Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
"O, redet!" -- ein zitternder Aufschrei erklingt,
"Ich ahne, allmächtiger Gott! was Ihr bringt!"
Da zieht aus dem Wamse, dem Ledergewand,
Der Bursch einen Handschuh, -- von Damenhand,
Und reicht ihn mit abgewandtem Gesicht
Und ringet in heftigem Kampfe und spricht:
"Der ihn mir gegeben, der kränkte Euch sehr;
Vergebt ihm, vergeßt's, denn ... er lebet nicht mehr!
Er mengte zu hitzig dem Kampfe sich ein,
Der Uebermacht trotzt auch kein Frankenstein,
Sein letztes Wort war die Botschaft für Euch:
"Enteile, o Knappe, zur Deurenburg zeuch
Und künd' es der holden, vieledelen Maid:
""Was ich Dir geschaffen an Herzeleid,
Ich that's nicht im Argen, o Nella, vergieb,
Wie Du mir auch zürntest, ich hatte Dich lieb!""
Jung Walter verstummte, er athmete schwer
Und starrte auf Nella; sie bebte nicht mehr,
Sie preßte den Handschuh voll Todeslust
Still, marmorbleich an die wogende Brust, --
Dann schrickt sie empor, erhebt sich und wankt
Und murmelt: "Sei, trauriger Bote, bedankt,
Zieh hin Deine Straße, Gott segene Dich ...
Und ... bist Du barmherzig, so bete für mich!"

Hei, jauchzt es und klingt es am felsigen Strand,
Hei, flattert im Winde Schurz, Fürtuch und Band!
Vier Burschen, vier Mädels, sie springen aufs Floß
Und schwenken die Hüte hell jauchzend zum Schloß,
Da nahen noch eilig und Hand in Hand
Der Mönch und die Maid aus dem Thüringer Land,
„O, redet!“ — ein zitternder Aufſchrei erklingt,
„Ich ahne, allmächtiger Gott! was Ihr bringt!“
Da zieht aus dem Wamſe, dem Ledergewand,
Der Burſch einen Handſchuh, — von Damenhand,
Und reicht ihn mit abgewandtem Geſicht
Und ringet in heftigem Kampfe und ſpricht:
„Der ihn mir gegeben, der kränkte Euch ſehr;
Vergebt ihm, vergeßt's, denn ... er lebet nicht mehr!
Er mengte zu hitzig dem Kampfe ſich ein,
Der Uebermacht trotzt auch kein Frankenſtein,
Sein letztes Wort war die Botſchaft für Euch:
„Enteile, o Knappe, zur Deurenburg zeuch
Und künd' es der holden, vieledelen Maid:
„„Was ich Dir geſchaffen an Herzeleid,
Ich that's nicht im Argen, o Nella, vergieb,
Wie Du mir auch zürnteſt, ich hatte Dich lieb!““
Jung Walter verſtummte, er athmete ſchwer
Und ſtarrte auf Nella; ſie bebte nicht mehr,
Sie preßte den Handſchuh voll Todesluſt
Still, marmorbleich an die wogende Bruſt, —
Dann ſchrickt ſie empor, erhebt ſich und wankt
Und murmelt: „Sei, trauriger Bote, bedankt,
Zieh hin Deine Straße, Gott ſegene Dich ...
Und ... biſt Du barmherzig, ſo bete für mich!“

Hei, jauchzt es und klingt es am felſigen Strand,
Hei, flattert im Winde Schurz, Fürtuch und Band!
Vier Burſchen, vier Mädels, ſie ſpringen aufs Floß
Und ſchwenken die Hüte hell jauchzend zum Schloß,
Da nahen noch eilig und Hand in Hand
Der Mönch und die Maid aus dem Thüringer Land,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0206" n="192"/>
          <lg n="3">
            <l>&#x201E;O, redet!&#x201C; &#x2014; ein zitternder Auf&#x017F;chrei erklingt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Ich ahne, allmächtiger Gott! was Ihr bringt!&#x201C;</l><lb/>
            <l>Da zieht aus dem Wam&#x017F;e, dem Ledergewand,</l><lb/>
            <l>Der Bur&#x017F;ch einen Hand&#x017F;chuh, &#x2014; von Damenhand,</l><lb/>
            <l>Und reicht ihn mit abgewandtem Ge&#x017F;icht</l><lb/>
            <l>Und ringet in heftigem Kampfe und &#x017F;pricht:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Der ihn mir gegeben, der kränkte Euch &#x017F;ehr;</l><lb/>
            <l>Vergebt ihm, vergeßt's, denn ... er lebet nicht mehr!</l><lb/>
            <l>Er mengte zu hitzig dem Kampfe &#x017F;ich ein,</l><lb/>
            <l>Der Uebermacht trotzt auch kein Franken&#x017F;tein,</l><lb/>
            <l>Sein letztes Wort war die Bot&#x017F;chaft für Euch:</l><lb/>
            <l>&#x201E;Enteile, o Knappe, zur Deurenburg zeuch</l><lb/>
            <l>Und künd' es der holden, vieledelen Maid:</l><lb/>
            <l>&#x201E;&#x201E;Was ich Dir ge&#x017F;chaffen an Herzeleid,</l><lb/>
            <l>Ich that's nicht im Argen, o Nella, vergieb,</l><lb/>
            <l>Wie Du mir auch zürnte&#x017F;t, ich hatte Dich lieb!&#x201C;&#x201C;</l><lb/>
            <l>Jung Walter ver&#x017F;tummte, er athmete &#x017F;chwer</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;tarrte auf Nella; &#x017F;ie bebte nicht mehr,</l><lb/>
            <l>Sie preßte den Hand&#x017F;chuh voll Todeslu&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Still, marmorbleich an die wogende Bru&#x017F;t, &#x2014;</l><lb/>
            <l>Dann &#x017F;chrickt &#x017F;ie empor, erhebt &#x017F;ich und wankt</l><lb/>
            <l>Und murmelt: &#x201E;Sei, trauriger Bote, bedankt,</l><lb/>
            <l>Zieh hin Deine Straße, Gott &#x017F;egene Dich ...</l><lb/>
            <l>Und ... bi&#x017F;t Du barmherzig, &#x017F;o bete für mich!&#x201C;</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l>Hei, jauchzt es und klingt es am fel&#x017F;igen Strand,</l><lb/>
            <l>Hei, flattert im Winde Schurz, Fürtuch und Band!</l><lb/>
            <l>Vier Bur&#x017F;chen, vier Mädels, &#x017F;ie &#x017F;pringen aufs Floß</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chwenken die Hüte hell jauchzend zum Schloß,</l><lb/>
            <l>Da nahen noch eilig und Hand in Hand</l><lb/>
            <l>Der Mönch und die Maid aus dem Thüringer Land,</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0206] „O, redet!“ — ein zitternder Aufſchrei erklingt, „Ich ahne, allmächtiger Gott! was Ihr bringt!“ Da zieht aus dem Wamſe, dem Ledergewand, Der Burſch einen Handſchuh, — von Damenhand, Und reicht ihn mit abgewandtem Geſicht Und ringet in heftigem Kampfe und ſpricht: „Der ihn mir gegeben, der kränkte Euch ſehr; Vergebt ihm, vergeßt's, denn ... er lebet nicht mehr! Er mengte zu hitzig dem Kampfe ſich ein, Der Uebermacht trotzt auch kein Frankenſtein, Sein letztes Wort war die Botſchaft für Euch: „Enteile, o Knappe, zur Deurenburg zeuch Und künd' es der holden, vieledelen Maid: „„Was ich Dir geſchaffen an Herzeleid, Ich that's nicht im Argen, o Nella, vergieb, Wie Du mir auch zürnteſt, ich hatte Dich lieb!““ Jung Walter verſtummte, er athmete ſchwer Und ſtarrte auf Nella; ſie bebte nicht mehr, Sie preßte den Handſchuh voll Todesluſt Still, marmorbleich an die wogende Bruſt, — Dann ſchrickt ſie empor, erhebt ſich und wankt Und murmelt: „Sei, trauriger Bote, bedankt, Zieh hin Deine Straße, Gott ſegene Dich ... Und ... biſt Du barmherzig, ſo bete für mich!“ Hei, jauchzt es und klingt es am felſigen Strand, Hei, flattert im Winde Schurz, Fürtuch und Band! Vier Burſchen, vier Mädels, ſie ſpringen aufs Floß Und ſchwenken die Hüte hell jauchzend zum Schloß, Da nahen noch eilig und Hand in Hand Der Mönch und die Maid aus dem Thüringer Land,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/206
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/206>, abgerufen am 25.11.2024.