Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.mir versteckt hast! Was hast Du wieder angezettelt? Aber das Mädchen sträubte sich standhaft, und je Ich konnte vor Verwunderung kein Wort hervor¬ mir verſteckt haſt! Was haſt Du wieder angezettelt? Aber das Maͤdchen ſtraͤubte ſich ſtandhaft, und je Ich konnte vor Verwunderung kein Wort hervor¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0106" n="96"/> mir verſteckt haſt! Was haſt Du wieder angezettelt?<lb/> Von wem iſt der Wiſch, und an wen iſt er?“</p><lb/> <p>Aber das Maͤdchen ſtraͤubte ſich ſtandhaft, und je<lb/> eifriger die Anderen den erboßten jungen Menſchen<lb/> umgaben und ihn mit großem Laͤrm zu troͤſten und zu<lb/> beruhigen ſuchten, deſto erhitzter und toller wurde er<lb/> von dem Rumor, zumal da das Maͤdchen auch ihr<lb/> Maͤulchen nicht halten konnte, bis ſie endlich weinend<lb/> aus dem verworrenen Knaͤuel hervorflog, und ſich auf<lb/> einmal ganz unverhofft an meine Bruſt ſtuͤrzte, um<lb/> bei mir Schutz zu ſuchen. Ich ſtellte mich auch ſo¬<lb/> gleich in die gehoͤrige Poſitur, aber da die Andern in<lb/> dem Getuͤmmel ſo eben nicht auf uns Acht gaben,<lb/> kehrte ſie ploͤtzlich das Koͤpfchen nach mir herauf und<lb/> fluͤſterte mir mit ganz ruhigem Geſicht ſehr leiſe und<lb/> ſchnell ins Ohr: „Du abſcheulicher Einnehmer! um<lb/> Dich muß ich das alles leiden. Da ſteck' den fatalen<lb/> Zettel geſchwind zu Dir, Du findeſt darauf bemerkt, wo<lb/> wir wohnen. Alſo zur beſtimmten Stunde, wenn Du<lb/> in's Thor kommſt, immer die einſame Straße rechts<lb/> fort! —“</p><lb/> <p>Ich konnte vor Verwunderung kein Wort hervor¬<lb/> bringen, denn wie ich ſie nun erſt recht anſah, erkannte<lb/> ich ſie auf einmal: es war wahrhaftig die ſchnippiſche<lb/> Kammerjungfer vom Schloß, die mir damals an dem<lb/> ſchoͤnen Samſtag's-Abende die Flaſche mit Wein brachte.<lb/> Sie war mir ſonſt niemals ſo ſchoͤn vorgekommen, als<lb/> da ſie ſich jetzt ſo erhitzt an mich lehnte, daß die ſchwar¬<lb/> zen Locken uͤber meinen Arm herabhingen. — „Aber,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0106]
mir verſteckt haſt! Was haſt Du wieder angezettelt?
Von wem iſt der Wiſch, und an wen iſt er?“
Aber das Maͤdchen ſtraͤubte ſich ſtandhaft, und je
eifriger die Anderen den erboßten jungen Menſchen
umgaben und ihn mit großem Laͤrm zu troͤſten und zu
beruhigen ſuchten, deſto erhitzter und toller wurde er
von dem Rumor, zumal da das Maͤdchen auch ihr
Maͤulchen nicht halten konnte, bis ſie endlich weinend
aus dem verworrenen Knaͤuel hervorflog, und ſich auf
einmal ganz unverhofft an meine Bruſt ſtuͤrzte, um
bei mir Schutz zu ſuchen. Ich ſtellte mich auch ſo¬
gleich in die gehoͤrige Poſitur, aber da die Andern in
dem Getuͤmmel ſo eben nicht auf uns Acht gaben,
kehrte ſie ploͤtzlich das Koͤpfchen nach mir herauf und
fluͤſterte mir mit ganz ruhigem Geſicht ſehr leiſe und
ſchnell ins Ohr: „Du abſcheulicher Einnehmer! um
Dich muß ich das alles leiden. Da ſteck' den fatalen
Zettel geſchwind zu Dir, Du findeſt darauf bemerkt, wo
wir wohnen. Alſo zur beſtimmten Stunde, wenn Du
in's Thor kommſt, immer die einſame Straße rechts
fort! —“
Ich konnte vor Verwunderung kein Wort hervor¬
bringen, denn wie ich ſie nun erſt recht anſah, erkannte
ich ſie auf einmal: es war wahrhaftig die ſchnippiſche
Kammerjungfer vom Schloß, die mir damals an dem
ſchoͤnen Samſtag's-Abende die Flaſche mit Wein brachte.
Sie war mir ſonſt niemals ſo ſchoͤn vorgekommen, als
da ſie ſich jetzt ſo erhitzt an mich lehnte, daß die ſchwar¬
zen Locken uͤber meinen Arm herabhingen. — „Aber,
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