Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.eh er sich's versah, setzten sie sich paarweis in Ordnung und schritten, einen feierlichen Marsch spielend, quer über den Markt voran, als wollten sie die Sterne am Himmel ausblasen. In ihrem Eifer merkten sie's gar nicht, daß Suppius an einer Straßenecke hinter ihnen entwischt war; immerfort blasend bogen sie in die finstere Gasse hinein, da wurden von allen Seiten über dem Lärm die Hunde wach, dann hörte man sie noch mit dem Nachtwächter um den verlorenen Burgemeister zanken, immer weiter und weiter, bis endlich Alles zwischen den dunklen Häusern nach und nach vertos'te. Unterdeß aber hatten Suppius und Klarinett, der eine schimpfend, der andere lachend, schon den offnen Hof des Wirthshauses erreicht, als ihnen eine ausgespannte Reisekutsche mit Glasfenstern und vergoldeten Schnörkeln im Mondschein prächtig entgegen glitzerte. Suppius, bei dem erfreulichen Anblick, ohne ein Wort zu sprechen, öffnete sogleich die Thür der verlassenen Kutsche, schob den verwunderten Klarinett in den Wagen und schwang sich selber hurtig nach. So, sagte er, nachdem er das Glasfenster hinter ihnen behutsam wieder geschlossen hatte, jetzt sitzen wir mitten in der Entführung drin, wie der fromme Aeneas im hölzernen Pferde, um die geraubte Helena zu retten; der Kavalier kann nicht fahren ohne Wagen, der Wagen nicht ohne mich, und ich nicht, ohne den Kavalier und den Wagen und ganz Troja umzuwerfen. -- Amen, Gott weiß, eh er sich's versah, setzten sie sich paarweis in Ordnung und schritten, einen feierlichen Marsch spielend, quer über den Markt voran, als wollten sie die Sterne am Himmel ausblasen. In ihrem Eifer merkten sie's gar nicht, daß Suppius an einer Straßenecke hinter ihnen entwischt war; immerfort blasend bogen sie in die finstere Gasse hinein, da wurden von allen Seiten über dem Lärm die Hunde wach, dann hörte man sie noch mit dem Nachtwächter um den verlorenen Burgemeister zanken, immer weiter und weiter, bis endlich Alles zwischen den dunklen Häusern nach und nach vertos'te. Unterdeß aber hatten Suppius und Klarinett, der eine schimpfend, der andere lachend, schon den offnen Hof des Wirthshauses erreicht, als ihnen eine ausgespannte Reisekutsche mit Glasfenstern und vergoldeten Schnörkeln im Mondschein prächtig entgegen glitzerte. Suppius, bei dem erfreulichen Anblick, ohne ein Wort zu sprechen, öffnete sogleich die Thür der verlassenen Kutsche, schob den verwunderten Klarinett in den Wagen und schwang sich selber hurtig nach. So, sagte er, nachdem er das Glasfenster hinter ihnen behutsam wieder geschlossen hatte, jetzt sitzen wir mitten in der Entführung drin, wie der fromme Aeneas im hölzernen Pferde, um die geraubte Helena zu retten; der Kavalier kann nicht fahren ohne Wagen, der Wagen nicht ohne mich, und ich nicht, ohne den Kavalier und den Wagen und ganz Troja umzuwerfen. — Amen, Gott weiß, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0029"/> eh er sich's versah, setzten sie sich paarweis in Ordnung und schritten, einen feierlichen Marsch spielend, quer über den Markt voran, als wollten sie die Sterne am Himmel ausblasen. In ihrem Eifer merkten sie's gar nicht, daß Suppius an einer Straßenecke hinter ihnen entwischt war; immerfort blasend bogen sie in die finstere Gasse hinein, da wurden von allen Seiten über dem Lärm die Hunde wach, dann hörte man sie noch mit dem Nachtwächter um den verlorenen Burgemeister zanken, immer weiter und weiter, bis endlich Alles zwischen den dunklen Häusern nach und nach vertos'te.</p><lb/> <p>Unterdeß aber hatten Suppius und Klarinett, der eine schimpfend, der andere lachend, schon den offnen Hof des Wirthshauses erreicht, als ihnen eine ausgespannte Reisekutsche mit Glasfenstern und vergoldeten Schnörkeln im Mondschein prächtig entgegen glitzerte. Suppius, bei dem erfreulichen Anblick, ohne ein Wort zu sprechen, öffnete sogleich die Thür der verlassenen Kutsche, schob den verwunderten Klarinett in den Wagen und schwang sich selber hurtig nach. So, sagte er, nachdem er das Glasfenster hinter ihnen behutsam wieder geschlossen hatte, jetzt sitzen wir mitten in der Entführung drin, wie der fromme Aeneas im hölzernen Pferde, um die geraubte Helena zu retten; der Kavalier kann nicht fahren ohne Wagen, der Wagen nicht ohne mich, und ich nicht, ohne den Kavalier und den Wagen und ganz Troja umzuwerfen. — Amen, Gott weiß,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
eh er sich's versah, setzten sie sich paarweis in Ordnung und schritten, einen feierlichen Marsch spielend, quer über den Markt voran, als wollten sie die Sterne am Himmel ausblasen. In ihrem Eifer merkten sie's gar nicht, daß Suppius an einer Straßenecke hinter ihnen entwischt war; immerfort blasend bogen sie in die finstere Gasse hinein, da wurden von allen Seiten über dem Lärm die Hunde wach, dann hörte man sie noch mit dem Nachtwächter um den verlorenen Burgemeister zanken, immer weiter und weiter, bis endlich Alles zwischen den dunklen Häusern nach und nach vertos'te.
Unterdeß aber hatten Suppius und Klarinett, der eine schimpfend, der andere lachend, schon den offnen Hof des Wirthshauses erreicht, als ihnen eine ausgespannte Reisekutsche mit Glasfenstern und vergoldeten Schnörkeln im Mondschein prächtig entgegen glitzerte. Suppius, bei dem erfreulichen Anblick, ohne ein Wort zu sprechen, öffnete sogleich die Thür der verlassenen Kutsche, schob den verwunderten Klarinett in den Wagen und schwang sich selber hurtig nach. So, sagte er, nachdem er das Glasfenster hinter ihnen behutsam wieder geschlossen hatte, jetzt sitzen wir mitten in der Entführung drin, wie der fromme Aeneas im hölzernen Pferde, um die geraubte Helena zu retten; der Kavalier kann nicht fahren ohne Wagen, der Wagen nicht ohne mich, und ich nicht, ohne den Kavalier und den Wagen und ganz Troja umzuwerfen. — Amen, Gott weiß,
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Zitationshilfe: | Eichendorff, Joseph von: Die Glücksritter. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 87–159. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gluecksritter_1910/29>, abgerufen am 16.07.2024. |