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Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815.

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dere Welt draussen zu fragen. Ohne jemals eine
Anleitung genossen zu haben, verfertigte er Spiel¬
uhren, künstliche Schlösser, neue, sonderbare In¬
strumente, und sein, bey der Stille nach Außen,
ewig unruhiger und reger Geist verfiel dabey auf
die seltsamsten Erfindungen, die oft alle in Erstau¬
nen setzten. Seine Lieblingsidee war, ein Luftschiff
zu erfinden, mit dem man dieses lose Element eben
so bezwingen könnte wie das Wasser, und er wäre
beynahe ein Gelehrter geworden, so hartnäckig und
unermüdlich verfolgte er diesen Gedanken. Für
Poesie hatte er, sonderbar genug, durchaus keinen
Sinn, so willig, ja neugierig er auch aufhorchte,
wenn Leontin oder Friedrich darüber sprachen. Nur
Abraham von St. Clara, jener geniale Schalk,
der mit einer ernsthaften Amtsmiene die Narren
auslacht, denen er zu predigen vorgiebt, war seine
einzige und liebste Unterhaltung, und niemand ver¬
stand wohl, die Werke dieses Schriftstellers zu
durchdringen und sich aus Herzensgrunde daran zu
ergötzen, als er. In diesem unförmlichen "Ge¬
misch-Gemasch" von Spott, Witz und Humor fand
sein sehr nahe verwandter Geist den rechten Tum¬
melplatz.

Uebrigens hatte sich Friedrich gleich Anfangs
in seinem Urtheile über ihn keineswegs geirrt.
Seine Gemüthsart war wirklich durchaus dunkel
und melankolisch. Die eine Hälfte seines Lebens
hindurch war er bis zum Tode betrübt, mürrisch
und unbehülflich, die andere Hälfte lustig bis zur

dere Welt drauſſen zu fragen. Ohne jemals eine
Anleitung genoſſen zu haben, verfertigte er Spiel¬
uhren, künſtliche Schlöſſer, neue, ſonderbare In¬
ſtrumente, und ſein, bey der Stille nach Außen,
ewig unruhiger und reger Geiſt verfiel dabey auf
die ſeltſamſten Erfindungen, die oft alle in Erſtau¬
nen ſetzten. Seine Lieblingsidee war, ein Luftſchiff
zu erfinden, mit dem man dieſes loſe Element eben
ſo bezwingen könnte wie das Waſſer, und er wäre
beynahe ein Gelehrter geworden, ſo hartnäckig und
unermüdlich verfolgte er dieſen Gedanken. Für
Poeſie hatte er, ſonderbar genug, durchaus keinen
Sinn, ſo willig, ja neugierig er auch aufhorchte,
wenn Leontin oder Friedrich darüber ſprachen. Nur
Abraham von St. Clara, jener geniale Schalk,
der mit einer ernſthaften Amtsmiene die Narren
auslacht, denen er zu predigen vorgiebt, war ſeine
einzige und liebſte Unterhaltung, und niemand ver¬
ſtand wohl, die Werke dieſes Schriftſtellers zu
durchdringen und ſich aus Herzensgrunde daran zu
ergötzen, als er. In dieſem unförmlichen „Ge¬
miſch-Gemaſch“ von Spott, Witz und Humor fand
ſein ſehr nahe verwandter Geiſt den rechten Tum¬
melplatz.

Uebrigens hatte ſich Friedrich gleich Anfangs
in ſeinem Urtheile über ihn keineswegs geirrt.
Seine Gemüthsart war wirklich durchaus dunkel
und melankoliſch. Die eine Hälfte ſeines Lebens
hindurch war er bis zum Tode betrübt, mürriſch
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[152/0158] dere Welt drauſſen zu fragen. Ohne jemals eine Anleitung genoſſen zu haben, verfertigte er Spiel¬ uhren, künſtliche Schlöſſer, neue, ſonderbare In¬ ſtrumente, und ſein, bey der Stille nach Außen, ewig unruhiger und reger Geiſt verfiel dabey auf die ſeltſamſten Erfindungen, die oft alle in Erſtau¬ nen ſetzten. Seine Lieblingsidee war, ein Luftſchiff zu erfinden, mit dem man dieſes loſe Element eben ſo bezwingen könnte wie das Waſſer, und er wäre beynahe ein Gelehrter geworden, ſo hartnäckig und unermüdlich verfolgte er dieſen Gedanken. Für Poeſie hatte er, ſonderbar genug, durchaus keinen Sinn, ſo willig, ja neugierig er auch aufhorchte, wenn Leontin oder Friedrich darüber ſprachen. Nur Abraham von St. Clara, jener geniale Schalk, der mit einer ernſthaften Amtsmiene die Narren auslacht, denen er zu predigen vorgiebt, war ſeine einzige und liebſte Unterhaltung, und niemand ver¬ ſtand wohl, die Werke dieſes Schriftſtellers zu durchdringen und ſich aus Herzensgrunde daran zu ergötzen, als er. In dieſem unförmlichen „Ge¬ miſch-Gemaſch“ von Spott, Witz und Humor fand ſein ſehr nahe verwandter Geiſt den rechten Tum¬ melplatz. Uebrigens hatte ſich Friedrich gleich Anfangs in ſeinem Urtheile über ihn keineswegs geirrt. Seine Gemüthsart war wirklich durchaus dunkel und melankoliſch. Die eine Hälfte ſeines Lebens hindurch war er bis zum Tode betrübt, mürriſch und unbehülflich, die andere Hälfte luſtig bis zur

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Zitationshilfe: Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/158>, abgerufen am 27.11.2024.