Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Fieber rast durch meine Glieder,
Malt mir tolle, wüste Bilder
Und verwirrt mit Teufelskünsten
Meiner Seele frommes Sinnen!
Nein! ich lüge, Gott -- ich lüge! --
Hör' nicht solch' ein feig' Entschuld'gen!
Bin gesund, und die Gedanken
Hab' ich sündig längst geheget.
Gott der Gnade -- des Erbarmens --
Warum hast Du jenes Mägdlein
Wundersam mir zugeführet?
Hab' sie nimmermehr gesuchet,
Ging nicht aus in falschem Trachten,
Du hast selber mich geleitet
In die Netze, die der Böse
Tückisch meinem Fuß gestellet! --
Nun ist's über mich gekommen,
Wie der gift'ge Hauch der Seuche,
Konnte mich davor nicht schützen,
Krankte heimlich, ohne Rettung;
Leib und Seel' verfiel dem Brande,
Der aus kleinen, schwachen Funken
So gewaltig lodernd aufwuchs,
Daß er nun mich ganz ergriffen,
Mich verzehrt in wilden Qualen!
Ja, ich liebe sie, -- ich liebe!
Bin ich elend nicht genugsam,
Daß auch dieser Fluch noch treffe
Schwer mein Haupt, im Zorne Gottes? --
Ich bin Fleisch, und Fleisch ist sündig,
Wehe meinem schwachen Geiste,
Fieber raſt durch meine Glieder,
Malt mir tolle, wüſte Bilder
Und verwirrt mit Teufelskünſten
Meiner Seele frommes Sinnen!
Nein! ich lüge, Gott — ich lüge! —
Hör' nicht ſolch' ein feig' Entſchuld'gen!
Bin geſund, und die Gedanken
Hab' ich ſündig längſt geheget.
Gott der Gnade — des Erbarmens —
Warum haſt Du jenes Mägdlein
Wunderſam mir zugeführet?
Hab' ſie nimmermehr geſuchet,
Ging nicht aus in falſchem Trachten,
Du haſt ſelber mich geleitet
In die Netze, die der Böſe
Tückiſch meinem Fuß geſtellet! —
Nun iſt's über mich gekommen,
Wie der gift'ge Hauch der Seuche,
Konnte mich davor nicht ſchützen,
Krankte heimlich, ohne Rettung;
Leib und Seel' verfiel dem Brande,
Der aus kleinen, ſchwachen Funken
So gewaltig lodernd aufwuchs,
Daß er nun mich ganz ergriffen,
Mich verzehrt in wilden Qualen!
Ja, ich liebe ſie, — ich liebe!
Bin ich elend nicht genugſam,
Daß auch dieſer Fluch noch treffe
Schwer mein Haupt, im Zorne Gottes? —
Ich bin Fleiſch, und Fleiſch iſt ſündig,
Wehe meinem ſchwachen Geiſte,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0160" n="146"/>
          <lg n="4">
            <l>Fieber ra&#x017F;t durch meine Glieder,</l><lb/>
            <l>Malt mir tolle, wü&#x017F;te Bilder</l><lb/>
            <l>Und verwirrt mit Teufelskün&#x017F;ten</l><lb/>
            <l>Meiner Seele frommes Sinnen!</l><lb/>
            <l>Nein! ich lüge, Gott &#x2014; ich lüge! &#x2014;</l><lb/>
            <l>Hör' nicht &#x017F;olch' ein feig' Ent&#x017F;chuld'gen!</l><lb/>
            <l>Bin ge&#x017F;und, und die Gedanken</l><lb/>
            <l>Hab' ich &#x017F;ündig läng&#x017F;t geheget.</l><lb/>
            <l>Gott der Gnade &#x2014; des Erbarmens &#x2014;</l><lb/>
            <l>Warum ha&#x017F;t Du jenes Mägdlein</l><lb/>
            <l>Wunder&#x017F;am mir zugeführet?</l><lb/>
            <l>Hab' &#x017F;ie nimmermehr ge&#x017F;uchet,</l><lb/>
            <l>Ging nicht aus in fal&#x017F;chem Trachten,</l><lb/>
            <l>Du ha&#x017F;t &#x017F;elber mich geleitet</l><lb/>
            <l>In die Netze, die der Bö&#x017F;e</l><lb/>
            <l>Tücki&#x017F;ch meinem Fuß ge&#x017F;tellet! &#x2014;</l><lb/>
            <l>Nun i&#x017F;t's über mich gekommen,</l><lb/>
            <l>Wie der gift'ge Hauch der Seuche,</l><lb/>
            <l>Konnte mich davor nicht &#x017F;chützen,</l><lb/>
            <l>Krankte heimlich, ohne Rettung;</l><lb/>
            <l>Leib und Seel' verfiel dem Brande,</l><lb/>
            <l>Der aus kleinen, &#x017F;chwachen Funken</l><lb/>
            <l>So gewaltig lodernd aufwuchs,</l><lb/>
            <l>Daß er nun mich ganz ergriffen,</l><lb/>
            <l>Mich verzehrt in wilden Qualen!</l><lb/>
            <l>Ja, ich liebe &#x017F;ie, &#x2014; ich liebe!</l><lb/>
            <l>Bin ich elend nicht genug&#x017F;am,</l><lb/>
            <l>Daß auch die&#x017F;er Fluch noch treffe</l><lb/>
            <l>Schwer mein Haupt, im Zorne Gottes? &#x2014;</l><lb/>
            <l>Ich bin Flei&#x017F;ch, und Flei&#x017F;ch i&#x017F;t &#x017F;ündig,</l><lb/>
            <l>Wehe meinem &#x017F;chwachen Gei&#x017F;te,</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0160] Fieber raſt durch meine Glieder, Malt mir tolle, wüſte Bilder Und verwirrt mit Teufelskünſten Meiner Seele frommes Sinnen! Nein! ich lüge, Gott — ich lüge! — Hör' nicht ſolch' ein feig' Entſchuld'gen! Bin geſund, und die Gedanken Hab' ich ſündig längſt geheget. Gott der Gnade — des Erbarmens — Warum haſt Du jenes Mägdlein Wunderſam mir zugeführet? Hab' ſie nimmermehr geſuchet, Ging nicht aus in falſchem Trachten, Du haſt ſelber mich geleitet In die Netze, die der Böſe Tückiſch meinem Fuß geſtellet! — Nun iſt's über mich gekommen, Wie der gift'ge Hauch der Seuche, Konnte mich davor nicht ſchützen, Krankte heimlich, ohne Rettung; Leib und Seel' verfiel dem Brande, Der aus kleinen, ſchwachen Funken So gewaltig lodernd aufwuchs, Daß er nun mich ganz ergriffen, Mich verzehrt in wilden Qualen! Ja, ich liebe ſie, — ich liebe! Bin ich elend nicht genugſam, Daß auch dieſer Fluch noch treffe Schwer mein Haupt, im Zorne Gottes? — Ich bin Fleiſch, und Fleiſch iſt ſündig, Wehe meinem ſchwachen Geiſte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/160
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/160>, abgerufen am 23.11.2024.