Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Will Euch beichten, und Ihr sollet
In das tiefste Herz mir sehen!"
Wieder rinnen helle Thränen,
Nella ringt die weißen Hände:
"Wollte Gott, o guter Klausner,
Daß ich jemals Frieden fände!"
Auf die Holzbank vor der Klause
Weist der Alte, winket schweigend;
"Redet!" sagt er, Haupt und Antlitz
Tief zur Brust hernieder neigend,
Und harrt lautlos. Nella folgt ihm,
Reicher noch die Thränen flossen, --
Fern zum Abhang hin entschwindet
Knappe Hans mit beiden Rossen.
Leise erst und bang und zitternd,
Hebt die Maid an zu erzählen
Von der Holzenburg, dem Ritter,
Und kein Wort will sie verhehlen;
Aber schneller fliegt ihr Athem,
Hohe Gluth steigt in die Wangen,
Ungestüm wie Wind und Wogen,
Jubelnd fast die Worte klangen,
Als sie seine Liebe schildert,
Sein getreuliches Begegnen, --
Denn für all' die Hülf' und Dienste
Muß sie tausendfach ihn segnen!
Und die Stimme sinket wieder,
Leise flüsternd, tief erreget,
Und sie schildert, wie die Liebe
Heimlich, wonnig sie beweget,
Wie sie sich ins Herz geschlichen,
Will Euch beichten, und Ihr ſollet
In das tiefſte Herz mir ſehen!“
Wieder rinnen helle Thränen,
Nella ringt die weißen Hände:
„Wollte Gott, o guter Klausner,
Daß ich jemals Frieden fände!“
Auf die Holzbank vor der Klauſe
Weiſt der Alte, winket ſchweigend;
„Redet!“ ſagt er, Haupt und Antlitz
Tief zur Bruſt hernieder neigend,
Und harrt lautlos. Nella folgt ihm,
Reicher noch die Thränen floſſen, —
Fern zum Abhang hin entſchwindet
Knappe Hans mit beiden Roſſen.
Leiſe erſt und bang und zitternd,
Hebt die Maid an zu erzählen
Von der Holzenburg, dem Ritter,
Und kein Wort will ſie verhehlen;
Aber ſchneller fliegt ihr Athem,
Hohe Gluth ſteigt in die Wangen,
Ungeſtüm wie Wind und Wogen,
Jubelnd faſt die Worte klangen,
Als ſie ſeine Liebe ſchildert,
Sein getreuliches Begegnen, —
Denn für all' die Hülf' und Dienſte
Muß ſie tauſendfach ihn ſegnen!
Und die Stimme ſinket wieder,
Leiſe flüſternd, tief erreget,
Und ſie ſchildert, wie die Liebe
Heimlich, wonnig ſie beweget,
Wie ſie ſich ins Herz geſchlichen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0219" n="205"/>
          <lg n="4">
            <l>Will Euch beichten, und Ihr &#x017F;ollet</l><lb/>
            <l>In das tief&#x017F;te Herz mir &#x017F;ehen!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Wieder rinnen helle Thränen,</l><lb/>
            <l>Nella ringt die weißen Hände:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wollte Gott, o guter Klausner,</l><lb/>
            <l>Daß ich jemals Frieden fände!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Auf die Holzbank vor der Klau&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Wei&#x017F;t der Alte, winket &#x017F;chweigend;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Redet!&#x201C; &#x017F;agt er, Haupt und Antlitz</l><lb/>
            <l>Tief zur Bru&#x017F;t hernieder neigend,</l><lb/>
            <l>Und harrt lautlos. Nella folgt ihm,</l><lb/>
            <l>Reicher noch die Thränen flo&#x017F;&#x017F;en, &#x2014;</l><lb/>
            <l>Fern zum Abhang hin ent&#x017F;chwindet</l><lb/>
            <l>Knappe Hans mit beiden Ro&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Lei&#x017F;e er&#x017F;t und bang und zitternd,</l><lb/>
            <l>Hebt die Maid an zu erzählen</l><lb/>
            <l>Von der Holzenburg, dem Ritter,</l><lb/>
            <l>Und kein Wort will &#x017F;ie verhehlen;</l><lb/>
            <l>Aber &#x017F;chneller fliegt ihr Athem,</l><lb/>
            <l>Hohe Gluth &#x017F;teigt in die Wangen,</l><lb/>
            <l>Unge&#x017F;tüm wie Wind und Wogen,</l><lb/>
            <l>Jubelnd fa&#x017F;t die Worte klangen,</l><lb/>
            <l>Als &#x017F;ie &#x017F;eine Liebe &#x017F;childert,</l><lb/>
            <l>Sein getreuliches Begegnen, &#x2014;</l><lb/>
            <l>Denn für all' die Hülf' und Dien&#x017F;te</l><lb/>
            <l>Muß &#x017F;ie tau&#x017F;endfach ihn &#x017F;egnen!</l><lb/>
            <l>Und die Stimme &#x017F;inket wieder,</l><lb/>
            <l>Lei&#x017F;e flü&#x017F;ternd, tief erreget,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie &#x017F;childert, wie die Liebe</l><lb/>
            <l>Heimlich, wonnig &#x017F;ie beweget,</l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;ie &#x017F;ich ins Herz ge&#x017F;chlichen,</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0219] Will Euch beichten, und Ihr ſollet In das tiefſte Herz mir ſehen!“ Wieder rinnen helle Thränen, Nella ringt die weißen Hände: „Wollte Gott, o guter Klausner, Daß ich jemals Frieden fände!“ Auf die Holzbank vor der Klauſe Weiſt der Alte, winket ſchweigend; „Redet!“ ſagt er, Haupt und Antlitz Tief zur Bruſt hernieder neigend, Und harrt lautlos. Nella folgt ihm, Reicher noch die Thränen floſſen, — Fern zum Abhang hin entſchwindet Knappe Hans mit beiden Roſſen. Leiſe erſt und bang und zitternd, Hebt die Maid an zu erzählen Von der Holzenburg, dem Ritter, Und kein Wort will ſie verhehlen; Aber ſchneller fliegt ihr Athem, Hohe Gluth ſteigt in die Wangen, Ungeſtüm wie Wind und Wogen, Jubelnd faſt die Worte klangen, Als ſie ſeine Liebe ſchildert, Sein getreuliches Begegnen, — Denn für all' die Hülf' und Dienſte Muß ſie tauſendfach ihn ſegnen! Und die Stimme ſinket wieder, Leiſe flüſternd, tief erreget, Und ſie ſchildert, wie die Liebe Heimlich, wonnig ſie beweget, Wie ſie ſich ins Herz geſchlichen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/219
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/219>, abgerufen am 18.05.2024.