Am Morgen saßen alle in der Stube des Jä¬ gers beym Frühstück versammelt, die unruhigen Ereignisse dieser Nacht besprechend. Julie sah blaß aus, und Leontin bemerkte, daß sie oft heimlich über die Taße weg nach ihm hinblickte, und schnell wieder wegsah, wenn sein Auge ihr begegnete.
Alle untersuchten darauf noch einmal die Brand¬ stätte, die noch immer fortrauchte. Man war all¬ gemein der Meynung, daß ein Blitz gezündet ha¬ ben müsse, so viel Mühe sich auch der dicke Ge¬ richtsverwalter gab, darzuthun, daß es boshafter¬ weise angelegt sey, und daß man daher mit aller Strenge untersuchen und verfahren müsse. Herr v. A. verschmerzte den Verlust sehr leicht, da er ohnedieß schon lange Willens war, das alte Schlö߬ chen niederreißen zu lassen, um ein neues, beque¬ meres hinzubauen.
Leontin fragte endlich wieder um die weiße Frau. Es ist eine reiche Witwe, sagte Herr o. A., die vor einigen Jahren plötzlich in diese Gegend kam, und mehrere Güther ankaufte. Sie ist im Stillen sehr wohlthätig, und, seltsam genug, bey Tag und bey Nacht, wo immer ein Feuer aus¬
bricht,
Neuntes Kapitel.
Am Morgen ſaßen alle in der Stube des Jä¬ gers beym Frühſtück verſammelt, die unruhigen Ereigniſſe dieſer Nacht beſprechend. Julie ſah blaß aus, und Leontin bemerkte, daß ſie oft heimlich über die Taße weg nach ihm hinblickte, und ſchnell wieder wegſah, wenn ſein Auge ihr begegnete.
Alle unterſuchten darauf noch einmal die Brand¬ ſtätte, die noch immer fortrauchte. Man war all¬ gemein der Meynung, daß ein Blitz gezündet ha¬ ben müſſe, ſo viel Mühe ſich auch der dicke Ge¬ richtsverwalter gab, darzuthun, daß es boshafter¬ weiſe angelegt ſey, und daß man daher mit aller Strenge unterſuchen und verfahren müſſe. Herr v. A. verſchmerzte den Verluſt ſehr leicht, da er ohnedieß ſchon lange Willens war, das alte Schlö߬ chen niederreißen zu laſſen, um ein neues, beque¬ meres hinzubauen.
Leontin fragte endlich wieder um die weiße Frau. Es iſt eine reiche Witwe, ſagte Herr o. A., die vor einigen Jahren plötzlich in dieſe Gegend kam, und mehrere Güther ankaufte. Sie iſt im Stillen ſehr wohlthätig, und, ſeltſam genug, bey Tag und bey Nacht, wo immer ein Feuer aus¬
bricht,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0150"n="144"/></div><divn="2"><head><hirendition="#g">Neuntes Kapitel</hi>.<lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Am Morgen ſaßen alle in der Stube des Jä¬<lb/>
gers beym Frühſtück verſammelt, die unruhigen<lb/>
Ereigniſſe dieſer Nacht beſprechend. Julie ſah blaß<lb/>
aus, und Leontin bemerkte, daß ſie oft heimlich<lb/>
über die Taße weg nach ihm hinblickte, und ſchnell<lb/>
wieder wegſah, wenn ſein Auge ihr begegnete.</p><lb/><p>Alle unterſuchten darauf noch einmal die Brand¬<lb/>ſtätte, die noch immer fortrauchte. Man war all¬<lb/>
gemein der Meynung, daß ein Blitz gezündet ha¬<lb/>
ben müſſe, ſo viel Mühe ſich auch der dicke Ge¬<lb/>
richtsverwalter gab, darzuthun, daß es boshafter¬<lb/>
weiſe angelegt ſey, und daß man daher mit aller<lb/>
Strenge unterſuchen und verfahren müſſe. Herr<lb/>
v. A. verſchmerzte den Verluſt ſehr leicht, da er<lb/>
ohnedieß ſchon lange Willens war, das alte Schlö߬<lb/>
chen niederreißen zu laſſen, um ein neues, beque¬<lb/>
meres hinzubauen.</p><lb/><p>Leontin fragte endlich wieder um die weiße<lb/>
Frau. Es iſt eine reiche Witwe, ſagte Herr o. A.,<lb/>
die vor einigen Jahren plötzlich in dieſe Gegend<lb/>
kam, und mehrere Güther ankaufte. Sie iſt im<lb/>
Stillen ſehr wohlthätig, und, ſeltſam genug, bey<lb/>
Tag und bey Nacht, wo immer ein Feuer aus¬<lb/><fwplace="bottom"type="catch">bricht,<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[144/0150]
Neuntes Kapitel.
Am Morgen ſaßen alle in der Stube des Jä¬
gers beym Frühſtück verſammelt, die unruhigen
Ereigniſſe dieſer Nacht beſprechend. Julie ſah blaß
aus, und Leontin bemerkte, daß ſie oft heimlich
über die Taße weg nach ihm hinblickte, und ſchnell
wieder wegſah, wenn ſein Auge ihr begegnete.
Alle unterſuchten darauf noch einmal die Brand¬
ſtätte, die noch immer fortrauchte. Man war all¬
gemein der Meynung, daß ein Blitz gezündet ha¬
ben müſſe, ſo viel Mühe ſich auch der dicke Ge¬
richtsverwalter gab, darzuthun, daß es boshafter¬
weiſe angelegt ſey, und daß man daher mit aller
Strenge unterſuchen und verfahren müſſe. Herr
v. A. verſchmerzte den Verluſt ſehr leicht, da er
ohnedieß ſchon lange Willens war, das alte Schlö߬
chen niederreißen zu laſſen, um ein neues, beque¬
meres hinzubauen.
Leontin fragte endlich wieder um die weiße
Frau. Es iſt eine reiche Witwe, ſagte Herr o. A.,
die vor einigen Jahren plötzlich in dieſe Gegend
kam, und mehrere Güther ankaufte. Sie iſt im
Stillen ſehr wohlthätig, und, ſeltſam genug, bey
Tag und bey Nacht, wo immer ein Feuer aus¬
bricht,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Eichendorff, Joseph von: Ahnung und Gegenwart. Nürnberg, 1815, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eichendorff_ahnung_1815/150>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.