betrachteten sie in Ostia, an einem Fenster stehend, den duftigen Blütenflor, das vor ihnen ausgebreitete Meer und den klaren Himmel mit seinen zahllosen Gestirnen. Die Erinnerungen an die stürmische und trübe Vergangenheit und das Glück der Gegenwart drängten sich zusammen und erhoben ihre Seelen über diese sichtbare Welt hinauf zu dem Orte, wo sie in der Anschauung des lebendigen Gottes ein noch höheres Glück zu finden hofften. Ihre Unterhaltung dar- über gehört zu dem Erhabensten, was je sterbliche Menschen über Gott gedacht haben. Am Schlusse sagte die heilige Monika zu Augustin: "Für mich hat das Leben keinen Reiz mehr, mein Sohn. Ich weiß nicht, was ich noch hienieden zu thun habe, nach- dem meine süßeste Hoffnung, mein höchster Wunsch, dich als katholischen Christen zu sehen, wider alle Erwartung in Erfüllung ging. Gott gewährt mir die Gnade, dich als seinen Diener zu sehen, der für Ihn alles irdische Glück verachtet. Was soll ich hier noch?" Fünf Tage nachher wurde Mo- nika von einem Fieber befallen, und am neunten Tage ihrer Krankheit schied sie aus diesem Leben. Welch überaus wonnevoller
betrachteten sie in Ostia, an einem Fenster stehend, den duftigen Blütenflor, das vor ihnen ausgebreitete Meer und den klaren Himmel mit seinen zahllosen Gestirnen. Die Erinnerungen an die stürmische und trübe Vergangenheit und das Glück der Gegenwart drängten sich zusammen und erhoben ihre Seelen über diese sichtbare Welt hinauf zu dem Orte, wo sie in der Anschauung des lebendigen Gottes ein noch höheres Glück zu finden hofften. Ihre Unterhaltung dar- über gehört zu dem Erhabensten, was je sterbliche Menschen über Gott gedacht haben. Am Schlusse sagte die heilige Monika zu Augustin: „Für mich hat das Leben keinen Reiz mehr, mein Sohn. Ich weiß nicht, was ich noch hienieden zu thun habe, nach- dem meine süßeste Hoffnung, mein höchster Wunsch, dich als katholischen Christen zu sehen, wider alle Erwartung in Erfüllung ging. Gott gewährt mir die Gnade, dich als seinen Diener zu sehen, der für Ihn alles irdische Glück verachtet. Was soll ich hier noch?“ Fünf Tage nachher wurde Mo- nika von einem Fieber befallen, und am neunten Tage ihrer Krankheit schied sie aus diesem Leben. Welch überaus wonnevoller
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betrachteten sie in Ostia, an einem Fenster
stehend, den duftigen Blütenflor, das vor
ihnen ausgebreitete Meer und den klaren
Himmel mit seinen zahllosen Gestirnen. Die
Erinnerungen an die stürmische und trübe
Vergangenheit und das Glück der Gegenwart
drängten sich zusammen und erhoben ihre
Seelen über diese sichtbare Welt hinauf zu
dem Orte, wo sie in der Anschauung des
lebendigen Gottes ein noch höheres Glück
zu finden hofften. Ihre Unterhaltung dar-
über gehört zu dem Erhabensten, was je
sterbliche Menschen über Gott gedacht haben.
Am Schlusse sagte die heilige Monika zu
Augustin: „Für mich hat das Leben keinen
Reiz mehr, mein Sohn. Ich weiß nicht,
was ich noch hienieden zu thun habe, nach-
dem meine süßeste Hoffnung, mein höchster
Wunsch, dich als katholischen Christen zu
sehen, wider alle Erwartung in Erfüllung
ging. Gott gewährt mir die Gnade, dich
als seinen Diener zu sehen, der für Ihn
alles irdische Glück verachtet. Was soll ich
hier noch?“ Fünf Tage nachher wurde Mo-
nika von einem Fieber befallen, und am
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/282>, abgerufen am 21.11.2024.
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