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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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Die Stimme und das Lied klang mir so wunder¬
lich, und doch wieder so altbekannt, als hätte ich's ir¬
gend einmal im Traume gehört. Ich dachte lange,
lange nach. -- "Das ist der Herr Guido!" rief ich end¬
lich voller Freude, und schwang mich schnell in den
Garten hinunter -- es war dasselbe Lied, das er an
jenem Sommerabend auf dem Balkon des italienischen
Wirthshauses sang, wo ich ihn zum letztenmal gesehn
hatte.

Er sang noch immer fort, ich aber sprang über
Beete und Hecken dem Liede nach. Als ich nun zwi¬
schen den letzten Rosensträuchern hervor trat, blieb ich
plötzlich wie verzaubert stehen. Denn auf dem grünen
Platze am Schwanenteich, recht vom Abendroth beschie¬
nen, saß die schöne gnädige Frau, in einem prächtigen
Kleide und einem Kranz von weißen und rothen Ro¬
sen in dem schwarzen Haar, mit niedergeschlagenen Au¬
gen auf einer Steinbank und spielte während des Lie¬
des mit ihrer Reitgerte vor sich auf dem Rasen, grade
so wie damals auf dem Kahne, da ich ihr das Lied von
der schönen Frau vorsingen mußte. Ihr gegenüber saß
eine andre junge Dame, die hatte den weißen runden
Nacken voll brauner Locken gegen mich gewendet, und
sang zur Guitarre, während die Schwäne auf dem
stillen Weiher langsam im Kreise herumschwammen. --
Da hob die schöne Frau auf einmal die Augen, und
schrie laut auf, da sie mich erblickte. Die andere Dame
wandte sich rasch nach mir herum, daß ihr die Locken
ins Gesicht flogen, und da sie mich recht ansah, brach

Die Stimme und das Lied klang mir ſo wunder¬
lich, und doch wieder ſo altbekannt‚ als haͤtte ich's ir¬
gend einmal im Traume gehoͤrt. Ich dachte lange,
lange nach. — „Das iſt der Herr Guido!“ rief ich end¬
lich voller Freude, und ſchwang mich ſchnell in den
Garten hinunter — es war daſſelbe Lied, das er an
jenem Sommerabend auf dem Balkon des italieniſchen
Wirthshauſes ſang, wo ich ihn zum letztenmal geſehn
hatte.

Er ſang noch immer fort, ich aber ſprang uͤber
Beete und Hecken dem Liede nach. Als ich nun zwi¬
ſchen den letzten Roſenſtraͤuchern hervor trat, blieb ich
ploͤtzlich wie verzaubert ſtehen. Denn auf dem gruͤnen
Platze am Schwanenteich, recht vom Abendroth beſchie¬
nen, ſaß die ſchoͤne gnaͤdige Frau, in einem praͤchtigen
Kleide und einem Kranz von weißen und rothen Ro¬
ſen in dem ſchwarzen Haar, mit niedergeſchlagenen Au¬
gen auf einer Steinbank und ſpielte waͤhrend des Lie¬
des mit ihrer Reitgerte vor ſich auf dem Raſen, grade
ſo wie damals auf dem Kahne, da ich ihr das Lied von
der ſchoͤnen Frau vorſingen mußte. Ihr gegenuͤber ſaß
eine andre junge Dame, die hatte den weißen runden
Nacken voll brauner Locken gegen mich gewendet, und
ſang zur Guitarre, waͤhrend die Schwaͤne auf dem
ſtillen Weiher langſam im Kreiſe herumſchwammen. —
Da hob die ſchoͤne Frau auf einmal die Augen, und
ſchrie laut auf, da ſie mich erblickte. Die andere Dame
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ins Geſicht flogen, und da ſie mich recht anſah, brach

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[126/0136] Die Stimme und das Lied klang mir ſo wunder¬ lich, und doch wieder ſo altbekannt‚ als haͤtte ich's ir¬ gend einmal im Traume gehoͤrt. Ich dachte lange, lange nach. — „Das iſt der Herr Guido!“ rief ich end¬ lich voller Freude, und ſchwang mich ſchnell in den Garten hinunter — es war daſſelbe Lied, das er an jenem Sommerabend auf dem Balkon des italieniſchen Wirthshauſes ſang, wo ich ihn zum letztenmal geſehn hatte. Er ſang noch immer fort, ich aber ſprang uͤber Beete und Hecken dem Liede nach. Als ich nun zwi¬ ſchen den letzten Roſenſtraͤuchern hervor trat, blieb ich ploͤtzlich wie verzaubert ſtehen. Denn auf dem gruͤnen Platze am Schwanenteich, recht vom Abendroth beſchie¬ nen, ſaß die ſchoͤne gnaͤdige Frau, in einem praͤchtigen Kleide und einem Kranz von weißen und rothen Ro¬ ſen in dem ſchwarzen Haar, mit niedergeſchlagenen Au¬ gen auf einer Steinbank und ſpielte waͤhrend des Lie¬ des mit ihrer Reitgerte vor ſich auf dem Raſen, grade ſo wie damals auf dem Kahne, da ich ihr das Lied von der ſchoͤnen Frau vorſingen mußte. Ihr gegenuͤber ſaß eine andre junge Dame, die hatte den weißen runden Nacken voll brauner Locken gegen mich gewendet, und ſang zur Guitarre, waͤhrend die Schwaͤne auf dem ſtillen Weiher langſam im Kreiſe herumſchwammen. — Da hob die ſchoͤne Frau auf einmal die Augen, und ſchrie laut auf, da ſie mich erblickte. Die andere Dame wandte ſich raſch nach mir herum, daß ihr die Locken ins Geſicht flogen, und da ſie mich recht anſah, brach

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/136>, abgerufen am 27.11.2024.