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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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anbefohlen hätten. Hiermit machte Ranne-
fort eine Complimente gegen die Unsrigen, und
ritte in Neßdra ein, und kehrte eben bey den
Wirthschaffter ein wo die Unseren ihr Quartier
hatten. Wie bey der Anheimkunfft sie aller-
seits einander empfangen haben, ist leicht zu ge-
dencken, zumahl wie sie von Rannefort berichtet
wurden, daß die zurück-gelassenen alle in gesun-
den Wohlstande lebten: Den andern Tag früh
that Rannefort bey dem Fürsten seine Auffwar-
tung, und weil er zur Tafel verharren muste, ließ
Eckarth, den Käyserlichen Gnaden-Brieff Ran-
nefort unwissent, ihm durch einen Fürstlichen
Kammer-Diener überreichen. Rannefort er-
schrack als er den Brieff empfieng. Der Fürst
aber als er dieses sahe: fragte er Rannefort, was
ist das vor ein Brieff, und wo kommt er her?
Rannefort stund auf, that dem Hertzog einen
Fußfall sagende: Großmächtigster Fürst Gnä-
digster Herr, mir ist nichts wissend, und lege
denselben zu Dero Durchlauchtigkeit Füsse,
durch deren hohen Befehl den Jnnhalt zu erfah-
ren. Rannefort was machst du? replicirte
der Fürst, du bist gantz ausser dir selbsten, siehest
du nicht daß dieses Siegel und Schnur ich mehr
zu küssen verbunden bin, als zu meinen Füssen
zu legen erdulden, eröffne den Brieff selbsten,
und ließ uns dessen Jnnhalt vor, nach Eröffnung
laß Rannefort folgender massen.

Ed-

anbefohlen haͤtten. Hiermit machte Ranne-
fort eine Complimente gegen die Unſrigen, und
ritte in Neßdra ein, und kehrte eben bey den
Wirthſchaffter ein wo die Unſeren ihr Quartier
hatten. Wie bey der Anheimkunfft ſie aller-
ſeits einander empfangen haben, iſt leicht zu ge-
dencken, zumahl wie ſie von Rannefort berichtet
wurden, daß die zuruͤck-gelaſſenen alle in geſun-
den Wohlſtande lebten: Den andern Tag fruͤh
that Rannefort bey dem Fuͤrſten ſeine Auffwar-
tung, und weil er zur Tafel verharren muſte, ließ
Eckarth, den Kaͤyſeꝛlichen Gnaden-Brieff Ran-
nefort unwiſſent, ihm durch einen Fuͤrſtlichen
Kammer-Diener uͤberreichen. Rannefort er-
ſchrack als er den Brieff empfieng. Der Fuͤrſt
aber als er dieſes ſahe: fragte er Rannefort, was
iſt das vor ein Brieff, und wo kommt er her?
Rannefort ſtund auf, that dem Hertzog einen
Fußfall ſagende: Großmaͤchtigſter Fuͤrſt Gnaͤ-
digſter Herr, mir iſt nichts wiſſend, und lege
denſelben zu Dero Durchlauchtigkeit Fuͤſſe,
durch deren hohen Befehl den Jnnhalt zu erfah-
ren. Rannefort was machſt du? replicirte
der Fuͤrſt, du biſt gantz auſſer dir ſelbſten, ſieheſt
du nicht daß dieſes Siegel und Schnur ich mehr
zu kuͤſſen verbunden bin, als zu meinen Fuͤſſen
zu legen erdulden, eroͤffne den Brieff ſelbſten,
und ließ uns deſſen Jñhalt vor, nach Eroͤffnung
laß Rannefort folgender maſſen.

Ed-
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[543/0559] anbefohlen haͤtten. Hiermit machte Ranne- fort eine Complimente gegen die Unſrigen, und ritte in Neßdra ein, und kehrte eben bey den Wirthſchaffter ein wo die Unſeren ihr Quartier hatten. Wie bey der Anheimkunfft ſie aller- ſeits einander empfangen haben, iſt leicht zu ge- dencken, zumahl wie ſie von Rannefort berichtet wurden, daß die zuruͤck-gelaſſenen alle in geſun- den Wohlſtande lebten: Den andern Tag fruͤh that Rannefort bey dem Fuͤrſten ſeine Auffwar- tung, und weil er zur Tafel verharren muſte, ließ Eckarth, den Kaͤyſeꝛlichen Gnaden-Brieff Ran- nefort unwiſſent, ihm durch einen Fuͤrſtlichen Kammer-Diener uͤberreichen. Rannefort er- ſchrack als er den Brieff empfieng. Der Fuͤrſt aber als er dieſes ſahe: fragte er Rannefort, was iſt das vor ein Brieff, und wo kommt er her? Rannefort ſtund auf, that dem Hertzog einen Fußfall ſagende: Großmaͤchtigſter Fuͤrſt Gnaͤ- digſter Herr, mir iſt nichts wiſſend, und lege denſelben zu Dero Durchlauchtigkeit Fuͤſſe, durch deren hohen Befehl den Jnnhalt zu erfah- ren. Rannefort was machſt du? replicirte der Fuͤrſt, du biſt gantz auſſer dir ſelbſten, ſieheſt du nicht daß dieſes Siegel und Schnur ich mehr zu kuͤſſen verbunden bin, als zu meinen Fuͤſſen zu legen erdulden, eroͤffne den Brieff ſelbſten, und ließ uns deſſen Jñhalt vor, nach Eroͤffnung laß Rannefort folgender maſſen. Ed-

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/559>, abgerufen am 25.11.2024.