dann soll der junge Mensch wissen, daß nicht menschliche Willkür, sondern ein höherer Wille es so gefügt hat, und er soll lernen, sich als Christ in seine Tage zu finden. Dann wird er früher und besser als die übrigen zum Manne werden.
Es wäre freilich wünschenswert, die jun- gen Leute könnten recht lange Kinder blei- ben. Kindlich sollten alle bleiben ihr Leben lang, und kindisch in manchen Dingen sind auch die meisten Erwachsenen noch. Aber trotzdem erlangt der Wunsch des heiligen Augustin in unserer Zeit immer mehr Be- rechtigung: "Mache sie, o Herr, aus Kindern zu Greisen." Der junge Christ sollte gar oft an sittlicher Reife seinem Alter voraus- eilen können, er sollte schon in jungen Jah- ren die Besonnenheit und Festigkeit des reiferen Alters besitzen. Die Welt bietet dem Jüngling in Bezug auf Umgang, Unter- haltung, Vergnügen und Genüsse manches dar, was einen bezaubernden Reiz für ihn hat. Aber die Schlange lauert unter dem Grase und darum verlangt sein Heil, daß er mit männ- licher Selbstbeherrschung - daran vorbeigehe. Manche kommen in früher Jugend unter Leute, die alles Heilige verspotten, die
dann soll der junge Mensch wissen, daß nicht menschliche Willkür, sondern ein höherer Wille es so gefügt hat, und er soll lernen, sich als Christ in seine Tage zu finden. Dann wird er früher und besser als die übrigen zum Manne werden.
Es wäre freilich wünschenswert, die jun- gen Leute könnten recht lange Kinder blei- ben. Kindlich sollten alle bleiben ihr Leben lang, und kindisch in manchen Dingen sind auch die meisten Erwachsenen noch. Aber trotzdem erlangt der Wunsch des heiligen Augustin in unserer Zeit immer mehr Be- rechtigung: „Mache sie, o Herr, aus Kindern zu Greisen.“ Der junge Christ sollte gar oft an sittlicher Reife seinem Alter voraus- eilen können, er sollte schon in jungen Jah- ren die Besonnenheit und Festigkeit des reiferen Alters besitzen. Die Welt bietet dem Jüngling in Bezug auf Umgang, Unter- haltung, Vergnügen und Genüsse manches dar, was einen bezaubernden Reiz für ihn hat. Aber die Schlange lauert unter dem Grase und darum verlangt sein Heil, daß er mit männ- licher Selbstbeherrschung – daran vorbeigehe. Manche kommen in früher Jugend unter Leute, die alles Heilige verspotten, die
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dann soll der junge Mensch wissen, daß nicht
menschliche Willkür, sondern ein höherer Wille
es so gefügt hat, und er soll lernen, sich als
Christ in seine Tage zu finden. Dann wird
er früher und besser als die übrigen zum
Manne werden.
Es wäre freilich wünschenswert, die jun-
gen Leute könnten recht lange Kinder blei-
ben. Kindlich sollten alle bleiben ihr Leben
lang, und kindisch in manchen Dingen sind
auch die meisten Erwachsenen noch. Aber
trotzdem erlangt der Wunsch des heiligen
Augustin in unserer Zeit immer mehr Be-
rechtigung: „Mache sie, o Herr, aus Kindern
zu Greisen.“ Der junge Christ sollte gar
oft an sittlicher Reife seinem Alter voraus-
eilen können, er sollte schon in jungen Jah-
ren die Besonnenheit und Festigkeit des
reiferen Alters besitzen. Die Welt bietet
dem Jüngling in Bezug auf Umgang, Unter-
haltung, Vergnügen und Genüsse manches dar,
was einen bezaubernden Reiz für ihn hat.
Aber die Schlange lauert unter dem Grase und
darum verlangt sein Heil, daß er mit männ-
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/209>, abgerufen am 24.11.2024.
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