ist's schon gewöhnt, ich hab' jedesmal meine Freude daran, wie die Rehe dann im Mondschein dort auf die Wiese herauskommen und das Weiden vergessen und die Köpfe hoch nach dem Klange wenden, als wollten die armen Dinger auch Gott loben. Nun jedes thut, was es kann. Aber diesmal schnaubten sie auf einmal, und eh' ich's mich versah, waren sie plötzlich nach allen Seiten zerstoben. Ich tret' her¬ aus, da steht ein schöner, wilder Jägersmann dicht vor mir. Laudetur Jesus Christus, sage ich. Er aber, ohne Amen zu sagen: was machst du da? -- Wie Ihr seht, Herr, ich bin ein Einsiedler und bete, wenn die Andern schlafen. -- Und schläfst, wenn die Andern beten, das ist alles Eins! -- Gewiß, so lösen wir einander ab auf der himmlischen Schildwacht. -- Der Jäger darauf stöbert mir in der Hütte herum, sieht mein Moosbett, das Kreuz, den Todtenkopf. Vollständige Decoration, sagt er, bist du so faul, daß dich der Kahlkopf da mit seinen gefletschten Zähnen erst jeden Abend in's Gewissen beißen muß, um zu beten? -- Herr, erwiedere ich, Ihr werdet mir nichts weiß machen, ich bin Soldat und Mönch in dem Kloster da droben gewesen, und weiß wohl, daß es leichter ist, eine Festung, als das Himmelreich zu er¬ obern. Nun möcht' ich doch den Prahlhans sehen, der eine Vestung ohne Bajonett, Leiter und Handwerks¬ zeug nehmen wollte! Und Ihr wollt den Himmel, der
iſt's ſchon gewoͤhnt, ich hab' jedesmal meine Freude daran, wie die Rehe dann im Mondſchein dort auf die Wieſe herauskommen und das Weiden vergeſſen und die Koͤpfe hoch nach dem Klange wenden, als wollten die armen Dinger auch Gott loben. Nun jedes thut, was es kann. Aber diesmal ſchnaubten ſie auf einmal, und eh' ich's mich verſah, waren ſie ploͤtzlich nach allen Seiten zerſtoben. Ich tret' her¬ aus, da ſteht ein ſchoͤner, wilder Jaͤgersmann dicht vor mir. Laudetur Jesus Christus, ſage ich. Er aber, ohne Amen zu ſagen: was machſt du da? — Wie Ihr ſeht, Herr, ich bin ein Einſiedler und bete, wenn die Andern ſchlafen. — Und ſchlaͤfſt, wenn die Andern beten, das iſt alles Eins! — Gewiß, ſo loͤſen wir einander ab auf der himmliſchen Schildwacht. — Der Jaͤger darauf ſtoͤbert mir in der Huͤtte herum, ſieht mein Moosbett, das Kreuz, den Todtenkopf. Vollſtaͤndige Decoration, ſagt er, biſt du ſo faul, daß dich der Kahlkopf da mit ſeinen gefletſchten Zaͤhnen erſt jeden Abend in's Gewiſſen beißen muß, um zu beten? — Herr, erwiedere ich, Ihr werdet mir nichts weiß machen, ich bin Soldat und Moͤnch in dem Kloſter da droben geweſen, und weiß wohl, daß es leichter iſt, eine Feſtung, als das Himmelreich zu er¬ obern. Nun moͤcht' ich doch den Prahlhans ſehen, der eine Veſtung ohne Bajonett, Leiter und Handwerks¬ zeug nehmen wollte! Und Ihr wollt den Himmel, der
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iſt's ſchon gewoͤhnt, ich hab' jedesmal meine Freude
daran, wie die Rehe dann im Mondſchein dort auf
die Wieſe herauskommen und das Weiden vergeſſen
und die Koͤpfe hoch nach dem Klange wenden, als
wollten die armen Dinger auch Gott loben. Nun
jedes thut, was es kann. Aber diesmal ſchnaubten
ſie auf einmal, und eh' ich's mich verſah, waren ſie
ploͤtzlich nach allen Seiten zerſtoben. Ich tret' her¬
aus, da ſteht ein ſchoͤner, wilder Jaͤgersmann dicht
vor mir. Laudetur Jesus Christus, ſage ich. Er
aber, ohne Amen zu ſagen: was machſt du da? —
Wie Ihr ſeht, Herr, ich bin ein Einſiedler und bete,
wenn die Andern ſchlafen. — Und ſchlaͤfſt, wenn die
Andern beten, das iſt alles Eins! — Gewiß, ſo loͤſen
wir einander ab auf der himmliſchen Schildwacht. —
Der Jaͤger darauf ſtoͤbert mir in der Huͤtte herum,
ſieht mein Moosbett, das Kreuz, den Todtenkopf.
Vollſtaͤndige Decoration, ſagt er, biſt du ſo faul, daß
dich der Kahlkopf da mit ſeinen gefletſchten Zaͤhnen
erſt jeden Abend in's Gewiſſen beißen muß, um zu
beten? — Herr, erwiedere ich, Ihr werdet mir nichts
weiß machen, ich bin Soldat und Moͤnch in dem
Kloſter da droben geweſen, und weiß wohl, daß es
leichter iſt, eine Feſtung, als das Himmelreich zu er¬
obern. Nun moͤcht' ich doch den Prahlhans ſehen, der
eine Veſtung ohne Bajonett, Leiter und Handwerks¬
zeug nehmen wollte! Und Ihr wollt den Himmel, der
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Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/289>, abgerufen am 27.11.2024.
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