Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837."Ich seh' ihn noch: wie durch den Sturm Zwischen den feur'gen Zungen Mein stolzer Vater da vom Thurm Sein Banner hat geschwungen." "Und als es war entlaubt vom Brand, Die Fahn' im Wind zerflogen: Den Schaft als Kreuz nun in der Hand Theilt' er die Flammenwogen." "Er sah so wunderbar auf mich, Ich konnt' ihn nicht ermorden -- Da sank die Burg, er wandte sich Und ist ein Pfaff geworden." "Seitdem hör' ich in Träumen schwer Von ferne Glocken gehen Und seh' in rothem Feuermeer Ein Kreuz allnächtlich stehen." "Es sollen keine Glocken geh'n, Die Nächte zu verstören, Kein Kreuz soll mehr auf Erden steh'n, Um Narren zu bethören!" "Und dieses Kirchlein hier bewacht,
Sie sollen nicht Messe singen, Wir reißen's nieder über Nacht, Licht sei, wohin wir dringen!" -- „Ich ſeh' ihn noch: wie durch den Sturm Zwiſchen den feur'gen Zungen Mein ſtolzer Vater da vom Thurm Sein Banner hat geſchwungen.“ „Und als es war entlaubt vom Brand, Die Fahn' im Wind zerflogen: Den Schaft als Kreuz nun in der Hand Theilt' er die Flammenwogen.“ „Er ſah ſo wunderbar auf mich, Ich konnt' ihn nicht ermorden — Da ſank die Burg, er wandte ſich Und iſt ein Pfaff geworden.“ „Seitdem hoͤr' ich in Traͤumen ſchwer Von ferne Glocken gehen Und ſeh' in rothem Feuermeer Ein Kreuz allnaͤchtlich ſtehen.“ „Es ſollen keine Glocken geh'n, Die Naͤchte zu verſtoͤren, Kein Kreuz ſoll mehr auf Erden ſteh'n, Um Narren zu bethoͤren!“ „Und dieſes Kirchlein hier bewacht,
Sie ſollen nicht Meſſe ſingen, Wir reißen's nieder uͤber Nacht, Licht ſei, wohin wir dringen!“ — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0473" n="455"/> <lg type="poem"> <l>„Ich ſeh' ihn noch: wie durch den Sturm</l><lb/> <l>Zwiſchen den feur'gen Zungen</l><lb/> <l>Mein ſtolzer Vater da vom Thurm</l><lb/> <l>Sein Banner hat geſchwungen.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Und als es war entlaubt vom Brand,</l><lb/> <l>Die Fahn' im Wind zerflogen:</l><lb/> <l>Den Schaft als Kreuz nun in der Hand</l><lb/> <l>Theilt' er die Flammenwogen.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Er ſah ſo wunderbar auf mich,</l><lb/> <l>Ich konnt' ihn nicht ermorden —</l><lb/> <l>Da ſank die Burg, er wandte ſich</l><lb/> <l>Und iſt ein Pfaff geworden.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Seitdem hoͤr' ich in Traͤumen ſchwer</l><lb/> <l>Von ferne Glocken gehen</l><lb/> <l>Und ſeh' in rothem Feuermeer</l><lb/> <l>Ein Kreuz allnaͤchtlich ſtehen.“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Es ſollen keine Glocken geh'n,</l><lb/> <l>Die Naͤchte zu verſtoͤren,</l><lb/> <l>Kein Kreuz ſoll mehr auf Erden ſteh'n,</l><lb/> <l>Um Narren zu bethoͤren!“</l><lb/> </lg> <lg type="poem"> <l>„Und dieſes Kirchlein hier bewacht,</l><lb/> <l>Sie ſollen nicht Meſſe ſingen,</l><lb/> <l>Wir reißen's nieder uͤber Nacht,</l><lb/> <l>Licht ſei, wohin wir dringen!“ —</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [455/0473]
„Ich ſeh' ihn noch: wie durch den Sturm
Zwiſchen den feur'gen Zungen
Mein ſtolzer Vater da vom Thurm
Sein Banner hat geſchwungen.“
„Und als es war entlaubt vom Brand,
Die Fahn' im Wind zerflogen:
Den Schaft als Kreuz nun in der Hand
Theilt' er die Flammenwogen.“
„Er ſah ſo wunderbar auf mich,
Ich konnt' ihn nicht ermorden —
Da ſank die Burg, er wandte ſich
Und iſt ein Pfaff geworden.“
„Seitdem hoͤr' ich in Traͤumen ſchwer
Von ferne Glocken gehen
Und ſeh' in rothem Feuermeer
Ein Kreuz allnaͤchtlich ſtehen.“
„Es ſollen keine Glocken geh'n,
Die Naͤchte zu verſtoͤren,
Kein Kreuz ſoll mehr auf Erden ſteh'n,
Um Narren zu bethoͤren!“
„Und dieſes Kirchlein hier bewacht,
Sie ſollen nicht Meſſe ſingen,
Wir reißen's nieder uͤber Nacht,
Licht ſei, wohin wir dringen!“ —
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