Staunend auf den Göttersitzen Die Unsterblichen nun stehn, Seh'n den Morgen drüben blitzen, Fühlen Duft herüberweh'n, Und so süßes Weh sie spüren, Lösen leis ihr Schiff vom Strand, Und die Lüfte sie verführen Fern durch's Meer zum jungen Land.
O wie da die Quellen sprangen In die tiefe Blütenpracht Und Lianen dort sich schlangen Glühend durch die Waldesnacht! Und die Wandrer trunken lauschen, Wo die Wasserfälle geh'n, Bis sie in dem Frühlings-Rauschen Plötzlich all' erschrocken steh'n:
Denn sie seh'n zum Erstenmale Nun die Sonne niedergeh'n Und verwundert Berg' und Thale Tief im Abendrothe steh'n, Und der schönste Gott von allen Sank erbleichend in den Duft, Denn dem Tode ist verfallen, Wer geathmet ird'sche Luft.
Die Genossen faßt ein Grauen, Und sie fahren weit in's Meer, Nach des Vaters Haus sie schauen, Doch sie finden's nimmermehr.
II.
Staunend auf den Goͤtterſitzen Die Unſterblichen nun ſtehn, Seh'n den Morgen druͤben blitzen, Fuͤhlen Duft heruͤberweh'n, Und ſo ſuͤßes Weh ſie ſpuͤren, Loͤſen leis ihr Schiff vom Strand, Und die Luͤfte ſie verfuͤhren Fern durch's Meer zum jungen Land.
O wie da die Quellen ſprangen In die tiefe Bluͤtenpracht Und Lianen dort ſich ſchlangen Gluͤhend durch die Waldesnacht! Und die Wandrer trunken lauſchen, Wo die Waſſerfaͤlle geh'n, Bis ſie in dem Fruͤhlings-Rauſchen Ploͤtzlich all' erſchrocken ſteh'n:
Denn ſie ſeh'n zum Erſtenmale Nun die Sonne niedergeh'n Und verwundert Berg' und Thale Tief im Abendrothe ſteh'n, Und der ſchoͤnſte Gott von allen Sank erbleichend in den Duft, Denn dem Tode iſt verfallen, Wer geathmet ird'ſche Luft.
Die Genoſſen faßt ein Grauen, Und ſie fahren weit in's Meer, Nach des Vaters Haus ſie ſchauen, Doch ſie finden's nimmermehr.
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II.
Staunend auf den Goͤtterſitzen
Die Unſterblichen nun ſtehn,
Seh'n den Morgen druͤben blitzen,
Fuͤhlen Duft heruͤberweh'n,
Und ſo ſuͤßes Weh ſie ſpuͤren,
Loͤſen leis ihr Schiff vom Strand,
Und die Luͤfte ſie verfuͤhren
Fern durch's Meer zum jungen Land.
O wie da die Quellen ſprangen
In die tiefe Bluͤtenpracht
Und Lianen dort ſich ſchlangen
Gluͤhend durch die Waldesnacht!
Und die Wandrer trunken lauſchen,
Wo die Waſſerfaͤlle geh'n,
Bis ſie in dem Fruͤhlings-Rauſchen
Ploͤtzlich all' erſchrocken ſteh'n:
Denn ſie ſeh'n zum Erſtenmale
Nun die Sonne niedergeh'n
Und verwundert Berg' und Thale
Tief im Abendrothe ſteh'n,
Und der ſchoͤnſte Gott von allen
Sank erbleichend in den Duft,
Denn dem Tode iſt verfallen,
Wer geathmet ird'ſche Luft.
Die Genoſſen faßt ein Grauen,
Und ſie fahren weit in's Meer,
Nach des Vaters Haus ſie ſchauen,
Doch ſie finden's nimmermehr.
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Eichendorff, Joseph von: Gedichte. Berlin, 1837, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_gedichte_1837/423>, abgerufen am 16.02.2025.
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