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Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 1. Ägypten, 1842-1843.

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ein Augenblick. Der Sturm brach Alles über den Haufen, ich und Wild liegen unter dem Zelte. Ich wickle mich heraus und 1 Moment reicht hin, mich bis auf die Haut naß zu machen. Der Hagel mit Regen strömt hernieder. Jetzt schien Alles verloren. Lepsius in seinem weißen Überhemd lief wie in Verzweiflung umher, und suchte noch sein Zelt zu halten. Aber auch das brach zusammen. Nun kam von den umliegenden Hügeln ein Wasserstrom zwischen den Zelten hindurch, der mit unwiderstehlicher Gewalt Alles mit sich fortriß; die Erde ward tief aufgewühlt und unsre Sachen schwammen dahin; es war ein gräßlicher Anblick; an Retten konnte jetzt nicht mehr gedacht werden, man mußte Alles dem Schicksal überlassen. In einer 1/2 Stunde ging das Gewitter vorüber und nun lief Alles nach dem See, der sich an der Sphinx gebildet, um zu fischen. Es war ein trauriger Anblick. Das Erste war, mich umzukleiden, glücklicherweise war mein Mantelsack von Franke auf eine Anhöhe getragen, und noch trockne Hemden darin, die ich vertheilte. Jetzt galt es zu sehen, was gerettet war, die Zelte aufzuschlagen, und unverzüglich machte man sich an die Arbeit. Der Abend rückte indessen stark heran; die Zelte standen mit anbrechender Dunkelheit. Ich schlief mit Frey unter dem feuchten Zelt; die andren vertheilten sich in Gräber und anderswo; um 1/2 12 legten wir uns zu Bett; mein alter Mantel war heut unschätzbar, so wie der am Abend genossene Thee. Frey, Max und Ernst wurden erst später gerufen nach dem Schauplatz der Vernichtung; sie hatten in dem Grabe gezeichnet.

Mittwoch den 16ten November 1842. Der heutige Tag ging mit Trocknen unsrer Sachen, Ausklopfen, in Ordnung bringen vorüber. Die meisten Gegenstände fanden sich wieder, obgleich manche in schrecklichem Zustande; vieles wurde aus dem Sande gegraben; der arme Frey vermißte am Meisten; besonders Schade war

ein Augenblick. Der Sturm brach Alles über den Haufen, ich und Wild liegen unter dem Zelte. Ich wickle mich heraus und 1 Moment reicht hin, mich bis auf die Haut naß zu machen. Der Hagel mit Regen strömt hernieder. Jetzt schien Alles verloren. Lepsius in seinem weißen Überhemd lief wie in Verzweiflung umher, und suchte noch sein Zelt zu halten. Aber auch das brach zusammen. Nun kam von den umliegenden Hügeln ein Wasserstrom zwischen den Zelten hindurch, der mit unwiderstehlicher Gewalt Alles mit sich fortriß; die Erde ward tief aufgewühlt und unsre Sachen schwammen dahin; es war ein gräßlicher Anblick; an Retten konnte jetzt nicht mehr gedacht werden, man mußte Alles dem Schicksal überlassen. In einer ½ Stunde ging das Gewitter vorüber und nun lief Alles nach dem See, der sich an der Sphinx gebildet, um zu fischen. Es war ein trauriger Anblick. Das Erste war, mich umzukleiden, glücklicherweise war mein Mantelsack von Franke auf eine Anhöhe getragen, und noch trockne Hemden darin, die ich vertheilte. Jetzt galt es zu sehen, was gerettet war, die Zelte aufzuschlagen, und unverzüglich machte man sich an die Arbeit. Der Abend rückte indessen stark heran; die Zelte standen mit anbrechender Dunkelheit. Ich schlief mit Frey unter dem feuchten Zelt; die andren vertheilten sich in Gräber und anderswo; um ½ 12 legten wir uns zu Bett; mein alter Mantel war heut unschätzbar, so wie der am Abend genossene Thee. Frey, Max und Ernst wurden erst später gerufen nach dem Schauplatz der Vernichtung; sie hatten in dem Grabe gezeichnet.

Mittwoch den 16ten November 1842. Der heutige Tag ging mit Trocknen unsrer Sachen, Ausklopfen, in Ordnung bringen vorüber. Die meisten Gegenstände fanden sich wieder, obgleich manche in schrecklichem Zustande; vieles wurde aus dem Sande gegraben; der arme Frey vermißte am Meisten; besonders Schade war

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Zitationshilfe: Erbkam, Georg Gustav: Tagebuch meiner egyptischen Reise. Teil 1. Ägypten, 1842-1843, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/erbkam_tagebuch01_1842/91>, abgerufen am 24.04.2024.