Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.ist keine Tugend mehr auf der Welt! -- Hier hatte die Lachend warf er sich nun wieder auf die Bank Die fernen Heimathshöhen, Das stille hohe Haus, Der Berg, von dem ich gesehen Jeden Frühling in's Land hinaus, Mutter, Freunde und Brüder, An die ich so oft gedacht, Es grüßt mich alles wieder In stiller Mondesnacht. Die zierliche Reiterin hatte sich bald nach den Ein plötzliches Getümmel an der Hausthür ver¬ 5*
iſt keine Tugend mehr auf der Welt! — Hier hatte die Lachend warf er ſich nun wieder auf die Bank Die fernen Heimathshoͤhen, Das ſtille hohe Haus, Der Berg, von dem ich geſehen Jeden Fruͤhling in's Land hinaus, Mutter, Freunde und Bruͤder, An die ich ſo oft gedacht, Es gruͤßt mich alles wieder In ſtiller Mondesnacht. Die zierliche Reiterin hatte ſich bald nach den Ein ploͤtzliches Getuͤmmel an der Hausthuͤr ver¬ 5*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0074" n="67"/> iſt keine Tugend mehr auf der Welt! — Hier hatte die<lb/> Dame ſich endlich losgemacht, ſie hielt ihn laͤngſt fuͤr<lb/> betrunken oder wahnſinnig, ſtammelte verlegen eine<lb/> kurze Entſchuldigung, und ſtuͤrzte in das Haus zuruͤck.<lb/> Er aber ſprach noch immer fort, bis ſie ihr Zimmer<lb/> erreicht und die Thuͤre eilfertig hinter ſich abgeſchloſſen<lb/> hatte.</p><lb/> <p>Lachend warf er ſich nun wieder auf die Bank<lb/> hin, die Waͤlder rauſchten in der ploͤtzlichen Stille von<lb/> den Bergen heruͤber, hin und her erwachten einzelne<lb/> Nachtigallen, in einiger Entfernung hoͤrte man den<lb/> Litteratus ſingen:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Die fernen Heimathshoͤhen,</l><lb/> <l>Das ſtille hohe Haus,</l><lb/> <l>Der Berg, von dem ich geſehen</l><lb/> <l>Jeden Fruͤhling in's Land hinaus,</l><lb/> <l>Mutter, Freunde und Bruͤder,</l><lb/> <l>An die ich ſo oft gedacht,</l><lb/> <l>Es gruͤßt mich alles wieder</l><lb/> <l>In ſtiller Mondesnacht.</l><lb/> </lg> <p>Die zierliche Reiterin hatte ſich bald nach den<lb/> erſten Klaͤngen dem Saͤnger genaͤhert. Du, du —<lb/> ſagte ſie mit dem Finger drohend, du haſt heute wie¬<lb/> der deine melancholiſche Stunde! — Ach, erwiederte<lb/> der Litteratus, halb unwillig abbrechend, was weißt<lb/> du davon, wie einem Gelehrten manchmal zu Mu¬<lb/> the iſt!</p><lb/> <p>Ein ploͤtzliches Getuͤmmel an der Hausthuͤr ver¬<lb/> <fw place="bottom" type="sig">5*<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [67/0074]
iſt keine Tugend mehr auf der Welt! — Hier hatte die
Dame ſich endlich losgemacht, ſie hielt ihn laͤngſt fuͤr
betrunken oder wahnſinnig, ſtammelte verlegen eine
kurze Entſchuldigung, und ſtuͤrzte in das Haus zuruͤck.
Er aber ſprach noch immer fort, bis ſie ihr Zimmer
erreicht und die Thuͤre eilfertig hinter ſich abgeſchloſſen
hatte.
Lachend warf er ſich nun wieder auf die Bank
hin, die Waͤlder rauſchten in der ploͤtzlichen Stille von
den Bergen heruͤber, hin und her erwachten einzelne
Nachtigallen, in einiger Entfernung hoͤrte man den
Litteratus ſingen:
Die fernen Heimathshoͤhen,
Das ſtille hohe Haus,
Der Berg, von dem ich geſehen
Jeden Fruͤhling in's Land hinaus,
Mutter, Freunde und Bruͤder,
An die ich ſo oft gedacht,
Es gruͤßt mich alles wieder
In ſtiller Mondesnacht.
Die zierliche Reiterin hatte ſich bald nach den
erſten Klaͤngen dem Saͤnger genaͤhert. Du, du —
ſagte ſie mit dem Finger drohend, du haſt heute wie¬
der deine melancholiſche Stunde! — Ach, erwiederte
der Litteratus, halb unwillig abbrechend, was weißt
du davon, wie einem Gelehrten manchmal zu Mu¬
the iſt!
Ein ploͤtzliches Getuͤmmel an der Hausthuͤr ver¬
5*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |