße, Rathlos steht der fromme Bruder, Hebt entsetzt die Beine, -- watet Just, als ob im Schlamm er stecke, Ach und jetzt ... hilf Gott, wie drollig! Hupft er zornig, schlägt die Arme, Diese langen, schwarzen Arme Fuchtelnd durch die Luft, gerade Wie ein Puthahn, den die bösen Buben an der Sonnenwende Als ſei jener Mann ein Wölklein,
Welches einſam durch den Glanz zieht. Tief geneigt hält er das Antlitz, Emſig in dem Buche leſend, Deſſen gelblich Pergamentblatt Weithin in der Sonne leuchtet. Dann bleibt wiederum er ſtehen, Blickt gedankenvoll zum Himmel, Kritzelt etwas in das Büchlein Und geht querfeldein d'rauf weiter. Gudula ſteht und belauſcht ihn, Heller Schalk blitzt aus dem Auge, Und in beide Wangen ſenken Sich die übermüth'gen Grübchen. „Mönchlein,“ denkt ſie, „arger Träumer, Siehſt Du nicht die Netze liegen? Flatterſt Du als ſeltne Beute Heut Freund Reimar in die Schlinge?“ Und ſie kichert, reckt das Köpfchen Schadenfroh durch das Gezweige. „Richtig! richtig! ... hei er ſtolpert! ... Hu wie knäult ſich's um die Füße, Rathlos ſteht der fromme Bruder, Hebt entſetzt die Beine, — watet Juſt, als ob im Schlamm er ſtecke, Ach und jetzt ... hilf Gott, wie drollig! Hupft er zornig, ſchlägt die Arme, Dieſe langen, ſchwarzen Arme Fuchtelnd durch die Luft, gerade Wie ein Puthahn, den die böſen Buben an der Sonnenwende <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0084" n="70"/> <lg n="10"> <l>Als ſei jener Mann ein Wölklein,</l><lb/> <l>Welches einſam durch den Glanz zieht.</l><lb/> <l>Tief geneigt hält er das Antlitz,</l><lb/> <l>Emſig in dem Buche leſend,</l><lb/> <l>Deſſen gelblich Pergamentblatt</l><lb/> <l>Weithin in der Sonne leuchtet.</l><lb/> <l>Dann bleibt wiederum er ſtehen,</l><lb/> <l>Blickt gedankenvoll zum Himmel,</l><lb/> <l>Kritzelt etwas in das Büchlein</l><lb/> <l>Und geht querfeldein d'rauf weiter.</l><lb/> <l>Gudula ſteht und belauſcht ihn,</l><lb/> <l>Heller Schalk blitzt aus dem Auge,</l><lb/> <l>Und in beide Wangen ſenken</l><lb/> <l>Sich die übermüth'gen Grübchen.</l><lb/> <l>„Mönchlein,“ denkt ſie, „arger Träumer,</l><lb/> <l>Siehſt Du nicht die Netze liegen?</l><lb/> <l>Flatterſt Du als ſeltne Beute</l><lb/> <l>Heut Freund Reimar in die Schlinge?“</l><lb/> <l>Und ſie kichert, reckt das Köpfchen</l><lb/> <l>Schadenfroh durch das Gezweige.</l><lb/> <l>„Richtig! richtig! ... hei er ſtolpert! ...</l><lb/> <l>Hu wie knäult ſich's um die Füße,</l><lb/> <l>Rathlos ſteht der fromme Bruder,</l><lb/> <l>Hebt entſetzt die Beine, — watet</l><lb/> <l>Juſt, als ob im Schlamm er ſtecke,</l><lb/> <l>Ach und jetzt ... hilf Gott, wie drollig!</l><lb/> <l>Hupft er zornig, ſchlägt die Arme,</l><lb/> <l>Dieſe langen, ſchwarzen Arme</l><lb/> <l>Fuchtelnd durch die Luft, gerade</l><lb/> <l>Wie ein Puthahn, den die böſen</l><lb/> <l>Buben an der Sonnenwende</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [70/0084]
Als ſei jener Mann ein Wölklein,
Welches einſam durch den Glanz zieht.
Tief geneigt hält er das Antlitz,
Emſig in dem Buche leſend,
Deſſen gelblich Pergamentblatt
Weithin in der Sonne leuchtet.
Dann bleibt wiederum er ſtehen,
Blickt gedankenvoll zum Himmel,
Kritzelt etwas in das Büchlein
Und geht querfeldein d'rauf weiter.
Gudula ſteht und belauſcht ihn,
Heller Schalk blitzt aus dem Auge,
Und in beide Wangen ſenken
Sich die übermüth'gen Grübchen.
„Mönchlein,“ denkt ſie, „arger Träumer,
Siehſt Du nicht die Netze liegen?
Flatterſt Du als ſeltne Beute
Heut Freund Reimar in die Schlinge?“
Und ſie kichert, reckt das Köpfchen
Schadenfroh durch das Gezweige.
„Richtig! richtig! ... hei er ſtolpert! ...
Hu wie knäult ſich's um die Füße,
Rathlos ſteht der fromme Bruder,
Hebt entſetzt die Beine, — watet
Juſt, als ob im Schlamm er ſtecke,
Ach und jetzt ... hilf Gott, wie drollig!
Hupft er zornig, ſchlägt die Arme,
Dieſe langen, ſchwarzen Arme
Fuchtelnd durch die Luft, gerade
Wie ein Puthahn, den die böſen
Buben an der Sonnenwende
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/84 |
Zitationshilfe: | Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/84>, abgerufen am 16.02.2025. |