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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895].

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der Kraft, der Würde, der Heiligkeit und
Liebe, welches in einem sündelosen Va-
ter zur Wirklichkeit geworden wäre, vermö-
gen wir uns keine Vorstellung zu machen,
und ebenso wenig von dem Glücke einer
Familie, in welcher es keine ungezogenen
Kinder, sondern nur Engel in Menschen-
gestalt, keine Verdrießlichkeiten, keine Sorgen,
keine Krankheiten, keine Trennung durch den
Tod, sondern lauter Unschuld und Tugend,
Freude und Friede und gegenseitige Liebe
giebt. Wie überaus erhaben und selig wäre
da der Vater in der Mitte der Seinigen ge-
wesen, und wie hätte jede neue Generation
die Würde und das Glück des Stammvaters
steigern müssen!

Diese selige Zukunft hing von der Be-
dingung ab, daß die Freiheitsprobe gut be-
standen würde. Mit dem Sündenfalle er-
losch der Lichtglanz dieses höheren Daseins,
mit der Unschuld schwand auch die Glück-
seligkeit dahin, die Auen des Paradieses
versanken in unnahbare Fernen, und über
der untergegangenen Seligkeit schloß sich die
rauhe Decke dieser mit dem Fluche belegten
Erde. Adam wurde der unglückliche Stamm-
vater eines unglücklichen Geschlechtes, welchem

der Kraft, der Würde, der Heiligkeit und
Liebe, welches in einem sündelosen Va-
ter zur Wirklichkeit geworden wäre, vermö-
gen wir uns keine Vorstellung zu machen,
und ebenso wenig von dem Glücke einer
Familie, in welcher es keine ungezogenen
Kinder, sondern nur Engel in Menschen-
gestalt, keine Verdrießlichkeiten, keine Sorgen,
keine Krankheiten, keine Trennung durch den
Tod, sondern lauter Unschuld und Tugend,
Freude und Friede und gegenseitige Liebe
giebt. Wie überaus erhaben und selig wäre
da der Vater in der Mitte der Seinigen ge-
wesen, und wie hätte jede neue Generation
die Würde und das Glück des Stammvaters
steigern müssen!

Diese selige Zukunft hing von der Be-
dingung ab, daß die Freiheitsprobe gut be-
standen würde. Mit dem Sündenfalle er-
losch der Lichtglanz dieses höheren Daseins,
mit der Unschuld schwand auch die Glück-
seligkeit dahin, die Auen des Paradieses
versanken in unnahbare Fernen, und über
der untergegangenen Seligkeit schloß sich die
rauhe Decke dieser mit dem Fluche belegten
Erde. Adam wurde der unglückliche Stamm-
vater eines unglücklichen Geschlechtes, welchem

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[16/0030] der Kraft, der Würde, der Heiligkeit und Liebe, welches in einem sündelosen Va- ter zur Wirklichkeit geworden wäre, vermö- gen wir uns keine Vorstellung zu machen, und ebenso wenig von dem Glücke einer Familie, in welcher es keine ungezogenen Kinder, sondern nur Engel in Menschen- gestalt, keine Verdrießlichkeiten, keine Sorgen, keine Krankheiten, keine Trennung durch den Tod, sondern lauter Unschuld und Tugend, Freude und Friede und gegenseitige Liebe giebt. Wie überaus erhaben und selig wäre da der Vater in der Mitte der Seinigen ge- wesen, und wie hätte jede neue Generation die Würde und das Glück des Stammvaters steigern müssen! Diese selige Zukunft hing von der Be- dingung ab, daß die Freiheitsprobe gut be- standen würde. Mit dem Sündenfalle er- losch der Lichtglanz dieses höheren Daseins, mit der Unschuld schwand auch die Glück- seligkeit dahin, die Auen des Paradieses versanken in unnahbare Fernen, und über der untergegangenen Seligkeit schloß sich die rauhe Decke dieser mit dem Fluche belegten Erde. Adam wurde der unglückliche Stamm- vater eines unglücklichen Geschlechtes, welchem

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Zitationshilfe: Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/30>, abgerufen am 28.04.2024.