Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite



Vätern ausgebethen hatte, blieben die Ernd-
te-Zeit über bey Eckarth, der sie die Zeit über
in allerhand Exercitiis fleißig übete, und wie
man sich auf Reisen verhalten soll, getreulich
informirte. Einsmahls als sie bey denen
Schnittern stunden, geschah es, daß auff der
Strasse von Fliard her, ein hauffen Volcks
einen reitenden Kerl, der zum offtern stille hielt,
nach lieff, und von dem nähesten Dorffe Rei-
da, das ein Viertel Weges von Liddo und
unter ein Kirchspiel gehörete, war. Als
sie nun näherten, vernahm man unterweilen
ein lautendes Lachen: Eckarth und die jungen
Herren giengen von Acker gegen die Strasse,
um zu sehen, was dieses vor ein poßirlicher
Auffzug wäre; Siehe! da saß ein angekleide-
ter Ziegeuner zu Pferde, hatte eine sechsfache
Kette von ausgenommenen Zähnen über den
Rock hangend, auf der lincken Achsel eine
Meer-Katze sitzend, und an Sattel-Knopff
eine grosse Tasche mit seinen Werck-Zeuge
hängend. Schauet! sprach Eckarth zu bey-
den Jünglingen, einen Medicinischen
Maul-Affen
der geringeren Sorte, einen
Betrüger, der mit sonderlichen Griffen denen
Leuthen das Geld aus den Säckel practiciren
kan; Als dieser an sie kam, und an Eckar-
then muthmaßte, er müsse der Herr des Dorf-

fes
H 2



Vaͤtern ausgebethen hatte, blieben die Ernd-
te-Zeit uͤber bey Eckarth, der ſie die Zeit uͤber
in allerhand Exercitiis fleißig uͤbete, und wie
man ſich auf Reiſen verhalten ſoll, getreulich
informirte. Einsmahls als ſie bey denen
Schnittern ſtunden, geſchah es, daß auff der
Straſſe von Fliard her, ein hauffen Volcks
einen reitenden Kerl, der zum offtern ſtille hielt,
nach lieff, und von dem naͤheſten Dorffe Rei-
da, das ein Viertel Weges von Liddo und
unter ein Kirchſpiel gehoͤrete, war. Als
ſie nun naͤherten, vernahm man unterweilen
ein lautendes Lachen: Eckarth und die jungen
Herren giengen von Acker gegen die Straſſe,
um zu ſehen, was dieſes vor ein poßirlicher
Auffzug waͤre; Siehe! da ſaß ein angekleide-
ter Ziegeuner zu Pferde, hatte eine ſechsfache
Kette von ausgenommenen Zaͤhnen uͤber den
Rock hangend, auf der lincken Achſel eine
Meer-Katze ſitzend, und an Sattel-Knopff
eine groſſe Taſche mit ſeinen Werck-Zeuge
haͤngend. Schauet! ſprach Eckarth zu bey-
den Juͤnglingen, einen Mediciniſchen
Maul-Affen
der geringeren Sorte, einen
Betruͤger, der mit ſonderlichen Griffen denen
Leuthen das Geld aus den Saͤckel practiciren
kan; Als dieſer an ſie kam, und an Eckar-
then muthmaßte, er muͤſſe der Herr des Dorf-

fes
H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0131" n="115"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Va&#x0364;tern ausgebethen hatte, blieben die Ernd-<lb/>
te-Zeit u&#x0364;ber bey Eckarth, der &#x017F;ie die Zeit u&#x0364;ber<lb/>
in allerhand <hi rendition="#aq">Exercitiis</hi> fleißig u&#x0364;bete, und wie<lb/>
man &#x017F;ich auf Rei&#x017F;en verhalten &#x017F;oll, getreulich<lb/><hi rendition="#aq">informi</hi>rte. Einsmahls als &#x017F;ie bey denen<lb/>
Schnittern &#x017F;tunden, ge&#x017F;chah es, daß auff der<lb/>
Stra&#x017F;&#x017F;e von <hi rendition="#aq">Fliard</hi> her, ein hauffen Volcks<lb/>
einen reitenden Kerl, der zum offtern &#x017F;tille hielt,<lb/>
nach lieff, und von dem na&#x0364;he&#x017F;ten Dorffe Rei-<lb/>
da, das ein Viertel Weges von <hi rendition="#aq">Liddo</hi> und<lb/>
unter ein Kirch&#x017F;piel geho&#x0364;rete, war. Als<lb/>
&#x017F;ie nun na&#x0364;herten, vernahm man unterweilen<lb/>
ein lautendes Lachen: Eckarth und die jungen<lb/>
Herren giengen von Acker gegen die Stra&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
um zu &#x017F;ehen, was die&#x017F;es vor ein poßirlicher<lb/>
Auffzug wa&#x0364;re; Siehe! da &#x017F;aß ein angekleide-<lb/>
ter Ziegeuner zu Pferde, hatte eine &#x017F;echsfache<lb/>
Kette von ausgenommenen Za&#x0364;hnen u&#x0364;ber den<lb/>
Rock hangend, auf der lincken Ach&#x017F;el eine<lb/>
Meer-Katze &#x017F;itzend, und an Sattel-Knopff<lb/>
eine gro&#x017F;&#x017F;e Ta&#x017F;che mit &#x017F;einen Werck-Zeuge<lb/>
ha&#x0364;ngend. Schauet! &#x017F;prach Eckarth zu bey-<lb/>
den Ju&#x0364;nglingen, einen <hi rendition="#aq">Medicini</hi><hi rendition="#fr">&#x017F;chen<lb/>
Maul-Affen</hi> der geringeren <hi rendition="#aq">Sort</hi>e, einen<lb/>
Betru&#x0364;ger, der mit &#x017F;onderlichen Griffen denen<lb/>
Leuthen das Geld aus den Sa&#x0364;ckel <hi rendition="#aq">practici</hi>ren<lb/>
kan; Als die&#x017F;er an &#x017F;ie kam, und an Eckar-<lb/>
then muthmaßte, er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Herr des Dorf-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><fw place="bottom" type="catch">fes</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0131] Vaͤtern ausgebethen hatte, blieben die Ernd- te-Zeit uͤber bey Eckarth, der ſie die Zeit uͤber in allerhand Exercitiis fleißig uͤbete, und wie man ſich auf Reiſen verhalten ſoll, getreulich informirte. Einsmahls als ſie bey denen Schnittern ſtunden, geſchah es, daß auff der Straſſe von Fliard her, ein hauffen Volcks einen reitenden Kerl, der zum offtern ſtille hielt, nach lieff, und von dem naͤheſten Dorffe Rei- da, das ein Viertel Weges von Liddo und unter ein Kirchſpiel gehoͤrete, war. Als ſie nun naͤherten, vernahm man unterweilen ein lautendes Lachen: Eckarth und die jungen Herren giengen von Acker gegen die Straſſe, um zu ſehen, was dieſes vor ein poßirlicher Auffzug waͤre; Siehe! da ſaß ein angekleide- ter Ziegeuner zu Pferde, hatte eine ſechsfache Kette von ausgenommenen Zaͤhnen uͤber den Rock hangend, auf der lincken Achſel eine Meer-Katze ſitzend, und an Sattel-Knopff eine groſſe Taſche mit ſeinen Werck-Zeuge haͤngend. Schauet! ſprach Eckarth zu bey- den Juͤnglingen, einen Mediciniſchen Maul-Affen der geringeren Sorte, einen Betruͤger, der mit ſonderlichen Griffen denen Leuthen das Geld aus den Saͤckel practiciren kan; Als dieſer an ſie kam, und an Eckar- then muthmaßte, er muͤſſe der Herr des Dorf- fes H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/131
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/131>, abgerufen am 24.11.2024.