Er setzte sich voller Gedanken auf das steinerne Grabmal und sah in die Thäler hinunter, wie die Welt da nur noch in einzelnen, großen Farbenmas¬ sen durcheinanderarbeitete, in welche Thürme und Dörfer langsam versanken, bis es dann stille wurde wie über einem beruhigten Meere. Nur das Kreutz auf ihrem Berge oben funkelte noch lange golden fort.
Da hörten sie auf einmal hinter ihnen eine Schalmey über die Berge wehen; die Töne blie¬ ben oft in weiter Ferne aus, dann brachen sie auf einmal wieder mit neuer Gewalt durch die ziehen¬ den Wolken herüber. Sie sprangen freudig auf. Sie zweifelten längst nicht mehr, daß sie sich in dem Gebiete des sonderbaren Mannes befänden, zu dem sie von Erwin hingewiesen worden. Um desto willkommener war es ihnen, endlich einen Menschen zu finden, der ihnen aus diesem wunderbaren La¬ byrinthe heraushälfe, in dem ihre Augen so wie Gedanken verwirrt und verlohren waren. Sie be¬ stiegen daher schnell ihre Pferde und ritten jenen Klängen nach.
Die Töne führten sie immerfort bergan zu ei¬ ner ungeheueren Höhe, die immer öder und ver¬ lassener wurde. Ganz oben erblickten sie endlich ei¬ nen Hirten, welcher, auf der Schalmey blasend, seine Heerde in der Dämmerung vor sich her nach Hause trieb. Sie grüßten ihn, er dankte und sah sie ruhig und lange von oben bis unten an. Wem dient ihr? fragte Leontin -- Dem Grafen. -- Wo
Er ſetzte ſich voller Gedanken auf das ſteinerne Grabmal und ſah in die Thäler hinunter, wie die Welt da nur noch in einzelnen, großen Farbenmaſ¬ ſen durcheinanderarbeitete, in welche Thürme und Dörfer langſam verſanken, bis es dann ſtille wurde wie über einem beruhigten Meere. Nur das Kreutz auf ihrem Berge oben funkelte noch lange golden fort.
Da hörten ſie auf einmal hinter ihnen eine Schalmey über die Berge wehen; die Töne blie¬ ben oft in weiter Ferne aus, dann brachen ſie auf einmal wieder mit neuer Gewalt durch die ziehen¬ den Wolken herüber. Sie ſprangen freudig auf. Sie zweifelten längſt nicht mehr, daß ſie ſich in dem Gebiete des ſonderbaren Mannes befänden, zu dem ſie von Erwin hingewieſen worden. Um deſto willkommener war es ihnen, endlich einen Menſchen zu finden, der ihnen aus dieſem wunderbaren La¬ byrinthe heraushälfe, in dem ihre Augen ſo wie Gedanken verwirrt und verlohren waren. Sie be¬ ſtiegen daher ſchnell ihre Pferde und ritten jenen Klängen nach.
Die Töne führten ſie immerfort bergan zu ei¬ ner ungeheueren Höhe, die immer öder und ver¬ laſſener wurde. Ganz oben erblickten ſie endlich ei¬ nen Hirten, welcher, auf der Schalmey blaſend, ſeine Heerde in der Dämmerung vor ſich her nach Hauſe trieb. Sie grüßten ihn, er dankte und ſah ſie ruhig und lange von oben bis unten an. Wem dient ihr? fragte Leontin — Dem Grafen. — Wo
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Er ſetzte ſich voller Gedanken auf das ſteinerne
Grabmal und ſah in die Thäler hinunter, wie die
Welt da nur noch in einzelnen, großen Farbenmaſ¬
ſen durcheinanderarbeitete, in welche Thürme und
Dörfer langſam verſanken, bis es dann ſtille wurde
wie über einem beruhigten Meere. Nur das Kreutz
auf ihrem Berge oben funkelte noch lange golden
fort.
Da hörten ſie auf einmal hinter ihnen eine
Schalmey über die Berge wehen; die Töne blie¬
ben oft in weiter Ferne aus, dann brachen ſie auf
einmal wieder mit neuer Gewalt durch die ziehen¬
den Wolken herüber. Sie ſprangen freudig auf.
Sie zweifelten längſt nicht mehr, daß ſie ſich in
dem Gebiete des ſonderbaren Mannes befänden, zu
dem ſie von Erwin hingewieſen worden. Um deſto
willkommener war es ihnen, endlich einen Menſchen
zu finden, der ihnen aus dieſem wunderbaren La¬
byrinthe heraushälfe, in dem ihre Augen ſo wie
Gedanken verwirrt und verlohren waren. Sie be¬
ſtiegen daher ſchnell ihre Pferde und ritten jenen
Klängen nach.
Die Töne führten ſie immerfort bergan zu ei¬
ner ungeheueren Höhe, die immer öder und ver¬
laſſener wurde. Ganz oben erblickten ſie endlich ei¬
nen Hirten, welcher, auf der Schalmey blaſend,
ſeine Heerde in der Dämmerung vor ſich her nach
Hauſe trieb. Sie grüßten ihn, er dankte und ſah
ſie ruhig und lange von oben bis unten an. Wem
dient ihr? fragte Leontin — Dem Grafen. — Wo
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/401>, abgerufen am 25.11.2024.
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