men, mitten auf den alten, schwülen, staubigen Markt von Europa will ich hinuntersteigen, die selbstgemachten Götzen, um die das Volk der Renegaten tanzt, gelü¬ stet's mich umzustürzen und Luft zu hauen durch den dicken Qualm, daß sie schauernd das treue Auge Got¬ tes wiedersehen im tiefen Himmelsgrund. -- Manfred konnte sich lange nicht erholen. Ist mir's doch, sagte er endlich, wie von einem hohen Berg in's Meer zu sehen, wo mir dein Schiff in der Morgenglut ver¬ schwindet. Der Anblick schreckt und blendet mich, ich muß den festen Boden fühlen unter mir, ein nahes Ziel von Tag zu Tag im Auge haben. -- Geht, geht, fiel Fortunat hier ein, über eueren Reden verlier' ich mich selber ganz. Du Victor zumal, verwirrst mir schon seit gestern, wie ein nächtliches Wetterleuchten, der Seele Grund: tiefe Klüfte mit kühnen Stegen darüber und manche alte, geliebte Gegend fernab, aber alles so fremd und wunderbar wie in Träumen. Zu¬ letzt ist's doch dasselbe, was ich eigentlich auch meine in der Welt, ich habe nur kein anderes Metier dafür, als meine Dichtkunst, und bei der will ich leben und sterben!
Jetzt standen sie auf einem Abhang, von dem verschiedene Pfade auseinandergingen. Hier hielt Vic¬ tor plötzlich an, sein Weg führte ihn noch weiter über den Gebirgskamm nach der Stadt, wo die neuen Ge¬ fährten seiner harrten. Er schien tief bewegt. --
men, mitten auf den alten, ſchwuͤlen, ſtaubigen Markt von Europa will ich hinunterſteigen, die ſelbſtgemachten Goͤtzen, um die das Volk der Renegaten tanzt, geluͤ¬ ſtet’s mich umzuſtuͤrzen und Luft zu hauen durch den dicken Qualm, daß ſie ſchauernd das treue Auge Got¬ tes wiederſehen im tiefen Himmelsgrund. — Manfred konnte ſich lange nicht erholen. Iſt mir’s doch, ſagte er endlich, wie von einem hohen Berg in’s Meer zu ſehen, wo mir dein Schiff in der Morgenglut ver¬ ſchwindet. Der Anblick ſchreckt und blendet mich, ich muß den feſten Boden fuͤhlen unter mir, ein nahes Ziel von Tag zu Tag im Auge haben. — Geht, geht, fiel Fortunat hier ein, uͤber eueren Reden verlier’ ich mich ſelber ganz. Du Victor zumal, verwirrſt mir ſchon ſeit geſtern, wie ein naͤchtliches Wetterleuchten, der Seele Grund: tiefe Kluͤfte mit kuͤhnen Stegen daruͤber und manche alte, geliebte Gegend fernab, aber alles ſo fremd und wunderbar wie in Traͤumen. Zu¬ letzt iſt’s doch daſſelbe, was ich eigentlich auch meine in der Welt, ich habe nur kein anderes Metier dafuͤr, als meine Dichtkunſt, und bei der will ich leben und ſterben!
Jetzt ſtanden ſie auf einem Abhang, von dem verſchiedene Pfade auseinandergingen. Hier hielt Vic¬ tor ploͤtzlich an, ſein Weg fuͤhrte ihn noch weiter uͤber den Gebirgskamm nach der Stadt, wo die neuen Ge¬ faͤhrten ſeiner harrten. Er ſchien tief bewegt. —
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men, mitten auf den alten, ſchwuͤlen, ſtaubigen Markt
von Europa will ich hinunterſteigen, die ſelbſtgemachten
Goͤtzen, um die das Volk der Renegaten tanzt, geluͤ¬
ſtet’s mich umzuſtuͤrzen und Luft zu hauen durch den
dicken Qualm, daß ſie ſchauernd das treue Auge Got¬
tes wiederſehen im tiefen Himmelsgrund. — Manfred
konnte ſich lange nicht erholen. Iſt mir’s doch, ſagte
er endlich, wie von einem hohen Berg in’s Meer zu
ſehen, wo mir dein Schiff in der Morgenglut ver¬
ſchwindet. Der Anblick ſchreckt und blendet mich, ich
muß den feſten Boden fuͤhlen unter mir, ein nahes
Ziel von Tag zu Tag im Auge haben. — Geht, geht,
fiel Fortunat hier ein, uͤber eueren Reden verlier’ ich
mich ſelber ganz. Du Victor zumal, verwirrſt mir
ſchon ſeit geſtern, wie ein naͤchtliches Wetterleuchten,
der Seele Grund: tiefe Kluͤfte mit kuͤhnen Stegen
daruͤber und manche alte, geliebte Gegend fernab, aber
alles ſo fremd und wunderbar wie in Traͤumen. Zu¬
letzt iſt’s doch daſſelbe, was ich eigentlich auch meine
in der Welt, ich habe nur kein anderes Metier dafuͤr,
als meine Dichtkunſt, und bei der will ich leben und
ſterben!
Jetzt ſtanden ſie auf einem Abhang, von dem
verſchiedene Pfade auseinandergingen. Hier hielt Vic¬
tor ploͤtzlich an, ſein Weg fuͤhrte ihn noch weiter uͤber
den Gebirgskamm nach der Stadt, wo die neuen Ge¬
faͤhrten ſeiner harrten. Er ſchien tief bewegt. —
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/384>, abgerufen am 23.11.2024.
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