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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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schallten, während tief unten schon hin und her Lich¬
ter in den Dörfern erschienen, aus denen die Hun¬
de fern bellten. Auf einem dieser Streifzüge ver¬
fehlte ich beym Heruntersteigen den rechten Weg
und konnte ihn durchaus nicht wiederfinden. Es war
schon dunkel geworden und meine Angst nahm mit
jeder Minute zu. Da erblickte ich seitwärts ein
Licht; ich gieng darauf los und kam an ein kleines
Häuschen. Ich guckte furchtsam durch das erleuch¬
tete Fenster hinein und sah darin in einer freundli¬
chen Stube eine ganze Familie friedlich um ein lu¬
stigflackerndes Heerdfeuer gelagert. Der Vater, wie
es schien, hatte ein Büchelchen in der Hand und
las vor. Mehrere sehr hübsche Kinder fassen im
Kreise um ihn herum und hörten, die Köpfchen in
beyde Arme aufgestüzt, mit der größten Aufmerk¬
samkeit zu, während eine junge Frau daneben spann
und von Zeit zu Zeit Holz an das Feuer legte.
Der Anblick machte mir wieder Muth, ich trat in
die Stube hinein. Die Leute waren sehr erstaunt,
mich bey ihnen zu sehen, denn sie kannten mich
wohl, und ein junger Bursche wurde sogleich fort¬
gesandt, sich anzukleiden, um mich auf das Schloß
zurück zu geleiten. Der Vater sezte unterdeß, da
ich ihn darum bat, seine Vorlesung wieder fort.
Die Geschichte wollte mich bald sehr anmuthig und
wundervoll bedünken. Mein Begleiter stand schon
lange fertig an der Thüre. Aber ich vertiefte mich
immer mehr in die Wunder; ich wagte kaum zu
athmen und hörte zu und immer zu und wäre die
ganze Nacht geblieben, wenn mich nicht der Mann

ſchallten, während tief unten ſchon hin und her Lich¬
ter in den Dörfern erſchienen, aus denen die Hun¬
de fern bellten. Auf einem dieſer Streifzüge ver¬
fehlte ich beym Herunterſteigen den rechten Weg
und konnte ihn durchaus nicht wiederfinden. Es war
ſchon dunkel geworden und meine Angſt nahm mit
jeder Minute zu. Da erblickte ich ſeitwärts ein
Licht; ich gieng darauf los und kam an ein kleines
Häuschen. Ich guckte furchtſam durch das erleuch¬
tete Fenſter hinein und ſah darin in einer freundli¬
chen Stube eine ganze Familie friedlich um ein lu¬
ſtigflackerndes Heerdfeuer gelagert. Der Vater, wie
es ſchien, hatte ein Büchelchen in der Hand und
las vor. Mehrere ſehr hübſche Kinder faſſen im
Kreiſe um ihn herum und hörten, die Köpfchen in
beyde Arme aufgeſtüzt, mit der größten Aufmerk¬
ſamkeit zu, während eine junge Frau daneben ſpann
und von Zeit zu Zeit Holz an das Feuer legte.
Der Anblick machte mir wieder Muth, ich trat in
die Stube hinein. Die Leute waren ſehr erſtaunt,
mich bey ihnen zu ſehen, denn ſie kannten mich
wohl, und ein junger Burſche wurde ſogleich fort¬
geſandt, ſich anzukleiden, um mich auf das Schloß
zurück zu geleiten. Der Vater ſezte unterdeß, da
ich ihn darum bat, ſeine Vorleſung wieder fort.
Die Geſchichte wollte mich bald ſehr anmuthig und
wundervoll bedünken. Mein Begleiter ſtand ſchon
lange fertig an der Thüre. Aber ich vertiefte mich
immer mehr in die Wunder; ich wagte kaum zu
athmen und hörte zu und immer zu und wäre die
ganze Nacht geblieben, wenn mich nicht der Mann

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[78/0084] ſchallten, während tief unten ſchon hin und her Lich¬ ter in den Dörfern erſchienen, aus denen die Hun¬ de fern bellten. Auf einem dieſer Streifzüge ver¬ fehlte ich beym Herunterſteigen den rechten Weg und konnte ihn durchaus nicht wiederfinden. Es war ſchon dunkel geworden und meine Angſt nahm mit jeder Minute zu. Da erblickte ich ſeitwärts ein Licht; ich gieng darauf los und kam an ein kleines Häuschen. Ich guckte furchtſam durch das erleuch¬ tete Fenſter hinein und ſah darin in einer freundli¬ chen Stube eine ganze Familie friedlich um ein lu¬ ſtigflackerndes Heerdfeuer gelagert. Der Vater, wie es ſchien, hatte ein Büchelchen in der Hand und las vor. Mehrere ſehr hübſche Kinder faſſen im Kreiſe um ihn herum und hörten, die Köpfchen in beyde Arme aufgeſtüzt, mit der größten Aufmerk¬ ſamkeit zu, während eine junge Frau daneben ſpann und von Zeit zu Zeit Holz an das Feuer legte. Der Anblick machte mir wieder Muth, ich trat in die Stube hinein. Die Leute waren ſehr erſtaunt, mich bey ihnen zu ſehen, denn ſie kannten mich wohl, und ein junger Burſche wurde ſogleich fort¬ geſandt, ſich anzukleiden, um mich auf das Schloß zurück zu geleiten. Der Vater ſezte unterdeß, da ich ihn darum bat, ſeine Vorleſung wieder fort. Die Geſchichte wollte mich bald ſehr anmuthig und wundervoll bedünken. Mein Begleiter ſtand ſchon lange fertig an der Thüre. Aber ich vertiefte mich immer mehr in die Wunder; ich wagte kaum zu athmen und hörte zu und immer zu und wäre die ganze Nacht geblieben, wenn mich nicht der Mann

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/84>, abgerufen am 27.11.2024.