schen Lichtern gieng Romana für sich allein, eine Guitarre im Arme, auf der Wiese auf und ab. Friedrich glaubte eine auffallende Spannung in ihrem Gesichte und ganzem Wesen zu bemerken. Sie sang:
In goldner Morgenstunde,
Weil alles freudig stand, Da ritt im heitern Grunde Ein Ritter über Land.
Rings sangen auf das Beste
Die Vöglein mannigfalt, Es schüttelte die Aeste, Vor Lust der grüne Wald.
Den Nacken stolz gebogen,
Klopft er dem Rößelein -- So ist er hingezogen Tief in den Wald hinein.
Sein Roß hat er getrieben,
Ihn trieb der frische Muth: "Ist alles fern geblieben, So ist mir wohl und gut!"
Sie gieng während dem Liede immerfort unru¬ hig auf und ab und sah mehreremal seitwärts in den Wald hinein, als erwartete sie jemanden. Auch sprach sie einmal heimlich mit einem Jäger, worauf dieser sogleich forteilte. Friedrich glaubte manchmal eine plötzliche, aber eben so schnell wie¬ der verschwindende Aehnlichkeit ihres Gesanges mit jener Stimme auf dem Berge zu bemerken, da sie wieder weiter sang:
ſchen Lichtern gieng Romana für ſich allein, eine Guitarre im Arme, auf der Wieſe auf und ab. Friedrich glaubte eine auffallende Spannung in ihrem Geſichte und ganzem Weſen zu bemerken. Sie ſang:
In goldner Morgenſtunde,
Weil alles freudig ſtand, Da ritt im heitern Grunde Ein Ritter über Land.
Rings ſangen auf das Beſte
Die Vöglein mannigfalt, Es ſchüttelte die Aeſte, Vor Luſt der grüne Wald.
Den Nacken ſtolz gebogen,
Klopft er dem Rößelein — So iſt er hingezogen Tief in den Wald hinein.
Sein Roß hat er getrieben,
Ihn trieb der friſche Muth: „Iſt alles fern geblieben, So iſt mir wohl und gut!“
Sie gieng während dem Liede immerfort unru¬ hig auf und ab und ſah mehreremal ſeitwärts in den Wald hinein, als erwartete ſie jemanden. Auch ſprach ſie einmal heimlich mit einem Jäger, worauf dieſer ſogleich forteilte. Friedrich glaubte manchmal eine plötzliche, aber eben ſo ſchnell wie¬ der verſchwindende Aehnlichkeit ihres Geſanges mit jener Stimme auf dem Berge zu bemerken, da ſie wieder weiter ſang:
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ſchen Lichtern gieng Romana für ſich allein, eine
Guitarre im Arme, auf der Wieſe auf und ab.
Friedrich glaubte eine auffallende Spannung in
ihrem Geſichte und ganzem Weſen zu bemerken.
Sie ſang:
In goldner Morgenſtunde,
Weil alles freudig ſtand,
Da ritt im heitern Grunde
Ein Ritter über Land.
Rings ſangen auf das Beſte
Die Vöglein mannigfalt,
Es ſchüttelte die Aeſte,
Vor Luſt der grüne Wald.
Den Nacken ſtolz gebogen,
Klopft er dem Rößelein —
So iſt er hingezogen
Tief in den Wald hinein.
Sein Roß hat er getrieben,
Ihn trieb der friſche Muth:
„Iſt alles fern geblieben,
So iſt mir wohl und gut!“
Sie gieng während dem Liede immerfort unru¬
hig auf und ab und ſah mehreremal ſeitwärts in
den Wald hinein, als erwartete ſie jemanden.
Auch ſprach ſie einmal heimlich mit einem Jäger,
worauf dieſer ſogleich forteilte. Friedrich glaubte
manchmal eine plötzliche, aber eben ſo ſchnell wie¬
der verſchwindende Aehnlichkeit ihres Geſanges mit
jener Stimme auf dem Berge zu bemerken, da ſie
wieder weiter ſang:
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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/322>, abgerufen am 23.11.2024.
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