Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

den Heftigen, daß sie beide, in der festen Ueberzeugung
von einer Entführung Juanna's durch Lothario, an
jenem unglücklichen Abend, sobald die Gräfin vermißt
wurde, die Jagd mit dem Schwure verlassen hatten,
sie zurückzubringen oder niemals wiederzukehren. Sehr
bald, so behaupteten sie, seyen sie auch wirklich den
Flüchtlingen auf die Spur gekommen, die sie bis zu
diesem einsamen Wirthshause verfolgt hätten. Und
nun, da wir am Ziele sind, fuhr der Maler fort, läßt
dieser Herr da plötzlich seine großmüthige Larve fallen,
und will die Gräfin als seine eigne Beute entführen.
Aber mit diesem Schwerdte, das in dem großen Krie¬
gesjahre Dreizehn geweiht ist, bewahre ich die Unschuld
jener Dame gegen jeden Verführer, er mag ein deut¬
scher Komödiant oder ein englischer Lord seyn! -- Und
hiermit gingen sie von neuem aufeinander los, und
führten ihre Schulterquarten und Schlenkerprimen mit
einer bewundernswürdigen Künstlichkeit und Pedante¬
rie aus.

Da fuhr auf einmal der dicke Wirth aus der
Hausthür wüthend zwischen die Fechtenden hinein, er
hatte einen umgekehrten Tisch über dem Kopfe, wie
ein Stier mit vier Hörnern, die schon gezückten Schwer¬
ter klatschten flach auf seinen rindsledernen Schlafpelz.
Tausend Parlament, schrie er, Schändlichmen's, Lord-
Majors oder Oberstlieutenant, ich frage den Teufel
darnach! ich nehme nicht tausend Pfund Sperling für

den Heftigen, daß ſie beide, in der feſten Ueberzeugung
von einer Entfuͤhrung Juanna's durch Lothario, an
jenem ungluͤcklichen Abend, ſobald die Graͤfin vermißt
wurde, die Jagd mit dem Schwure verlaſſen hatten,
ſie zuruͤckzubringen oder niemals wiederzukehren. Sehr
bald, ſo behaupteten ſie, ſeyen ſie auch wirklich den
Fluͤchtlingen auf die Spur gekommen, die ſie bis zu
dieſem einſamen Wirthshauſe verfolgt haͤtten. Und
nun, da wir am Ziele ſind, fuhr der Maler fort, laͤßt
dieſer Herr da ploͤtzlich ſeine großmuͤthige Larve fallen,
und will die Graͤfin als ſeine eigne Beute entfuͤhren.
Aber mit dieſem Schwerdte, das in dem großen Krie¬
gesjahre Dreizehn geweiht iſt, bewahre ich die Unſchuld
jener Dame gegen jeden Verfuͤhrer, er mag ein deut¬
ſcher Komoͤdiant oder ein engliſcher Lord ſeyn! — Und
hiermit gingen ſie von neuem aufeinander los, und
fuͤhrten ihre Schulterquarten und Schlenkerprimen mit
einer bewundernswuͤrdigen Kuͤnſtlichkeit und Pedante¬
rie aus.

Da fuhr auf einmal der dicke Wirth aus der
Hausthuͤr wuͤthend zwiſchen die Fechtenden hinein, er
hatte einen umgekehrten Tiſch uͤber dem Kopfe, wie
ein Stier mit vier Hoͤrnern, die ſchon gezuͤckten Schwer¬
ter klatſchten flach auf ſeinen rindsledernen Schlafpelz.
Tauſend Parlament, ſchrie er, Schaͤndlichmen's, Lord-
Majors oder Oberſtlieutenant, ich frage den Teufel
darnach! ich nehme nicht tauſend Pfund Sperling fuͤr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0191" n="184"/>
den Heftigen, daß &#x017F;ie beide, in der fe&#x017F;ten Ueberzeugung<lb/>
von einer Entfu&#x0364;hrung Juanna's durch Lothario, an<lb/>
jenem unglu&#x0364;cklichen Abend, &#x017F;obald die Gra&#x0364;fin vermißt<lb/>
wurde, die Jagd mit dem Schwure verla&#x017F;&#x017F;en hatten,<lb/>
&#x017F;ie zuru&#x0364;ckzubringen oder niemals wiederzukehren. Sehr<lb/>
bald, &#x017F;o behaupteten &#x017F;ie, &#x017F;eyen &#x017F;ie auch wirklich den<lb/>
Flu&#x0364;chtlingen auf die Spur gekommen, die &#x017F;ie bis zu<lb/>
die&#x017F;em ein&#x017F;amen Wirthshau&#x017F;e verfolgt ha&#x0364;tten. Und<lb/>
nun, da wir am Ziele &#x017F;ind, fuhr der Maler fort, la&#x0364;ßt<lb/>
die&#x017F;er Herr da plo&#x0364;tzlich &#x017F;eine großmu&#x0364;thige Larve fallen,<lb/>
und will die Gra&#x0364;fin als &#x017F;eine eigne Beute entfu&#x0364;hren.<lb/>
Aber mit die&#x017F;em Schwerdte, das in dem großen Krie¬<lb/>
gesjahre Dreizehn geweiht i&#x017F;t, bewahre ich die Un&#x017F;chuld<lb/>
jener Dame gegen jeden Verfu&#x0364;hrer, er mag ein deut¬<lb/>
&#x017F;cher Komo&#x0364;diant oder ein engli&#x017F;cher Lord &#x017F;eyn! &#x2014; Und<lb/>
hiermit gingen &#x017F;ie von neuem aufeinander los, und<lb/>
fu&#x0364;hrten ihre Schulterquarten und Schlenkerprimen mit<lb/>
einer bewundernswu&#x0364;rdigen Ku&#x0364;n&#x017F;tlichkeit und Pedante¬<lb/>
rie aus.</p><lb/>
          <p>Da fuhr auf einmal der dicke Wirth aus der<lb/>
Hausthu&#x0364;r wu&#x0364;thend zwi&#x017F;chen die Fechtenden hinein, er<lb/>
hatte einen umgekehrten Ti&#x017F;ch u&#x0364;ber dem Kopfe, wie<lb/>
ein Stier mit vier Ho&#x0364;rnern, die &#x017F;chon gezu&#x0364;ckten Schwer¬<lb/>
ter klat&#x017F;chten flach auf &#x017F;einen rindsledernen Schlafpelz.<lb/>
Tau&#x017F;end Parlament, &#x017F;chrie er, Scha&#x0364;ndlichmen's, Lord-<lb/>
Majors oder Ober&#x017F;tlieutenant, ich frage den Teufel<lb/>
darnach! ich nehme nicht tau&#x017F;end Pfund Sperling fu&#x0364;r<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0191] den Heftigen, daß ſie beide, in der feſten Ueberzeugung von einer Entfuͤhrung Juanna's durch Lothario, an jenem ungluͤcklichen Abend, ſobald die Graͤfin vermißt wurde, die Jagd mit dem Schwure verlaſſen hatten, ſie zuruͤckzubringen oder niemals wiederzukehren. Sehr bald, ſo behaupteten ſie, ſeyen ſie auch wirklich den Fluͤchtlingen auf die Spur gekommen, die ſie bis zu dieſem einſamen Wirthshauſe verfolgt haͤtten. Und nun, da wir am Ziele ſind, fuhr der Maler fort, laͤßt dieſer Herr da ploͤtzlich ſeine großmuͤthige Larve fallen, und will die Graͤfin als ſeine eigne Beute entfuͤhren. Aber mit dieſem Schwerdte, das in dem großen Krie¬ gesjahre Dreizehn geweiht iſt, bewahre ich die Unſchuld jener Dame gegen jeden Verfuͤhrer, er mag ein deut¬ ſcher Komoͤdiant oder ein engliſcher Lord ſeyn! — Und hiermit gingen ſie von neuem aufeinander los, und fuͤhrten ihre Schulterquarten und Schlenkerprimen mit einer bewundernswuͤrdigen Kuͤnſtlichkeit und Pedante¬ rie aus. Da fuhr auf einmal der dicke Wirth aus der Hausthuͤr wuͤthend zwiſchen die Fechtenden hinein, er hatte einen umgekehrten Tiſch uͤber dem Kopfe, wie ein Stier mit vier Hoͤrnern, die ſchon gezuͤckten Schwer¬ ter klatſchten flach auf ſeinen rindsledernen Schlafpelz. Tauſend Parlament, ſchrie er, Schaͤndlichmen's, Lord- Majors oder Oberſtlieutenant, ich frage den Teufel darnach! ich nehme nicht tauſend Pfund Sperling fuͤr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/191
Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Dichter und ihre Gesellen. Berlin, 1834, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_dichter_1834/191>, abgerufen am 22.11.2024.