Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

men, war gleich Jahr-Marckt, woselbst un-
terschiedene Qvacksalber ihre Sachen aufs be-
ste herausstrichen, unter welchen zwey fast zu
Schlägen kommen wären, indem immer einer
des andern Wahre verachtete; wann diesem
Unheil zu steuren ein Stadt-Rath ihnen einige
Uneinigkeit zu machen nicht bey Straffe ver-
bothen hätte. Unter denen war einer, der
wolte vor andere was sonderliches seyn, hatte
viel Leuthe, und womit er das Volck an sich
lockte, machte er nach Verkauffung seiner
Medicamente denenselben allezeit ein Lust-
oder Nach-Spiel. Er gab eine Artzeney aus,
die nannte er, Mors mortorum, oder der
Kranckheiten Todt. Dieser Marckt-Schrey-
er logirte eben in dem Wirthshause, wo unse-
re Reisende auch eingekehret waren, er gab ein
Paqvetlein vor 2. Groschen, und davon mu-
ste er so viel Volcks erhalten. Dieser Mann,
dem Ansehen nach corpulent und wohl Ge-
stalt, nachdem er seinen Kram gehalten hatte,
speisete nebenst seiner Ehe-Frau mit an des
Wirths Tisch. Eckarth suchte offt Gelegen-
heit mit ihme zu reden, dem er auf alle seine
Fragen mit einer sonderbahren Bescheidenheit
antwortete; Wie endlich Eckarth verspührte,
daß dieser Land-Artzt ein Liebhaber des Ta-
backs war, sprach er, nachdem er von Tisch

auf-
O 2

men, war gleich Jahr-Marckt, woſelbſt un-
terſchiedene Qvackſalber ihre Sachen aufs be-
ſte herausſtrichen, unter welchen zwey faſt zu
Schlaͤgen kommen waͤren, indem immer einer
des andern Wahre verachtete; wann dieſem
Unheil zu ſteuren ein Stadt-Rath ihnen einige
Uneinigkeit zu machen nicht bey Straffe ver-
bothen haͤtte. Unter denen war einer, der
wolte vor andere was ſonderliches ſeyn, hatte
viel Leuthe, und womit er das Volck an ſich
lockte, machte er nach Verkauffung ſeiner
Medicamente denenſelben allezeit ein Luſt-
oder Nach-Spiel. Er gab eine Artzeney aus,
die nannte er, Mors mortorum, oder der
Kranckheiten Todt. Dieſer Marckt-Schrey-
er logirte eben in dem Wirthshauſe, wo unſe-
re Reiſende auch eingekehret waren, er gab ein
Paqvetlein vor 2. Groſchen, und davon mu-
ſte er ſo viel Volcks erhalten. Dieſer Mann,
dem Anſehen nach corpulent und wohl Ge-
ſtalt, nachdem er ſeinen Kram gehalten hatte,
ſpeiſete nebenſt ſeiner Ehe-Frau mit an des
Wirths Tiſch. Eckarth ſuchte offt Gelegen-
heit mit ihme zu reden, dem er auf alle ſeine
Fragen mit einer ſonderbahren Beſcheidenheit
antwortete; Wie endlich Eckarth verſpuͤhrte,
daß dieſer Land-Artzt ein Liebhaber des Ta-
backs war, ſprach er, nachdem er von Tiſch

auf-
O 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0227" n="211"/>
men, war gleich Jahr-Marckt, wo&#x017F;elb&#x017F;t un-<lb/>
ter&#x017F;chiedene Qvack&#x017F;alber ihre Sachen aufs be-<lb/>
&#x017F;te heraus&#x017F;trichen, unter welchen zwey fa&#x017F;t zu<lb/>
Schla&#x0364;gen kommen wa&#x0364;ren, indem immer einer<lb/>
des andern Wahre verachtete; wann die&#x017F;em<lb/>
Unheil zu &#x017F;teuren ein Stadt-Rath ihnen einige<lb/>
Uneinigkeit zu machen nicht bey Straffe ver-<lb/>
bothen ha&#x0364;tte. Unter denen war einer, der<lb/>
wolte vor andere was &#x017F;onderliches &#x017F;eyn, hatte<lb/>
viel Leuthe, und womit er das Volck an &#x017F;ich<lb/>
lockte, machte er nach Verkauffung &#x017F;einer<lb/><hi rendition="#aq">Medicament</hi>e denen&#x017F;elben allezeit ein Lu&#x017F;t-<lb/>
oder Nach-Spiel. Er gab eine Artzeney aus,<lb/>
die nannte er, <hi rendition="#aq">Mors mortorum,</hi> oder der<lb/>
Kranckheiten Todt. Die&#x017F;er Marckt-Schrey-<lb/>
er <hi rendition="#aq">logi</hi>rte eben in dem Wirthshau&#x017F;e, wo un&#x017F;e-<lb/>
re Rei&#x017F;ende auch eingekehret waren, er gab ein<lb/>
Paqvetlein vor 2. Gro&#x017F;chen, und davon mu-<lb/>
&#x017F;te er &#x017F;o viel Volcks erhalten. Die&#x017F;er Mann,<lb/>
dem An&#x017F;ehen nach <hi rendition="#aq">corpulent</hi> und wohl Ge-<lb/>
&#x017F;talt, nachdem er &#x017F;einen Kram gehalten hatte,<lb/>
&#x017F;pei&#x017F;ete neben&#x017F;t &#x017F;einer Ehe-Frau mit an des<lb/>
Wirths Ti&#x017F;ch. Eckarth &#x017F;uchte offt Gelegen-<lb/>
heit mit ihme zu reden, dem er auf alle &#x017F;eine<lb/>
Fragen mit einer &#x017F;onderbahren Be&#x017F;cheidenheit<lb/>
antwortete; Wie endlich Eckarth ver&#x017F;pu&#x0364;hrte,<lb/>
daß die&#x017F;er Land-Artzt ein Liebhaber des Ta-<lb/>
backs war, &#x017F;prach er, nachdem er von Ti&#x017F;ch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 2</fw><fw place="bottom" type="catch">auf-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0227] men, war gleich Jahr-Marckt, woſelbſt un- terſchiedene Qvackſalber ihre Sachen aufs be- ſte herausſtrichen, unter welchen zwey faſt zu Schlaͤgen kommen waͤren, indem immer einer des andern Wahre verachtete; wann dieſem Unheil zu ſteuren ein Stadt-Rath ihnen einige Uneinigkeit zu machen nicht bey Straffe ver- bothen haͤtte. Unter denen war einer, der wolte vor andere was ſonderliches ſeyn, hatte viel Leuthe, und womit er das Volck an ſich lockte, machte er nach Verkauffung ſeiner Medicamente denenſelben allezeit ein Luſt- oder Nach-Spiel. Er gab eine Artzeney aus, die nannte er, Mors mortorum, oder der Kranckheiten Todt. Dieſer Marckt-Schrey- er logirte eben in dem Wirthshauſe, wo unſe- re Reiſende auch eingekehret waren, er gab ein Paqvetlein vor 2. Groſchen, und davon mu- ſte er ſo viel Volcks erhalten. Dieſer Mann, dem Anſehen nach corpulent und wohl Ge- ſtalt, nachdem er ſeinen Kram gehalten hatte, ſpeiſete nebenſt ſeiner Ehe-Frau mit an des Wirths Tiſch. Eckarth ſuchte offt Gelegen- heit mit ihme zu reden, dem er auf alle ſeine Fragen mit einer ſonderbahren Beſcheidenheit antwortete; Wie endlich Eckarth verſpuͤhrte, daß dieſer Land-Artzt ein Liebhaber des Ta- backs war, ſprach er, nachdem er von Tiſch auf- O 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/227
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/227>, abgerufen am 18.05.2024.