Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite
Also plaudernd, hat die Dirne
Mit geschäftig kluger Hand
Um des Fräuleins weiße Stirne
Festgeleget den Verband.
Ernsthaft sinnend Nella schaute,
Und sie sitzen Hand in Hand,
Und dem Waldkind sie vertraute,
Wie man Treffurt heut berannt,
Wie sie schlau, um zu entfliehen,
Diese Mummerei gewagt,
Wie sie will nach Wartburg ziehen,
Daß sie Frankenstein verklagt.
"Ist's noch weit? Ich ritt von dorten
Plötzlich und zu später Stund',
Hungrig bin ich jetzt geworden."
Und sie seufzt von Herzensgrund.
"Hungrig? laßt zum Mahl Euch laden,
Nehmt fürlieb, hier kocht die Noth,
'S ist ein bischen schwarz gerathen,
Immerhin! es ist doch Brod."
Und mit Schelm, mit zauberischem,
Knixt sie bittend: "Laßt mir doch
Diesen Spaß, Euch aufzutischen,
Hunger ist der beste Koch!
Seht, aus meines Korb's Geflechte
Fisch' ich ungeheure Schätze,
O, ich weiß, wo gute, echte
Tiefversteckte Erdbeerplätze."
Gern gegeben, gern genommen
Ist das heit're Mahl beendet,
Und die Trennung ist gekommen.
Alſo plaudernd, hat die Dirne
Mit geſchäftig kluger Hand
Um des Fräuleins weiße Stirne
Feſtgeleget den Verband.
Ernſthaft ſinnend Nella ſchaute,
Und ſie ſitzen Hand in Hand,
Und dem Waldkind ſie vertraute,
Wie man Treffurt heut berannt,
Wie ſie ſchlau, um zu entfliehen,
Dieſe Mummerei gewagt,
Wie ſie will nach Wartburg ziehen,
Daß ſie Frankenſtein verklagt.
„Iſt's noch weit? Ich ritt von dorten
Plötzlich und zu ſpäter Stund',
Hungrig bin ich jetzt geworden.“
Und ſie ſeufzt von Herzensgrund.
„Hungrig? laßt zum Mahl Euch laden,
Nehmt fürlieb, hier kocht die Noth,
'S iſt ein bischen ſchwarz gerathen,
Immerhin! es iſt doch Brod.“
Und mit Schelm, mit zauberiſchem,
Knixt ſie bittend: „Laßt mir doch
Dieſen Spaß, Euch aufzutiſchen,
Hunger iſt der beſte Koch!
Seht, aus meines Korb's Geflechte
Fiſch' ich ungeheure Schätze,
O, ich weiß, wo gute, echte
Tiefverſteckte Erdbeerplätze.“
Gern gegeben, gern genommen
Iſt das heit're Mahl beendet,
Und die Trennung iſt gekommen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0102" n="88"/>
          <lg n="7">
            <l>Al&#x017F;o plaudernd, hat die Dirne</l><lb/>
            <l>Mit ge&#x017F;chäftig kluger Hand</l><lb/>
            <l>Um des Fräuleins weiße Stirne</l><lb/>
            <l>Fe&#x017F;tgeleget den Verband.</l><lb/>
            <l>Ern&#x017F;thaft &#x017F;innend Nella &#x017F;chaute,</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie &#x017F;itzen Hand in Hand,</l><lb/>
            <l>Und dem Waldkind &#x017F;ie vertraute,</l><lb/>
            <l>Wie man Treffurt heut berannt,</l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;ie &#x017F;chlau, um zu entfliehen,</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;e Mummerei gewagt,</l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;ie will nach Wartburg ziehen,</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie Franken&#x017F;tein verklagt.</l><lb/>
            <l>&#x201E;I&#x017F;t's noch weit? Ich ritt von dorten</l><lb/>
            <l>Plötzlich und zu &#x017F;päter Stund',</l><lb/>
            <l>Hungrig bin ich jetzt geworden.&#x201C;</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;ie &#x017F;eufzt von Herzensgrund.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Hungrig? laßt zum Mahl Euch laden,</l><lb/>
            <l>Nehmt fürlieb, hier kocht die Noth,</l><lb/>
            <l>'S i&#x017F;t ein bischen &#x017F;chwarz gerathen,</l><lb/>
            <l>Immerhin! es i&#x017F;t doch Brod.&#x201C;</l><lb/>
            <l>Und mit Schelm, mit zauberi&#x017F;chem,</l><lb/>
            <l>Knixt &#x017F;ie bittend: &#x201E;Laßt mir doch</l><lb/>
            <l>Die&#x017F;en Spaß, Euch aufzuti&#x017F;chen,</l><lb/>
            <l>Hunger i&#x017F;t der be&#x017F;te Koch!</l><lb/>
            <l>Seht, aus meines Korb's Geflechte</l><lb/>
            <l>Fi&#x017F;ch' ich ungeheure Schätze,</l><lb/>
            <l>O, ich weiß, wo gute, echte</l><lb/>
            <l>Tiefver&#x017F;teckte Erdbeerplätze.&#x201C;</l><lb/>
            <l>Gern gegeben, gern genommen</l><lb/>
            <l>I&#x017F;t das heit're Mahl beendet,</l><lb/>
            <l>Und die Trennung i&#x017F;t gekommen.</l><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0102] Alſo plaudernd, hat die Dirne Mit geſchäftig kluger Hand Um des Fräuleins weiße Stirne Feſtgeleget den Verband. Ernſthaft ſinnend Nella ſchaute, Und ſie ſitzen Hand in Hand, Und dem Waldkind ſie vertraute, Wie man Treffurt heut berannt, Wie ſie ſchlau, um zu entfliehen, Dieſe Mummerei gewagt, Wie ſie will nach Wartburg ziehen, Daß ſie Frankenſtein verklagt. „Iſt's noch weit? Ich ritt von dorten Plötzlich und zu ſpäter Stund', Hungrig bin ich jetzt geworden.“ Und ſie ſeufzt von Herzensgrund. „Hungrig? laßt zum Mahl Euch laden, Nehmt fürlieb, hier kocht die Noth, 'S iſt ein bischen ſchwarz gerathen, Immerhin! es iſt doch Brod.“ Und mit Schelm, mit zauberiſchem, Knixt ſie bittend: „Laßt mir doch Dieſen Spaß, Euch aufzutiſchen, Hunger iſt der beſte Koch! Seht, aus meines Korb's Geflechte Fiſch' ich ungeheure Schätze, O, ich weiß, wo gute, echte Tiefverſteckte Erdbeerplätze.“ Gern gegeben, gern genommen Iſt das heit're Mahl beendet, Und die Trennung iſt gekommen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/102
Zitationshilfe: Eschstruth, Nataly von: Katz' und Maus. Berlin, 1886, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eschstruth_katz_1886/102>, abgerufen am 27.05.2024.