spielen und in den Mond gucken, aber daß Du mir nicht wieder unter die Augen kommst!"
Nun aber entstand ein entsetzlicher Rumor und Spektakel hinter uns. Aus dem anderen Garten klet¬ terten Leute mit Knüppeln hastig über den Zaun, an¬ dere fluchten und durchsuchten schon die Gänge, despe¬ rate Gesichter mit Schlafmützen guckten im Mond¬ schein bald da bald dort über die Hecken, es war, als wenn der Teufel auf einmal aus allen Hecken und Sträuchern Gesindel heckte. -- Die Kammerjungfer fackelte nicht lange. "Dort, dort läuft der Dieb!" schrie sie den Leuten zu, indem sie dabei auf die andere Seite des Gartens zeigte. Dann schob sie mich schnell aus dem Garten, und klappte das Pförtchen hinter mir zu.
Da stand ich nun unter Gottes freiem Himmel wieder auf dem stillen Platze mutterseelen allein, wie ich gestern angekommen war. Die Wasserkunst, die mir vorhin im Mondschein so lustig flimmerte, als wenn Englein darin auf und nieder stiegen, rauschte noch fort wie damals, mir aber war unterdeß alle Lust und Freude in den Brunn gefallen. -- Ich nahm mir nun fest vor, dem falschen Italien mit seinen verrück¬ ten Malern, Pommeranzen und Kammerjungfern auf ewig den Rücken zu kehren und wanderte noch zur selbigen Stunde zum Thore hinaus.
ſpielen und in den Mond gucken, aber daß Du mir nicht wieder unter die Augen kommſt!“
Nun aber entſtand ein entſetzlicher Rumor und Spektakel hinter uns. Aus dem anderen Garten klet¬ terten Leute mit Knuͤppeln haſtig uͤber den Zaun, an¬ dere fluchten und durchſuchten ſchon die Gaͤnge, despe¬ rate Geſichter mit Schlafmuͤtzen guckten im Mond¬ ſchein bald da bald dort uͤber die Hecken, es war, als wenn der Teufel auf einmal aus allen Hecken und Straͤuchern Geſindel heckte. — Die Kammerjungfer fackelte nicht lange. „Dort, dort laͤuft der Dieb!“ ſchrie ſie den Leuten zu, indem ſie dabei auf die andere Seite des Gartens zeigte. Dann ſchob ſie mich ſchnell aus dem Garten, und klappte das Pfoͤrtchen hinter mir zu.
Da ſtand ich nun unter Gottes freiem Himmel wieder auf dem ſtillen Platze mutterſeelen allein, wie ich geſtern angekommen war. Die Waſſerkunſt, die mir vorhin im Mondſchein ſo luſtig flimmerte, als wenn Englein darin auf und nieder ſtiegen, rauſchte noch fort wie damals, mir aber war unterdeß alle Luſt und Freude in den Brunn gefallen. — Ich nahm mir nun feſt vor, dem falſchen Italien mit ſeinen verruͤck¬ ten Malern, Pommeranzen und Kammerjungfern auf ewig den Ruͤcken zu kehren und wanderte noch zur ſelbigen Stunde zum Thore hinaus.
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ſpielen und in den Mond gucken, aber daß Du mir
nicht wieder unter die Augen kommſt!“
Nun aber entſtand ein entſetzlicher Rumor und
Spektakel hinter uns. Aus dem anderen Garten klet¬
terten Leute mit Knuͤppeln haſtig uͤber den Zaun, an¬
dere fluchten und durchſuchten ſchon die Gaͤnge, despe¬
rate Geſichter mit Schlafmuͤtzen guckten im Mond¬
ſchein bald da bald dort uͤber die Hecken, es war, als
wenn der Teufel auf einmal aus allen Hecken und
Straͤuchern Geſindel heckte. — Die Kammerjungfer
fackelte nicht lange. „Dort, dort laͤuft der Dieb!“
ſchrie ſie den Leuten zu, indem ſie dabei auf die andere
Seite des Gartens zeigte. Dann ſchob ſie mich ſchnell
aus dem Garten, und klappte das Pfoͤrtchen hinter
mir zu.
Da ſtand ich nun unter Gottes freiem Himmel
wieder auf dem ſtillen Platze mutterſeelen allein, wie
ich geſtern angekommen war. Die Waſſerkunſt, die
mir vorhin im Mondſchein ſo luſtig flimmerte, als
wenn Englein darin auf und nieder ſtiegen, rauſchte
noch fort wie damals, mir aber war unterdeß alle Luſt
und Freude in den Brunn gefallen. — Ich nahm mir
nun feſt vor, dem falſchen Italien mit ſeinen verruͤck¬
ten Malern, Pommeranzen und Kammerjungfern auf
ewig den Ruͤcken zu kehren und wanderte noch zur
ſelbigen Stunde zum Thore hinaus.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines T… [mehr]
Im Unterschied zur Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ erschien die Novelle „Das Marmorbild“ erstmalig 1819 im „Frauentaschenbuch für das Jahr 1819“ herausgegeben von Friedrich de La Motte-Fouqué.
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Eichendorff, Joseph von: Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild. Berlin, 1826, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_taugenichts_1826/118>, abgerufen am 13.08.2024.
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