Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

nur für gemeine Leuthe, Jhr Gnaden aber ei-
nen guten Rath mitzutheilen, werde ich nicht
vermögend seyn. Herr Wirth, setzet ihr einen
Schemel, befahl die Generalin, und zu den
Weibe, meine liebe Frau, setzet euch zu uns, da-
mit wir näher beysammen seyn. Meine gute
Frau, fuhr die Generalin fort, ich möchte doch
gerne wissen und genauen Unterricht haben
woheres mir komme, daß so bald ich etwas esse,
wird mir übel, sodann fänget mir das Haupt an
wehe zu thun, und endlich ziehet es sich wie ein
kalter Schauer durch den gantzen Leib, hierauf
folget auf der lincken Seite eine fliegende Hitze,
und pfleget sich der Leib aufzudöhnen, denn ge-
het es durch einen Schweiß aus. Gnädige
Frau, antwortete das Weib, das ist nichts an-
ders als die Mutter, welche vielerley Art ist und
allerley Kranckheiten an sich nimmt, dieselbe,
wann sie aus ihrem Lager kommen ist, so gehet
sie nach der Speise in Magen, und zehret, das
verursachet eine Ubligkeit, und wird die Ma-
gen-Mutter genennet. Dann laufft sie aus
dem Magen ins Gehirn, und verursachet
Schwindel und Kopff-Weh, und wird die Ge-
hirn-Mutter geheissen, wann sie nun daselbst
genung gewütet hat, so durchlaufft sie den gan-
tzen Leib, und ereignet erstlich die Kälte, biß sie
in die Miltz fällt, und wird die Miltz-Mutter

be-
D d 2

nur fuͤr gemeine Leuthe, Jhr Gnaden aber ei-
nen guten Rath mitzutheilen, werde ich nicht
vermoͤgend ſeyn. Herr Wirth, ſetzet ihr einen
Schemel, befahl die Generalin, und zu den
Weibe, meine liebe Frau, ſetzet euch zu uns, da-
mit wir naͤher beyſammen ſeyn. Meine gute
Frau, fuhr die Generalin fort, ich moͤchte doch
gerne wiſſen und genauen Unterricht haben
woheres mir komme, daß ſo bald ich etwas eſſe,
wird mir uͤbel, ſodann faͤnget mir das Haupt an
wehe zu thun, und endlich ziehet es ſich wie ein
kalter Schauer durch den gantzen Leib, hierauf
folget auf der lincken Seite eine fliegende Hitze,
und pfleget ſich der Leib aufzudoͤhnen, denn ge-
het es durch einen Schweiß aus. Gnaͤdige
Frau, antwortete das Weib, das iſt nichts an-
ders als die Mutter, welche vielerley Art iſt und
allerley Kranckheiten an ſich nimmt, dieſelbe,
wann ſie aus ihrem Lager kommen iſt, ſo gehet
ſie nach der Speiſe in Magen, und zehret, das
verurſachet eine Ubligkeit, und wird die Ma-
gen-Mutter genennet. Dann laufft ſie aus
dem Magen ins Gehirn, und verurſachet
Schwindel und Kopff-Weh, und wird die Ge-
hirn-Mutter geheiſſen, wann ſie nun daſelbſt
genung gewuͤtet hat, ſo durchlaufft ſie den gan-
tzen Leib, und ereignet erſtlich die Kaͤlte, biß ſie
in die Miltz faͤllt, und wird die Miltz-Mutter

be-
D d 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0435" n="419"/>
nur fu&#x0364;r gemeine Leuthe, Jhr Gnaden aber ei-<lb/>
nen guten Rath mitzutheilen, werde ich nicht<lb/>
vermo&#x0364;gend &#x017F;eyn. Herr Wirth, &#x017F;etzet ihr einen<lb/>
Schemel, befahl die <hi rendition="#aq">General</hi>in, und zu den<lb/>
Weibe, meine liebe Frau, &#x017F;etzet euch zu uns, da-<lb/>
mit wir na&#x0364;her bey&#x017F;ammen &#x017F;eyn. Meine gute<lb/>
Frau, fuhr die <hi rendition="#aq">General</hi>in fort, ich mo&#x0364;chte doch<lb/>
gerne wi&#x017F;&#x017F;en und genauen Unterricht haben<lb/>
woheres mir komme, daß &#x017F;o bald ich etwas e&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
wird mir u&#x0364;bel, &#x017F;odann fa&#x0364;nget mir das Haupt an<lb/>
wehe zu thun, und endlich ziehet es &#x017F;ich wie ein<lb/>
kalter Schauer durch den gantzen Leib, hierauf<lb/>
folget auf der lincken Seite eine fliegende Hitze,<lb/>
und pfleget &#x017F;ich der Leib aufzudo&#x0364;hnen, denn ge-<lb/>
het es durch einen Schweiß aus. Gna&#x0364;dige<lb/>
Frau, antwortete das Weib, das i&#x017F;t nichts an-<lb/>
ders als die Mutter, welche vielerley Art i&#x017F;t und<lb/>
allerley Kranckheiten an &#x017F;ich nimmt, die&#x017F;elbe,<lb/>
wann &#x017F;ie aus ihrem Lager kommen i&#x017F;t, &#x017F;o gehet<lb/>
&#x017F;ie nach der Spei&#x017F;e in Magen, und zehret, das<lb/>
verur&#x017F;achet eine Ubligkeit, und wird die Ma-<lb/>
gen-Mutter genennet. Dann laufft &#x017F;ie aus<lb/>
dem Magen ins Gehirn, und verur&#x017F;achet<lb/>
Schwindel und Kopff-Weh, und wird die Ge-<lb/>
hirn-Mutter gehei&#x017F;&#x017F;en, wann &#x017F;ie nun da&#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
genung gewu&#x0364;tet hat, &#x017F;o durchlaufft &#x017F;ie den gan-<lb/>
tzen Leib, und ereignet er&#x017F;tlich die Ka&#x0364;lte, biß &#x017F;ie<lb/>
in die Miltz fa&#x0364;llt, und wird die Miltz-Mutter<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 2</fw><fw place="bottom" type="catch">be-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[419/0435] nur fuͤr gemeine Leuthe, Jhr Gnaden aber ei- nen guten Rath mitzutheilen, werde ich nicht vermoͤgend ſeyn. Herr Wirth, ſetzet ihr einen Schemel, befahl die Generalin, und zu den Weibe, meine liebe Frau, ſetzet euch zu uns, da- mit wir naͤher beyſammen ſeyn. Meine gute Frau, fuhr die Generalin fort, ich moͤchte doch gerne wiſſen und genauen Unterricht haben woheres mir komme, daß ſo bald ich etwas eſſe, wird mir uͤbel, ſodann faͤnget mir das Haupt an wehe zu thun, und endlich ziehet es ſich wie ein kalter Schauer durch den gantzen Leib, hierauf folget auf der lincken Seite eine fliegende Hitze, und pfleget ſich der Leib aufzudoͤhnen, denn ge- het es durch einen Schweiß aus. Gnaͤdige Frau, antwortete das Weib, das iſt nichts an- ders als die Mutter, welche vielerley Art iſt und allerley Kranckheiten an ſich nimmt, dieſelbe, wann ſie aus ihrem Lager kommen iſt, ſo gehet ſie nach der Speiſe in Magen, und zehret, das verurſachet eine Ubligkeit, und wird die Ma- gen-Mutter genennet. Dann laufft ſie aus dem Magen ins Gehirn, und verurſachet Schwindel und Kopff-Weh, und wird die Ge- hirn-Mutter geheiſſen, wann ſie nun daſelbſt genung gewuͤtet hat, ſo durchlaufft ſie den gan- tzen Leib, und ereignet erſtlich die Kaͤlte, biß ſie in die Miltz faͤllt, und wird die Miltz-Mutter be- D d 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/435
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/435>, abgerufen am 25.11.2024.