Hause, der Waldbach stürzte plötzlich brausend über das Mühlrad, zwischen dem Rauschen hörten sie ren¬ nen, klappen und zanken. Auf einmal sprang die Hausthür auf und der Förster trat mit triumphiren¬ dem Anstande hervor, er führte feierlich eine fremde, wohlgekleidete Dame am Arm, der Morgenwind schlug ihren grünen Schleier zurück und zeigte ein junges, schönes Gesicht. -- Da besann sich Fortunat nicht lange. Welche Ueberraschung, mein Fräulein! -- rief er schnell hinzuspringend aus -- als ich das Glück hatte, Sie bei Ihrer verehrungswürdigen Tante zu sehen, wer hätte da an diese verwünschte Mühle gedacht! Ich bedaure nur, wenn dieser vorwitzige Morgenwind zu früh den Schleier gelüftet und das harte Gebirg manchen Stein des Anstoßes -- Nun war auch Fiametta dazugekommen und drückte die Hand der Dame zärtlich an ihr Herz. Himmli¬ sches Mädchen, sagte sie, und das alles um mich! -- Aber wie war es möglich? wie erfuhrst du, wo ich Unglücklicher umherschweife? Ja, läugne nur nicht länger, ich weiß es ja doch, du Liebe, Arme! um mich verließest du Schloß und Tante -- o es geht mir alles wie ein Mühlrad im Kopfe herum! -- Die Dame sah in höchster Verwirrung bald den einen, bald den andern an, und wußte nicht, was sie erwie¬ dern sollte. Die beiden ließen sie aber nicht mehr los, sie führten sie in ihrer Mitte so rasch der Amtmanns¬
Hauſe, der Waldbach ſtuͤrzte ploͤtzlich brauſend uͤber das Muͤhlrad, zwiſchen dem Rauſchen hoͤrten ſie ren¬ nen, klappen und zanken. Auf einmal ſprang die Hausthuͤr auf und der Foͤrſter trat mit triumphiren¬ dem Anſtande hervor, er fuͤhrte feierlich eine fremde, wohlgekleidete Dame am Arm, der Morgenwind ſchlug ihren gruͤnen Schleier zuruͤck und zeigte ein junges, ſchoͤnes Geſicht. — Da beſann ſich Fortunat nicht lange. Welche Ueberraſchung, mein Fraͤulein! — rief er ſchnell hinzuſpringend aus — als ich das Gluͤck hatte, Sie bei Ihrer verehrungswuͤrdigen Tante zu ſehen, wer haͤtte da an dieſe verwuͤnſchte Muͤhle gedacht! Ich bedaure nur, wenn dieſer vorwitzige Morgenwind zu fruͤh den Schleier geluͤftet und das harte Gebirg manchen Stein des Anſtoßes — Nun war auch Fiametta dazugekommen und druͤckte die Hand der Dame zaͤrtlich an ihr Herz. Himmli¬ ſches Maͤdchen, ſagte ſie, und das alles um mich! — Aber wie war es moͤglich? wie erfuhrſt du, wo ich Ungluͤcklicher umherſchweife? Ja, laͤugne nur nicht laͤnger, ich weiß es ja doch, du Liebe, Arme! um mich verließeſt du Schloß und Tante — o es geht mir alles wie ein Muͤhlrad im Kopfe herum! — Die Dame ſah in hoͤchſter Verwirrung bald den einen, bald den andern an, und wußte nicht, was ſie erwie¬ dern ſollte. Die beiden ließen ſie aber nicht mehr los, ſie fuͤhrten ſie in ihrer Mitte ſo raſch der Amtmanns¬
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Hauſe, der Waldbach ſtuͤrzte ploͤtzlich brauſend uͤber
das Muͤhlrad, zwiſchen dem Rauſchen hoͤrten ſie ren¬
nen, klappen und zanken. Auf einmal ſprang die
Hausthuͤr auf und der Foͤrſter trat mit triumphiren¬
dem Anſtande hervor, er fuͤhrte feierlich eine fremde,
wohlgekleidete Dame am Arm, der Morgenwind ſchlug
ihren gruͤnen Schleier zuruͤck und zeigte ein junges,
ſchoͤnes Geſicht. — Da beſann ſich Fortunat nicht
lange. Welche Ueberraſchung, mein Fraͤulein! — rief
er ſchnell hinzuſpringend aus — als ich das Gluͤck
hatte, Sie bei Ihrer verehrungswuͤrdigen Tante zu
ſehen, wer haͤtte da an dieſe verwuͤnſchte Muͤhle
gedacht! Ich bedaure nur, wenn dieſer vorwitzige
Morgenwind zu fruͤh den Schleier geluͤftet und das
harte Gebirg manchen Stein des Anſtoßes — Nun
war auch Fiametta dazugekommen und druͤckte die
Hand der Dame zaͤrtlich an ihr Herz. Himmli¬
ſches Maͤdchen, ſagte ſie, und das alles um mich! —
Aber wie war es moͤglich? wie erfuhrſt du, wo ich
Ungluͤcklicher umherſchweife? Ja, laͤugne nur nicht
laͤnger, ich weiß es ja doch, du Liebe, Arme! um
mich verließeſt du Schloß und Tante — o es geht
mir alles wie ein Muͤhlrad im Kopfe herum! — Die
Dame ſah in hoͤchſter Verwirrung bald den einen,
bald den andern an, und wußte nicht, was ſie erwie¬
dern ſollte. Die beiden ließen ſie aber nicht mehr los,
ſie fuͤhrten ſie in ihrer Mitte ſo raſch der Amtmanns¬
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/353>, abgerufen am 23.11.2024.
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