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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826.

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Aber wie erstaunte ich, als ich erwachte, und wirk¬
lich eine Menge schöner frischer Blumen auf und neben
mir liegen sah! Ich sprang auf, konnte aber nichts
besonderes bemerken, als bloß in dem Hause über mir
ein Fenster ganz oben voll von duftenden Sträuchen
und Blumen, hinter denen ein Papagey unablässig
plauderte und kreischte. Ich las nun die zerstreuten
Blumen auf, band sie zusammen und steckte mir den
Strauß vorn ins Knopfloch. Dann aber fing ich an,
mit dem Papagey ein wenig zu diskuriren, denn es
freute mich, wie er in seinem vergoldeten Gebauer
mit allerlei Grimassen herauf und herunter stieg und
sich dabei immer ungeschickt über die große Zehe trat.
Doch ehe ich mich's versah, schimpfte er mich "furfante!"
Wenn es gleich eine unvernünftige Bestie war, so är¬
gerte es mich doch. Ich schimpfte ihn wieder, wir ge¬
riethen endlich beide in Hitze, je mehr ich auf Deutsch
schimpfte, je mehr gurgelte er auf italienisch wieder
auf mich los.

Auf einmal hörte ich Jemanden hinter mir lachen.
Ich drehte mich rasch um. Es war der Maler von
heute früh. "Was stellst Du wieder für tolles Zeug
an!" sagte er, "ich warte schon eine halbe Stunde auf
Dich. Die Luft ist wieder kühler, wir wollen in einen
Garten vor der Stadt gehen, da wirst Du mehrere
Landsleute finden und vielleicht etwas näheres von der
deutschen Gräfin erfahren."

Darüber war ich außerordentlich erfreut, und wir
traten unsern Spaziergang sogleich an, während ich

Aber wie erſtaunte ich, als ich erwachte, und wirk¬
lich eine Menge ſchoͤner friſcher Blumen auf und neben
mir liegen ſah! Ich ſprang auf, konnte aber nichts
beſonderes bemerken, als bloß in dem Hauſe uͤber mir
ein Fenſter ganz oben voll von duftenden Straͤuchen
und Blumen, hinter denen ein Papagey unablaͤſſig
plauderte und kreiſchte. Ich las nun die zerſtreuten
Blumen auf, band ſie zuſammen und ſteckte mir den
Strauß vorn ins Knopfloch. Dann aber fing ich an,
mit dem Papagey ein wenig zu diskuriren, denn es
freute mich, wie er in ſeinem vergoldeten Gebauer
mit allerlei Grimaſſen herauf und herunter ſtieg und
ſich dabei immer ungeſchickt uͤber die große Zehe trat.
Doch ehe ich mich's verſah, ſchimpfte er mich „furfante!“
Wenn es gleich eine unvernuͤnftige Beſtie war, ſo aͤr¬
gerte es mich doch. Ich ſchimpfte ihn wieder, wir ge¬
riethen endlich beide in Hitze, je mehr ich auf Deutſch
ſchimpfte, je mehr gurgelte er auf italieniſch wieder
auf mich los.

Auf einmal hoͤrte ich Jemanden hinter mir lachen.
Ich drehte mich raſch um. Es war der Maler von
heute fruͤh. „Was ſtellſt Du wieder fuͤr tolles Zeug
an!“ ſagte er, „ich warte ſchon eine halbe Stunde auf
Dich. Die Luft iſt wieder kuͤhler, wir wollen in einen
Garten vor der Stadt gehen, da wirſt Du mehrere
Landsleute finden und vielleicht etwas naͤheres von der
deutſchen Graͤfin erfahren.“

Daruͤber war ich außerordentlich erfreut, und wir
traten unſern Spaziergang ſogleich an, waͤhrend ich

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[93/0103] Aber wie erſtaunte ich, als ich erwachte, und wirk¬ lich eine Menge ſchoͤner friſcher Blumen auf und neben mir liegen ſah! Ich ſprang auf, konnte aber nichts beſonderes bemerken, als bloß in dem Hauſe uͤber mir ein Fenſter ganz oben voll von duftenden Straͤuchen und Blumen, hinter denen ein Papagey unablaͤſſig plauderte und kreiſchte. Ich las nun die zerſtreuten Blumen auf, band ſie zuſammen und ſteckte mir den Strauß vorn ins Knopfloch. Dann aber fing ich an, mit dem Papagey ein wenig zu diskuriren, denn es freute mich, wie er in ſeinem vergoldeten Gebauer mit allerlei Grimaſſen herauf und herunter ſtieg und ſich dabei immer ungeſchickt uͤber die große Zehe trat. Doch ehe ich mich's verſah, ſchimpfte er mich „furfante!“ Wenn es gleich eine unvernuͤnftige Beſtie war, ſo aͤr¬ gerte es mich doch. Ich ſchimpfte ihn wieder, wir ge¬ riethen endlich beide in Hitze, je mehr ich auf Deutſch ſchimpfte, je mehr gurgelte er auf italieniſch wieder auf mich los. Auf einmal hoͤrte ich Jemanden hinter mir lachen. Ich drehte mich raſch um. Es war der Maler von heute fruͤh. „Was ſtellſt Du wieder fuͤr tolles Zeug an!“ ſagte er, „ich warte ſchon eine halbe Stunde auf Dich. Die Luft iſt wieder kuͤhler, wir wollen in einen Garten vor der Stadt gehen, da wirſt Du mehrere Landsleute finden und vielleicht etwas naͤheres von der deutſchen Graͤfin erfahren.“ Daruͤber war ich außerordentlich erfreut, und wir traten unſern Spaziergang ſogleich an, waͤhrend ich

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/103>, abgerufen am 24.11.2024.