Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719.

Bild:
<< vorherige Seite

te man bißweilen mit den jetzigen Artzney-Affen
auch auf gleiche Weiß verfahren und ihre biß an
Himmel erhebte Medicamenten an ihnen selb-
sten probiren lassen/ ich wolte wetten mancher
Kleingläubige würde ihnen nicht nachfolgen/
und viel tausend solten noch bey dem Leben seyn/
die nunmehro in der kalten Erde ruhen/ aber
heutiges Tages seyn die Artzney-Affen viel ge-
scheidter/ sie schütteln den Kopff darzu/ und wol-
len ihre eigene Hand zu keinem Probir-Stein
machen. Jch habe vor etlichen Monathen ei-
ne solche Hoch-erfahrne Aeffin/ und gern seyn-
wollende Doctorin in meiner Cur gehabt/ als
ich ihr aber vorgehalten/ warumb sie mich be-
ruffet/ da sie doch selbsten wüste mit herrlichen
Medicamenten umbzugehen/ und viel curirt
hätte/ da erhielte ich zur Antwort/ daß sie zwar
vielen köstliche Artzney gegeben aber bey ihr
möchte sie es nicht wagen; Jch fragte weiter
umb dessen Ursach/ bekame aber keine andere/
als daß sie sich fürchte es möchte ihr schaden/
derohalben sie lieber meinem Rath folgen wol-
te. Jch ermahnete ferner diese Clystir-ver-
ständige Sybillam auf jene Christliche Lehr/
quod tibi non vis fieri, alteri ne feceris, daß
sie es bey andern auch nicht wagen sollte/ wann
sie solches bey ihr selbsten zu wagen ein Bedencken
trüge/ indem/ dem Nächsten sein Leben so lieb

ist

te man bißweilen mit den jetzigen Artzney-Affen
auch auf gleiche Weiß verfahren und ihre biß an
Himmel erhebte Medicamenten an ihnen ſelb-
ſten probiren laſſen/ ich wolte wetten mancher
Kleinglaͤubige wuͤrde ihnen nicht nachfolgen/
und viel tauſend ſolten noch bey dem Leben ſeyn/
die nunmehro in der kalten Erde ruhen/ aber
heutiges Tages ſeyn die Artzney-Affen viel ge-
ſcheidter/ ſie ſchuͤtteln den Kopff darzu/ und wol-
len ihre eigene Hand zu keinem Probir-Stein
machen. Jch habe vor etlichen Monathen ei-
ne ſolche Hoch-erfahrne Aeffin/ und gern ſeyn-
wollende Doctorin in meiner Cur gehabt/ als
ich ihr aber vorgehalten/ warumb ſie mich be-
ruffet/ da ſie doch ſelbſten wuͤſte mit herrlichen
Medicamenten umbzugehen/ und viel curirt
haͤtte/ da erhielte ich zur Antwort/ daß ſie zwar
vielen koͤſtliche Artzney gegeben aber bey ihr
moͤchte ſie es nicht wagen; Jch fragte weiter
umb deſſen Urſach/ bekame aber keine andere/
als daß ſie ſich fuͤrchte es moͤchte ihr ſchaden/
derohalben ſie lieber meinem Rath folgen wol-
te. Jch ermahnete ferner dieſe Clyſtir-ver-
ſtaͤndige Sybillam auf jene Chriſtliche Lehr/
quod tibi non vis fieri, alteri ne feceris, daß
ſie es bey andern auch nicht wagen ſollte/ wann
ſie ſolches bey ihr ſelbſtẽ zu wagen ein Bedencken
truͤge/ indem/ dem Naͤchſten ſein Leben ſo lieb

iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f1083" n="1067"/>
te man bißweilen mit den jetzigen Artzney-Affen<lb/>
auch auf gleiche Weiß verfahren und ihre biß an<lb/>
Himmel erhebte <hi rendition="#aq">Medicament</hi>en an ihnen &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;ten <hi rendition="#aq">probir</hi>en la&#x017F;&#x017F;en/ ich wolte wetten mancher<lb/>
Kleingla&#x0364;ubige wu&#x0364;rde ihnen nicht nachfolgen/<lb/>
und viel tau&#x017F;end &#x017F;olten noch bey dem Leben &#x017F;eyn/<lb/>
die nunmehro in der kalten Erde ruhen/ aber<lb/>
heutiges Tages &#x017F;eyn die Artzney-Affen viel ge-<lb/>
&#x017F;cheidter/ &#x017F;ie &#x017F;chu&#x0364;tteln den Kopff darzu/ und wol-<lb/>
len ihre eigene Hand zu keinem Probir-Stein<lb/>
machen. Jch habe vor etlichen Monathen ei-<lb/>
ne &#x017F;olche Hoch-erfahrne Aeffin/ und gern &#x017F;eyn-<lb/>
wollende <hi rendition="#aq">Doctor</hi>in in meiner <hi rendition="#aq">Cur</hi> gehabt/ als<lb/>
ich ihr aber vorgehalten/ warumb &#x017F;ie mich be-<lb/>
ruffet/ da &#x017F;ie doch &#x017F;elb&#x017F;ten wu&#x0364;&#x017F;te mit herrlichen<lb/><hi rendition="#aq">Medicament</hi>en umbzugehen/ und viel <hi rendition="#aq">curirt</hi><lb/>
ha&#x0364;tte/ da erhielte ich zur Antwort/ daß &#x017F;ie zwar<lb/>
vielen ko&#x0364;&#x017F;tliche Artzney gegeben aber bey ihr<lb/>
mo&#x0364;chte &#x017F;ie es nicht wagen; Jch fragte weiter<lb/>
umb de&#x017F;&#x017F;en Ur&#x017F;ach/ bekame aber keine andere/<lb/>
als daß &#x017F;ie &#x017F;ich fu&#x0364;rchte es mo&#x0364;chte ihr &#x017F;chaden/<lb/>
derohalben &#x017F;ie lieber meinem Rath folgen wol-<lb/>
te. Jch ermahnete ferner die&#x017F;e Cly&#x017F;tir-ver-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndige <hi rendition="#aq">Sybillam</hi> auf jene Chri&#x017F;tliche Lehr/<lb/><hi rendition="#aq">quod tibi non vis fieri, alteri ne feceris,</hi> daß<lb/>
&#x017F;ie es bey andern auch nicht wagen &#x017F;ollte/ wann<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;olches bey ihr &#x017F;elb&#x017F;te&#x0303; zu wagen ein Bedencken<lb/>
tru&#x0364;ge/ indem/ dem Na&#x0364;ch&#x017F;ten &#x017F;ein Leben &#x017F;o lieb<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">i&#x017F;t</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1067/1083] te man bißweilen mit den jetzigen Artzney-Affen auch auf gleiche Weiß verfahren und ihre biß an Himmel erhebte Medicamenten an ihnen ſelb- ſten probiren laſſen/ ich wolte wetten mancher Kleinglaͤubige wuͤrde ihnen nicht nachfolgen/ und viel tauſend ſolten noch bey dem Leben ſeyn/ die nunmehro in der kalten Erde ruhen/ aber heutiges Tages ſeyn die Artzney-Affen viel ge- ſcheidter/ ſie ſchuͤtteln den Kopff darzu/ und wol- len ihre eigene Hand zu keinem Probir-Stein machen. Jch habe vor etlichen Monathen ei- ne ſolche Hoch-erfahrne Aeffin/ und gern ſeyn- wollende Doctorin in meiner Cur gehabt/ als ich ihr aber vorgehalten/ warumb ſie mich be- ruffet/ da ſie doch ſelbſten wuͤſte mit herrlichen Medicamenten umbzugehen/ und viel curirt haͤtte/ da erhielte ich zur Antwort/ daß ſie zwar vielen koͤſtliche Artzney gegeben aber bey ihr moͤchte ſie es nicht wagen; Jch fragte weiter umb deſſen Urſach/ bekame aber keine andere/ als daß ſie ſich fuͤrchte es moͤchte ihr ſchaden/ derohalben ſie lieber meinem Rath folgen wol- te. Jch ermahnete ferner dieſe Clyſtir-ver- ſtaͤndige Sybillam auf jene Chriſtliche Lehr/ quod tibi non vis fieri, alteri ne feceris, daß ſie es bey andern auch nicht wagen ſollte/ wann ſie ſolches bey ihr ſelbſtẽ zu wagen ein Bedencken truͤge/ indem/ dem Naͤchſten ſein Leben ſo lieb iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Das frühste nachzuweisende Werk: "Des getreuen Ec… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/1083
Zitationshilfe: Ettner von Eiteritz, Johann Christoph: Des getreuen Eckarths Medicinischer Maul-Affe Oder der Entlarvte Marckt-Schreyer. [2. Aufl.]. Frankfurt (Main), 1719, S. 1067. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eiteritz_affe_1719/1083>, abgerufen am 13.10.2024.