Ehre der Besuchung zu gönnen. Da denn umb bestimmte Zeit Eckarth mit Siegfried und Gotthart sich bey Wilhelm einstellen, ei- ne Stunde darauff kam der Diener vermel- dente: Daß die Braut käme/ unsere Reisen- de nahmen auf Anweisung Wilhelms die Fen- ster ein, siehe, da kam ein aller-liebste schöne Jungfrau, daß sie sich allerseits ihrer Hold- Leutseelig-und Frömmigkeit nebenst ihrer an- gebohrnen Schönheit verwunderten, doch vermerckte Eckarth eine ziemlich traurige Mi- ne in ihrem Gesichte, worauff er gegen Wil- helm sprach: Es scheinet diese Braut wird ihr den Bräutigam wohl nicht gerne genommen haben; freylich antwortete Wilhelm, zumah- len sie die Galantesten, so wohl von Gelehrten, als der Kauffmannschafft zu Freyern gehabt, ihr aber von den Vater, vornehmlich aber von ihrer eigen-nützigen Stieff-Mutter, welche auch diese Heyrath eben so gerne als die Vori- gen siehet, vernichtiget worden, indem ihr höchster Wuntsch wäre, wann sie sich nur mit dem Tode vermählen wolte, damit sie so dann das Wenige, so der Braut von Rechts-wegen noch zukommt, ihren Kindern zufallen möch- te. Ja! Ja! versetzte Eckarth, solche Kräut- lein sind etliche Stieff-Mütter, bevoraus wann ihnen die Lauß in Grind kommt, und sie
ihre
Ehre der Beſuchung zu goͤnnen. Da denn umb beſtimmte Zeit Eckarth mit Siegfried und Gotthart ſich bey Wilhelm einſtellen, ei- ne Stunde darauff kam der Diener vermel- dente: Daß die Braut kaͤme/ unſere Reiſen- de nahmen auf Anweiſung Wilhelms die Fen- ſter ein, ſiehe, da kam ein aller-liebſte ſchoͤne Jungfrau, daß ſie ſich allerſeits ihrer Hold- Leutſeelig-und Froͤmmigkeit nebenſt ihrer an- gebohrnen Schoͤnheit verwunderten, doch vermerckte Eckarth eine ziemlich traurige Mi- ne in ihrem Geſichte, worauff er gegen Wil- helm ſprach: Es ſcheinet dieſe Braut wird ihr den Braͤutigam wohl nicht gerne genommen haben; freylich antwortete Wilhelm, zumah- len ſie die Galanteſten, ſo wohl von Gelehrten, als der Kauffmannſchafft zu Freyern gehabt, ihr aber von den Vater, vornehmlich aber von ihrer eigen-nuͤtzigen Stieff-Mutter, welche auch dieſe Heyrath eben ſo gerne als die Vori- gen ſiehet, vernichtiget worden, indem ihr hoͤchſter Wuntſch waͤre, wann ſie ſich nur mit dem Tode vermaͤhlen wolte, damit ſie ſo dann das Wenige, ſo der Braut von Rechts-wegen noch zukommt, ihren Kindern zufallen moͤch- te. Ja! Ja! verſetzte Eckarth, ſolche Kraͤut- lein ſind etliche Stieff-Muͤtter, bevoraus wann ihnen die Lauß in Grind kommt, und ſie
ihre
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Ehre der Beſuchung zu goͤnnen. Da denn
umb beſtimmte Zeit Eckarth mit Siegfried
und Gotthart ſich bey Wilhelm einſtellen, ei-
ne Stunde darauff kam der Diener vermel-
dente: Daß die Braut kaͤme/ unſere Reiſen-
de nahmen auf Anweiſung Wilhelms die Fen-
ſter ein, ſiehe, da kam ein aller-liebſte ſchoͤne
Jungfrau, daß ſie ſich allerſeits ihrer Hold-
Leutſeelig-und Froͤmmigkeit nebenſt ihrer an-
gebohrnen Schoͤnheit verwunderten, doch
vermerckte Eckarth eine ziemlich traurige Mi-
ne in ihrem Geſichte, worauff er gegen Wil-
helm ſprach: Es ſcheinet dieſe Braut wird ihr
den Braͤutigam wohl nicht gerne genommen
haben; freylich antwortete Wilhelm, zumah-
len ſie die Galanteſten, ſo wohl von Gelehrten,
als der Kauffmannſchafft zu Freyern gehabt,
ihr aber von den Vater, vornehmlich aber von
ihrer eigen-nuͤtzigen Stieff-Mutter, welche
auch dieſe Heyrath eben ſo gerne als die Vori-
gen ſiehet, vernichtiget worden, indem ihr
hoͤchſter Wuntſch waͤre, wann ſie ſich nur mit
dem Tode vermaͤhlen wolte, damit ſie ſo dann
das Wenige, ſo der Braut von Rechts-wegen
noch zukommt, ihren Kindern zufallen moͤch-
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Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]
Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Eckharts Medicinischen Maul-Affens" von Johann Christoph Ettner von Eiteritz wurde 1694 veröffentlicht. Die verwendete Ausgabe von 1719 stellt eine überarbeitete Ausgabe der ersten Ausgabe dar. Da die Ausgabe von 1694 im Projektzeitraum nicht zur Verfügung stand, musste die Ausgabe von 1719 verwendet werden.
Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/219>, abgerufen am 22.11.2024.
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