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Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

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daß ohngefehr vor drey Jahren ein gewisser
Spanischer Cavallier, Nahmens Dominico
Landretz, Obrister über ein Regiment Infan-
terie,
lang von Person, ein Herr von 40.
Jahren/ zu unterschiedenen mahlen meinen
Herrn Vater besuchte; als er mich ersahe,
warff er eine Liebe auff mich; Jch als ein
Mägdlein von 15. Jahren, wuste in dessen
Liebkosen mich nicht zu finden, und dessen Be-
schenckungen kamen mir gantz frembde vor, bis
einsmahls meine Frau Mutter mich fragte:
wie mir der Obriste Landretz gefiele? Jch ant-
wortete, Hertzens Frau Mutter, er ist ein
vortrefflicher Cavallier, von ungemeinen
Qualitäten, und wohl werth/ daß man ihme
alle ersinnliche Ehren-Bezeugungen anthue.
Aber, versetzte meine Frau Mutter, köntest du
ihn auch wohl lieben, wann er dich zu seinen
Gemahl ausersehen hätte? Ach Frau Mut-
ter, antwortete ich: Das Lieben ist mir noch
unbekannt, und weil meine Jugend noch kei-
ne Erkänntniß desselben hat, so erlaube sie,
mich noch etliche Jahr in der Wirthschafft,
als andern anständlichen Jungfräulichen Tu-
genden zu unterrichten, so dann werde ich
demjenigen, was sie und mein Herr Vater
mir rathen werden, als einer gehorsamen
Tochter zukommt, nachleben. Hierbey hat-

te

daß ohngefehr vor drey Jahren ein gewiſſer
Spaniſcher Cavallier, Nahmens Dominico
Landretz, Obriſter uͤber ein Regiment Infan-
terie,
lang von Perſon, ein Herr von 40.
Jahren/ zu unterſchiedenen mahlen meinen
Herrn Vater beſuchte; als er mich erſahe,
warff er eine Liebe auff mich; Jch als ein
Maͤgdlein von 15. Jahren, wuſte in deſſen
Liebkoſen mich nicht zu finden, und deſſen Be-
ſchenckungen kamen mir gantz frembde vor, bis
einsmahls meine Frau Mutter mich fragte:
wie mir der Obriſte Landretz gefiele? Jch ant-
wortete, Hertzens Frau Mutter, er iſt ein
vortrefflicher Cavallier, von ungemeinen
Qualitaͤten, und wohl werth/ daß man ihme
alle erſinnliche Ehren-Bezeugungen anthue.
Aber, verſetzte meine Frau Mutter, koͤnteſt du
ihn auch wohl lieben, wann er dich zu ſeinen
Gemahl auserſehen haͤtte? Ach Frau Mut-
ter, antwortete ich: Das Lieben iſt mir noch
unbekannt, und weil meine Jugend noch kei-
ne Erkaͤnntniß deſſelben hat, ſo erlaube ſie,
mich noch etliche Jahr in der Wirthſchafft,
als andern anſtaͤndlichen Jungfraͤulichen Tu-
genden zu unterrichten, ſo dann werde ich
demjenigen, was ſie und mein Herr Vater
mir rathen werden, als einer gehorſamen
Tochter zukommt, nachleben. Hierbey hat-

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[239/0255] daß ohngefehr vor drey Jahren ein gewiſſer Spaniſcher Cavallier, Nahmens Dominico Landretz, Obriſter uͤber ein Regiment Infan- terie, lang von Perſon, ein Herr von 40. Jahren/ zu unterſchiedenen mahlen meinen Herrn Vater beſuchte; als er mich erſahe, warff er eine Liebe auff mich; Jch als ein Maͤgdlein von 15. Jahren, wuſte in deſſen Liebkoſen mich nicht zu finden, und deſſen Be- ſchenckungen kamen mir gantz frembde vor, bis einsmahls meine Frau Mutter mich fragte: wie mir der Obriſte Landretz gefiele? Jch ant- wortete, Hertzens Frau Mutter, er iſt ein vortrefflicher Cavallier, von ungemeinen Qualitaͤten, und wohl werth/ daß man ihme alle erſinnliche Ehren-Bezeugungen anthue. Aber, verſetzte meine Frau Mutter, koͤnteſt du ihn auch wohl lieben, wann er dich zu ſeinen Gemahl auserſehen haͤtte? Ach Frau Mut- ter, antwortete ich: Das Lieben iſt mir noch unbekannt, und weil meine Jugend noch kei- ne Erkaͤnntniß deſſelben hat, ſo erlaube ſie, mich noch etliche Jahr in der Wirthſchafft, als andern anſtaͤndlichen Jungfraͤulichen Tu- genden zu unterrichten, ſo dann werde ich demjenigen, was ſie und mein Herr Vater mir rathen werden, als einer gehorſamen Tochter zukommt, nachleben. Hierbey hat- te

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Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/255>, abgerufen am 22.11.2024.