Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

füllen? Dieses improbire ich gäntzlich antwor-
tete Siegfried, und soll man einem Kinde von
rechtswegen, vor der Entwehnung, an keines
dergleichen gewöhnen, denn die Verdäuung
des Magens noch viel zu schwach ist (zumahln
wann die selbst eigene Käuung, solche Speise
zu zermalmen nicht mächtig genung ist) auff
richtige Art genannte Sachen zu kochen, und
dem Cörper zur Nahrung zu schicken. Weiln
wir der Entwehnung gedacht haben, sagte die
Generalin, so erkläre er mir doch mein Herr
Siegfried meinen Zweifel, da die Leuthe vorge-
ben, es wäre höchst-schädlich, wann man ein
Kind bereits entwehnet habe, und es wieder-
umb nach dem an die Brust zu saugen auffs
neue anlege? Diese Säuglinge sollen hernach
bey ihrer Erwachsung, nicht allein vielen Un-
glück unterworffen seyn, sondern auch die
Schädligkeit an ihnen haben, daß sie andere
Menschen ihnen unwissend beruffen oder be-
schreyen. Siegfried gab zur Antwort: Jhr
Gnaden lassen ihnen dergleichen Sachen nicht
bereden; Dennoch ist es in vielerley Wege nicht
gut, wann dergleichen wehmüthige Mütter,
nach der Entwehnung die Kinder wieder auffs
neue anlegen, denn hernach wird es sehr schwer
zugehen, sie de novo zu entwehnen, so wird
auch der Magen gleichsam von seiner bereits

an-

fuͤllen? Dieſes improbire ich gaͤntzlich antwor-
tete Siegfried, und ſoll man einem Kinde von
rechtswegen, vor der Entwehnung, an keines
dergleichen gewoͤhnen, denn die Verdaͤuung
des Magens noch viel zu ſchwach iſt (zumahln
wann die ſelbſt eigene Kaͤuung, ſolche Speiſe
zu zermalmen nicht maͤchtig genung iſt) auff
richtige Art genannte Sachen zu kochen, und
dem Coͤrper zur Nahrung zu ſchicken. Weiln
wir der Entwehnung gedacht haben, ſagte die
Generalin, ſo erklaͤre er mir doch mein Herr
Siegfried meinen Zweifel, da die Leuthe vorge-
ben, es waͤre hoͤchſt-ſchaͤdlich, wann man ein
Kind bereits entwehnet habe, und es wieder-
umb nach dem an die Bruſt zu ſaugen auffs
neue anlege? Dieſe Saͤuglinge ſollen hernach
bey ihrer Erwachſung, nicht allein vielen Un-
gluͤck unterworffen ſeyn, ſondern auch die
Schaͤdligkeit an ihnen haben, daß ſie andere
Menſchen ihnen unwiſſend beruffen oder be-
ſchreyen. Siegfried gab zur Antwort: Jhr
Gnaden laſſen ihnen dergleichen Sachen nicht
bereden; Dennoch iſt es in vielerley Wege nicht
gut, wann dergleichen wehmuͤthige Muͤtter,
nach der Entwehnung die Kinder wieder auffs
neue anlegen, denn hernach wird es ſehr ſchwer
zugehen, ſie de novo zu entwehnen, ſo wird
auch der Magen gleichſam von ſeiner bereits

an-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0462" n="446"/>
fu&#x0364;llen? Die&#x017F;es <hi rendition="#aq">improbir</hi>e ich ga&#x0364;ntzlich antwor-<lb/>
tete Siegfried, und &#x017F;oll man einem Kinde von<lb/>
rechtswegen, vor der Entwehnung, an keines<lb/>
dergleichen gewo&#x0364;hnen, denn die Verda&#x0364;uung<lb/>
des Magens noch viel zu &#x017F;chwach i&#x017F;t (zumahln<lb/>
wann die &#x017F;elb&#x017F;t eigene Ka&#x0364;uung, &#x017F;olche Spei&#x017F;e<lb/>
zu zermalmen nicht ma&#x0364;chtig genung i&#x017F;t) auff<lb/>
richtige Art genannte Sachen zu kochen, und<lb/>
dem Co&#x0364;rper zur Nahrung zu &#x017F;chicken. Weiln<lb/>
wir der Entwehnung gedacht haben, &#x017F;agte die<lb/><hi rendition="#aq">General</hi>in, &#x017F;o erkla&#x0364;re er mir doch mein Herr<lb/>
Siegfried meinen Zweifel, da die Leuthe vorge-<lb/>
ben, es wa&#x0364;re ho&#x0364;ch&#x017F;t-&#x017F;cha&#x0364;dlich, wann man ein<lb/>
Kind bereits entwehnet habe, und es wieder-<lb/>
umb nach dem an die Bru&#x017F;t zu &#x017F;augen auffs<lb/>
neue anlege? Die&#x017F;e Sa&#x0364;uglinge &#x017F;ollen hernach<lb/>
bey ihrer Erwach&#x017F;ung, nicht allein vielen Un-<lb/>
glu&#x0364;ck unterworffen &#x017F;eyn, &#x017F;ondern auch die<lb/>
Scha&#x0364;dligkeit an ihnen haben, daß &#x017F;ie andere<lb/>
Men&#x017F;chen ihnen unwi&#x017F;&#x017F;end beruffen oder be-<lb/>
&#x017F;chreyen. Siegfried gab zur Antwort: Jhr<lb/>
Gnaden la&#x017F;&#x017F;en ihnen dergleichen Sachen nicht<lb/>
bereden; Dennoch i&#x017F;t es in vielerley Wege nicht<lb/>
gut, wann dergleichen wehmu&#x0364;thige Mu&#x0364;tter,<lb/>
nach der Entwehnung die Kinder wieder auffs<lb/>
neue anlegen, denn hernach wird es &#x017F;ehr &#x017F;chwer<lb/>
zugehen, &#x017F;ie <hi rendition="#aq">de novo</hi> zu entwehnen, &#x017F;o wird<lb/>
auch der Magen gleich&#x017F;am von &#x017F;einer bereits<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">an-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[446/0462] fuͤllen? Dieſes improbire ich gaͤntzlich antwor- tete Siegfried, und ſoll man einem Kinde von rechtswegen, vor der Entwehnung, an keines dergleichen gewoͤhnen, denn die Verdaͤuung des Magens noch viel zu ſchwach iſt (zumahln wann die ſelbſt eigene Kaͤuung, ſolche Speiſe zu zermalmen nicht maͤchtig genung iſt) auff richtige Art genannte Sachen zu kochen, und dem Coͤrper zur Nahrung zu ſchicken. Weiln wir der Entwehnung gedacht haben, ſagte die Generalin, ſo erklaͤre er mir doch mein Herr Siegfried meinen Zweifel, da die Leuthe vorge- ben, es waͤre hoͤchſt-ſchaͤdlich, wann man ein Kind bereits entwehnet habe, und es wieder- umb nach dem an die Bruſt zu ſaugen auffs neue anlege? Dieſe Saͤuglinge ſollen hernach bey ihrer Erwachſung, nicht allein vielen Un- gluͤck unterworffen ſeyn, ſondern auch die Schaͤdligkeit an ihnen haben, daß ſie andere Menſchen ihnen unwiſſend beruffen oder be- ſchreyen. Siegfried gab zur Antwort: Jhr Gnaden laſſen ihnen dergleichen Sachen nicht bereden; Dennoch iſt es in vielerley Wege nicht gut, wann dergleichen wehmuͤthige Muͤtter, nach der Entwehnung die Kinder wieder auffs neue anlegen, denn hernach wird es ſehr ſchwer zugehen, ſie de novo zu entwehnen, ſo wird auch der Magen gleichſam von ſeiner bereits an-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/462
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/462>, abgerufen am 22.11.2024.