schnell zu mir ein und blieb am Fenster stehen. -- "Der gnädige Herr ist gestern von seiner Reise zurückgekom¬ men," sagte sie eilfertig. "So?" entgegnete ich verwun¬ dert -- denn ich hatte mich schon seit einigen Wochen um nichts bekümmert, und wußte nicht einmal, daß der Herr auf Reisen war, -- "da wird seine Tochter, die junge gnädige Frau, auch große Freude gehabt haben." -- Die Kammerjungfer sah mich kurios von oben bis un¬ ten an, so daß ich mich ordentlich selber besinnen mußte, ob ich was Dummes gesagt hätte. -- "Er weiß aber auch gar nichts," sagte sie endlich und rümpfte das kleine Näschen. "Nun," fuhr sie fort, "es soll heute Abend dem Herrn zu Ehren Tanz im Schlosse seyn und Maskerade. Meine gnädige Frau wird auch mas¬ kirt seyn, als Gärtnerin -- versteht er auch recht -- als Gärtnerin. Nun hat die gnädige Frau gesehen, daß er besonders schöne Blumen hat in seinem Gar¬ ten." -- Das ist seltsam, dachte ich bei mir selbst, man sieht doch jetzt fast keine Blumen mehr vor Unkraut. -- Sie aber fuhr fort: "Da nun die gnädige Frau schö¬ ne Blumen zu ihrem Anzuge braucht, aber ganz fri¬ sche, die eben vom Beete kommen, so soll Er ihr wel¬ che bringen und heute Abend, wenns dunkel geworden ist, damit unter dem großen Birnbaum im Schlo߬ garten warten, da wird sie dann kommen und die Blumen abholen."
Ich war ganz verblüfft vor Freude über diese Nach¬ richt, und lief in meiner Entzückung vom Fenster zu der Kammerjungfer hinaus. --
ſchnell zu mir ein und blieb am Fenſter ſtehen. — „Der gnaͤdige Herr iſt geſtern von ſeiner Reiſe zuruͤckgekom¬ men,“ ſagte ſie eilfertig. „So?“ entgegnete ich verwun¬ dert — denn ich hatte mich ſchon ſeit einigen Wochen um nichts bekuͤmmert, und wußte nicht einmal, daß der Herr auf Reiſen war, — „da wird ſeine Tochter, die junge gnaͤdige Frau, auch große Freude gehabt haben.“ — Die Kammerjungfer ſah mich kurios von oben bis un¬ ten an, ſo daß ich mich ordentlich ſelber beſinnen mußte, ob ich was Dummes geſagt haͤtte. — „Er weiß aber auch gar nichts,“ ſagte ſie endlich und ruͤmpfte das kleine Naͤschen. „Nun,“ fuhr ſie fort, „es ſoll heute Abend dem Herrn zu Ehren Tanz im Schloſſe ſeyn und Maskerade. Meine gnaͤdige Frau wird auch mas¬ kirt ſeyn, als Gaͤrtnerin — verſteht er auch recht — als Gaͤrtnerin. Nun hat die gnaͤdige Frau geſehen, daß er beſonders ſchoͤne Blumen hat in ſeinem Gar¬ ten.“ — Das iſt ſeltſam, dachte ich bei mir ſelbſt, man ſieht doch jetzt faſt keine Blumen mehr vor Unkraut. — Sie aber fuhr fort: „Da nun die gnaͤdige Frau ſchoͤ¬ ne Blumen zu ihrem Anzuge braucht, aber ganz fri¬ ſche, die eben vom Beete kommen, ſo ſoll Er ihr wel¬ che bringen und heute Abend, wenns dunkel geworden iſt, damit unter dem großen Birnbaum im Schlo߬ garten warten, da wird ſie dann kommen und die Blumen abholen.“
Ich war ganz verbluͤfft vor Freude uͤber dieſe Nach¬ richt, und lief in meiner Entzuͤckung vom Fenſter zu der Kammerjungfer hinaus. —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0034"n="24"/>ſchnell zu mir ein und blieb am Fenſter ſtehen. —„Der<lb/>
gnaͤdige Herr iſt geſtern von ſeiner Reiſe zuruͤckgekom¬<lb/>
men,“ſagte ſie eilfertig. „So?“ entgegnete ich verwun¬<lb/>
dert — denn ich hatte mich ſchon ſeit einigen Wochen<lb/>
um nichts bekuͤmmert, und wußte nicht einmal, daß der<lb/>
Herr auf Reiſen war, —„da wird ſeine Tochter, die<lb/>
junge gnaͤdige Frau, auch große Freude gehabt haben.“—<lb/>
Die Kammerjungfer ſah mich kurios von oben bis un¬<lb/>
ten an, ſo daß ich mich ordentlich ſelber beſinnen<lb/>
mußte, ob ich was Dummes geſagt haͤtte. —„Er weiß<lb/>
aber auch gar nichts,“ſagte ſie endlich und ruͤmpfte<lb/>
das kleine Naͤschen. „Nun,“ fuhr ſie fort, „es ſoll heute<lb/>
Abend dem Herrn zu Ehren Tanz im Schloſſe ſeyn<lb/>
und Maskerade. Meine gnaͤdige Frau wird auch mas¬<lb/>
kirt ſeyn, als Gaͤrtnerin — verſteht er auch recht —<lb/>
als Gaͤrtnerin. Nun hat die gnaͤdige Frau geſehen,<lb/>
daß er beſonders ſchoͤne Blumen hat in ſeinem Gar¬<lb/>
ten.“— Das iſt ſeltſam, dachte ich bei mir ſelbſt, man<lb/>ſieht doch jetzt faſt keine Blumen mehr vor Unkraut. —<lb/>
Sie aber fuhr fort: „Da nun die gnaͤdige Frau ſchoͤ¬<lb/>
ne Blumen zu ihrem Anzuge braucht, aber ganz fri¬<lb/>ſche, die eben vom Beete kommen, ſo ſoll Er ihr wel¬<lb/>
che bringen und heute Abend, wenns dunkel geworden<lb/>
iſt, damit unter dem großen Birnbaum im Schlo߬<lb/>
garten warten, da wird ſie dann kommen und die<lb/>
Blumen abholen.“</p><lb/><p>Ich war ganz verbluͤfft vor Freude uͤber dieſe Nach¬<lb/>
richt, und lief in meiner Entzuͤckung vom Fenſter zu<lb/>
der Kammerjungfer hinaus. —<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[24/0034]
ſchnell zu mir ein und blieb am Fenſter ſtehen. — „Der
gnaͤdige Herr iſt geſtern von ſeiner Reiſe zuruͤckgekom¬
men,“ ſagte ſie eilfertig. „So?“ entgegnete ich verwun¬
dert — denn ich hatte mich ſchon ſeit einigen Wochen
um nichts bekuͤmmert, und wußte nicht einmal, daß der
Herr auf Reiſen war, — „da wird ſeine Tochter, die
junge gnaͤdige Frau, auch große Freude gehabt haben.“ —
Die Kammerjungfer ſah mich kurios von oben bis un¬
ten an, ſo daß ich mich ordentlich ſelber beſinnen
mußte, ob ich was Dummes geſagt haͤtte. — „Er weiß
aber auch gar nichts,“ ſagte ſie endlich und ruͤmpfte
das kleine Naͤschen. „Nun,“ fuhr ſie fort, „es ſoll heute
Abend dem Herrn zu Ehren Tanz im Schloſſe ſeyn
und Maskerade. Meine gnaͤdige Frau wird auch mas¬
kirt ſeyn, als Gaͤrtnerin — verſteht er auch recht —
als Gaͤrtnerin. Nun hat die gnaͤdige Frau geſehen,
daß er beſonders ſchoͤne Blumen hat in ſeinem Gar¬
ten.“ — Das iſt ſeltſam, dachte ich bei mir ſelbſt, man
ſieht doch jetzt faſt keine Blumen mehr vor Unkraut. —
Sie aber fuhr fort: „Da nun die gnaͤdige Frau ſchoͤ¬
ne Blumen zu ihrem Anzuge braucht, aber ganz fri¬
ſche, die eben vom Beete kommen, ſo ſoll Er ihr wel¬
che bringen und heute Abend, wenns dunkel geworden
iſt, damit unter dem großen Birnbaum im Schlo߬
garten warten, da wird ſie dann kommen und die
Blumen abholen.“
Ich war ganz verbluͤfft vor Freude uͤber dieſe Nach¬
richt, und lief in meiner Entzuͤckung vom Fenſter zu
der Kammerjungfer hinaus. —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/34>, abgerufen am 24.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.