Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

von der Arth noch keine gesehen, aber plaudern
genung, und geben in Ausübung ihrer schönen
Tugenden einen so hellen Schein von sich, als
ein Stück ungeglimmter Torff auf den Dreyfuß
unter den Camin; Man siehet die Keuschheit
und Zucht an ihnen, wann sie den Bier-Becher
und Wein-Kännlein ausstürtzen, da gehet sie
auf zerschnittenen Steltzen. Doch muß ich be-
kennen gab Siegfried vor, daß das Frauen-
Zimmer vom Gemüthe beständiger als das
Manns-Volck sey, welches mehrentheils in
Flandern zu Hause gehöret, eine umb die ande-
re wehlet, auch wohl etliche zugleich auf ihre
Rolle setzet, sie zu ehlichen, und wann sie nur
wolten, allen das Ja-Wort gibt, und in Erlau-
bung dem Salomon in Weiber-nehmen nach-
folgen, oder wohl gar übertreffen würde, weß-
wegen auch Syrach dergleichen Weibes-Per-
sonen denen goldenen Säulen auf silbernen
Stühlen vergleichet. Jndem Siegfried sol-
ches redete: wolte Lübel fast von Sinnen kom-
men, stund von seinem Sitze auf, schlug mit der
Hand auf den Tisch, sagende: Was? bestän-
dig von Gemüthe, gleich denen Egyptischen
Rohr-Stäben, welche so man sich darauff leh-
net zerbrechen, und einen in die Arme stossen.
Man siehet ihre Beständigkeit aus der verma-
ledeyten Hoffarth und Ehrsucht, wie es gleich

einen
B b b 2

von der Arth noch keine geſehen, aber plaudern
genung, und geben in Ausuͤbung ihrer ſchoͤnen
Tugenden einen ſo hellen Schein von ſich, als
ein Stuͤck ungeglim̃ter Torff auf den Dreyfuß
unter den Camin; Man ſiehet die Keuſchheit
und Zucht an ihnen, wann ſie den Bier-Becher
und Wein-Kaͤnnlein ausſtuͤrtzen, da gehet ſie
auf zerſchnittenen Steltzen. Doch muß ich be-
kennen gab Siegfried vor, daß das Frauen-
Zimmer vom Gemuͤthe beſtaͤndiger als das
Manns-Volck ſey, welches mehrentheils in
Flandern zu Hauſe gehoͤret, eine umb die ande-
re wehlet, auch wohl etliche zugleich auf ihre
Rolle ſetzet, ſie zu ehlichen, und wann ſie nur
wolten, allen das Ja-Wort gibt, und in Erlau-
bung dem Salomon in Weiber-nehmen nach-
folgen, oder wohl gar uͤbertreffen wuͤrde, weß-
wegen auch Syrach dergleichen Weibes-Per-
ſonen denen goldenen Saͤulen auf ſilbernen
Stuͤhlen vergleichet. Jndem Siegfried ſol-
ches redete: wolte Luͤbel faſt von Sinnen kom-
men, ſtund von ſeinem Sitze auf, ſchlug mit der
Hand auf den Tiſch, ſagende: Was? beſtaͤn-
dig von Gemuͤthe, gleich denen Egyptiſchen
Rohr-Staͤben, welche ſo man ſich darauff leh-
net zerbrechen, und einen in die Arme ſtoſſen.
Man ſiehet ihre Beſtaͤndigkeit aus der verma-
ledeyten Hoffarth und Ehrſucht, wie es gleich

einen
B b b 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0771" n="755"/>
von der Arth noch keine ge&#x017F;ehen, aber plaudern<lb/>
genung, und geben in Ausu&#x0364;bung ihrer &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Tugenden einen &#x017F;o hellen Schein von &#x017F;ich, als<lb/>
ein Stu&#x0364;ck ungeglim&#x0303;ter Torff auf den Dreyfuß<lb/>
unter den Camin; Man &#x017F;iehet die Keu&#x017F;chheit<lb/>
und Zucht an ihnen, wann &#x017F;ie den Bier-Becher<lb/>
und Wein-Ka&#x0364;nnlein aus&#x017F;tu&#x0364;rtzen, da gehet &#x017F;ie<lb/>
auf zer&#x017F;chnittenen Steltzen. Doch muß ich be-<lb/>
kennen gab Siegfried vor, daß das Frauen-<lb/>
Zimmer vom Gemu&#x0364;the be&#x017F;ta&#x0364;ndiger als das<lb/>
Manns-Volck &#x017F;ey, welches mehrentheils in<lb/>
Flandern zu Hau&#x017F;e geho&#x0364;ret, eine umb die ande-<lb/>
re wehlet, auch wohl etliche zugleich auf ihre<lb/>
Rolle &#x017F;etzet, &#x017F;ie zu ehlichen, und wann &#x017F;ie nur<lb/>
wolten, allen das Ja-Wort gibt, und in Erlau-<lb/>
bung dem Salomon in Weiber-nehmen nach-<lb/>
folgen, oder wohl gar u&#x0364;bertreffen wu&#x0364;rde, weß-<lb/>
wegen auch Syrach dergleichen Weibes-Per-<lb/>
&#x017F;onen denen goldenen Sa&#x0364;ulen auf &#x017F;ilbernen<lb/>
Stu&#x0364;hlen vergleichet. Jndem Siegfried &#x017F;ol-<lb/>
ches redete: wolte Lu&#x0364;bel fa&#x017F;t von Sinnen kom-<lb/>
men, &#x017F;tund von &#x017F;einem Sitze auf, &#x017F;chlug mit der<lb/>
Hand auf den Ti&#x017F;ch, &#x017F;agende: Was? be&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dig von Gemu&#x0364;the, gleich denen Egypti&#x017F;chen<lb/>
Rohr-Sta&#x0364;ben, welche &#x017F;o man &#x017F;ich darauff leh-<lb/>
net zerbrechen, und einen in die Arme &#x017F;to&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Man &#x017F;iehet ihre Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit aus der verma-<lb/>
ledeyten Hoffarth und Ehr&#x017F;ucht, wie es gleich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b b 2</fw><fw place="bottom" type="catch">einen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[755/0771] von der Arth noch keine geſehen, aber plaudern genung, und geben in Ausuͤbung ihrer ſchoͤnen Tugenden einen ſo hellen Schein von ſich, als ein Stuͤck ungeglim̃ter Torff auf den Dreyfuß unter den Camin; Man ſiehet die Keuſchheit und Zucht an ihnen, wann ſie den Bier-Becher und Wein-Kaͤnnlein ausſtuͤrtzen, da gehet ſie auf zerſchnittenen Steltzen. Doch muß ich be- kennen gab Siegfried vor, daß das Frauen- Zimmer vom Gemuͤthe beſtaͤndiger als das Manns-Volck ſey, welches mehrentheils in Flandern zu Hauſe gehoͤret, eine umb die ande- re wehlet, auch wohl etliche zugleich auf ihre Rolle ſetzet, ſie zu ehlichen, und wann ſie nur wolten, allen das Ja-Wort gibt, und in Erlau- bung dem Salomon in Weiber-nehmen nach- folgen, oder wohl gar uͤbertreffen wuͤrde, weß- wegen auch Syrach dergleichen Weibes-Per- ſonen denen goldenen Saͤulen auf ſilbernen Stuͤhlen vergleichet. Jndem Siegfried ſol- ches redete: wolte Luͤbel faſt von Sinnen kom- men, ſtund von ſeinem Sitze auf, ſchlug mit der Hand auf den Tiſch, ſagende: Was? beſtaͤn- dig von Gemuͤthe, gleich denen Egyptiſchen Rohr-Staͤben, welche ſo man ſich darauff leh- net zerbrechen, und einen in die Arme ſtoſſen. Man ſiehet ihre Beſtaͤndigkeit aus der verma- ledeyten Hoffarth und Ehrſucht, wie es gleich einen B b b 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/771
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/771>, abgerufen am 07.06.2024.