Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

nen, wann es auch gleich ein goldener mit
Diamanten versetzter Degen wäre, mit einen
mit Gold oder Silber beschlagenen Stock zu
tragen, und mit einen pathetischen Gange die
Erde zu treten, währender Rede gieng dieser
Patritius ihnen ohn einig Hutrucken vorbey,
sein Diener aber zog den Hut tieff ab, dem sie
auch danckten. Oho! sprach Eckarth, vor der
Zeit stoltzieren ist eine der grössesten Thorheit,
dieses aufgeblasenen Herrns Diener, könte
seiner Höflichkeit wegen schon vor, und sein
Herr ihme nachtreten. Hochmuth stehet kei-
nen Regenten, viel weniger einen Anfängling
und Lehr-Schüler des Staats an. Sanfft-
muth, Leuthseelig-und Höflichkeit, sind die
Stützen der Gunst des gemeinen Mannes,
welcher Zuneig-und Hochachtung zu haben,
ein solcher Mensch höchst-bemühet leben soll.
Threnacker sagte: Was fragt ein dergleichen
Schwülstling nach der Liebe und Gunst des
gemeinen Mannes/ den er nicht höher als ei-
nen Leibeignen Unterthanen achtet. Diese
Leuthe deren Herrschafft offters sich nicht wei-
ter erstreckt, als man mit einer Wind-Büchse
schiessen kan, sind von so hoher Einbildung
daß sie vermeynen, alle Thürme in der Stadt
müsten sich vor sie neigen, wann sie daher ge-
treten kommen. Aber was hilffts! Es ist

doch

nen, wann es auch gleich ein goldener mit
Diamanten verſetzter Degen waͤre, mit einen
mit Gold oder Silber beſchlagenen Stock zu
tragen, und mit einen pathetiſchen Gange die
Erde zu treten, waͤhrender Rede gieng dieſer
Patritius ihnen ohn einig Hutrucken vorbey,
ſein Diener aber zog den Hut tieff ab, dem ſie
auch danckten. Oho! ſprach Eckarth, vor der
Zeit ſtoltzieren iſt eine der groͤſſeſten Thorheit,
dieſes aufgeblaſenen Herrns Diener, koͤnte
ſeiner Hoͤflichkeit wegen ſchon vor, und ſein
Herr ihme nachtreten. Hochmuth ſtehet kei-
nen Regenten, viel weniger einen Anfaͤngling
und Lehr-Schuͤler des Staats an. Sanfft-
muth, Leuthſeelig-und Hoͤflichkeit, ſind die
Stuͤtzen der Gunſt des gemeinen Mannes,
welcher Zuneig-und Hochachtung zu haben,
ein ſolcher Menſch hoͤchſt-bemuͤhet leben ſoll.
Threnacker ſagte: Was fragt ein dergleichen
Schwuͤlſtling nach der Liebe und Gunſt des
gemeinen Mannes/ den er nicht hoͤher als ei-
nen Leibeignen Unterthanen achtet. Dieſe
Leuthe deren Herrſchafft offters ſich nicht wei-
ter erſtreckt, als man mit einer Wind-Buͤchſe
ſchieſſen kan, ſind von ſo hoher Einbildung
daß ſie vermeynen, alle Thuͤrme in der Stadt
muͤſten ſich vor ſie neigen, wann ſie daher ge-
treten kommen. Aber was hilffts! Es iſt

doch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0378" n="362"/>
nen, wann es auch gleich ein goldener mit<lb/><hi rendition="#aq">Diamant</hi>en ver&#x017F;etzter Degen wa&#x0364;re, mit einen<lb/>
mit Gold oder Silber be&#x017F;chlagenen Stock zu<lb/>
tragen, und mit einen <hi rendition="#aq">patheti</hi>&#x017F;chen Gange die<lb/>
Erde zu treten, wa&#x0364;hrender Rede gieng die&#x017F;er<lb/><hi rendition="#aq">Patritius</hi> ihnen ohn einig Hutrucken vorbey,<lb/>
&#x017F;ein Diener aber zog den Hut tieff ab, dem &#x017F;ie<lb/>
auch danckten. Oho! &#x017F;prach Eckarth, vor der<lb/>
Zeit &#x017F;toltzieren i&#x017F;t eine der gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Thorheit,<lb/>
die&#x017F;es aufgebla&#x017F;enen Herrns Diener, ko&#x0364;nte<lb/>
&#x017F;einer Ho&#x0364;flichkeit wegen &#x017F;chon vor, und &#x017F;ein<lb/>
Herr ihme nachtreten. Hochmuth &#x017F;tehet kei-<lb/>
nen <hi rendition="#aq">Regent</hi>en, viel weniger einen Anfa&#x0364;ngling<lb/>
und Lehr-Schu&#x0364;ler des Staats an. Sanfft-<lb/>
muth, Leuth&#x017F;eelig-und Ho&#x0364;flichkeit, &#x017F;ind die<lb/>
Stu&#x0364;tzen der Gun&#x017F;t des gemeinen Mannes,<lb/>
welcher Zuneig-und Hochachtung zu haben,<lb/>
ein &#x017F;olcher Men&#x017F;ch ho&#x0364;ch&#x017F;t-bemu&#x0364;het leben &#x017F;oll.<lb/>
Threnacker &#x017F;agte: Was fragt ein dergleichen<lb/>
Schwu&#x0364;l&#x017F;tling nach der Liebe und Gun&#x017F;t des<lb/>
gemeinen Mannes/ den er nicht ho&#x0364;her als ei-<lb/>
nen Leibeignen Unterthanen achtet. Die&#x017F;e<lb/>
Leuthe deren Herr&#x017F;chafft offters &#x017F;ich nicht wei-<lb/>
ter er&#x017F;treckt, als man mit einer Wind-Bu&#x0364;ch&#x017F;e<lb/>
&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en kan, &#x017F;ind von &#x017F;o hoher Einbildung<lb/>
daß &#x017F;ie vermeynen, alle Thu&#x0364;rme in der Stadt<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;ten &#x017F;ich vor &#x017F;ie neigen, wann &#x017F;ie daher ge-<lb/>
treten kommen. Aber was hilffts! Es i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">doch</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[362/0378] nen, wann es auch gleich ein goldener mit Diamanten verſetzter Degen waͤre, mit einen mit Gold oder Silber beſchlagenen Stock zu tragen, und mit einen pathetiſchen Gange die Erde zu treten, waͤhrender Rede gieng dieſer Patritius ihnen ohn einig Hutrucken vorbey, ſein Diener aber zog den Hut tieff ab, dem ſie auch danckten. Oho! ſprach Eckarth, vor der Zeit ſtoltzieren iſt eine der groͤſſeſten Thorheit, dieſes aufgeblaſenen Herrns Diener, koͤnte ſeiner Hoͤflichkeit wegen ſchon vor, und ſein Herr ihme nachtreten. Hochmuth ſtehet kei- nen Regenten, viel weniger einen Anfaͤngling und Lehr-Schuͤler des Staats an. Sanfft- muth, Leuthſeelig-und Hoͤflichkeit, ſind die Stuͤtzen der Gunſt des gemeinen Mannes, welcher Zuneig-und Hochachtung zu haben, ein ſolcher Menſch hoͤchſt-bemuͤhet leben ſoll. Threnacker ſagte: Was fragt ein dergleichen Schwuͤlſtling nach der Liebe und Gunſt des gemeinen Mannes/ den er nicht hoͤher als ei- nen Leibeignen Unterthanen achtet. Dieſe Leuthe deren Herrſchafft offters ſich nicht wei- ter erſtreckt, als man mit einer Wind-Buͤchſe ſchieſſen kan, ſind von ſo hoher Einbildung daß ſie vermeynen, alle Thuͤrme in der Stadt muͤſten ſich vor ſie neigen, wann ſie daher ge- treten kommen. Aber was hilffts! Es iſt doch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/378
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/378>, abgerufen am 19.05.2024.