leicht hinweggeht, dagegen ganz unabsicht- liche Fehler, z. B. das Zerbrechen eines Geschirres ungleich ernster nimmt, während es vom sittlichen Standpunkte aus gerade umgekehrt sein sollte.
Endlich haben wir in unserer Religion zwei vortreffliche Mittel, um die kindliche Gewissenhaftigkeit zu pflegen. Das eine ist die tägliche Gewissenserforschung beim Abend- gebet. Dieser tägliche Einblick in sein In- neres, verbunden mit Reue und Vorsatz, ist für das sittliche Leben von hohem Wert. "Die geistliche Polizei," sagt Alban Stolz, "im Innern des Menschen wird dadurch wachsam und bekommt scharfe Augen." Das Gewissen ist da Richter über den vergan- genen Tag und Gesetzgeber für den folgen- den. Die Selbsterkenntnis, der Wille der Besserung, ein wachsames und ein gutes Gewissen sind nicht leicht möglich ohne dieses Tugendmittel. Die Bedeutung des- selben wird nur noch übertroffen durch die der Beicht. Diese greift noch tiefer in das Ge- wissen ein und bringt noch segensreichere Wirkungen hervor. Da lernt das Kind vor den Augen des Allwissenden noch ernster sein Gewissen prüfen und ordnen. Es ist
leicht hinweggeht, dagegen ganz unabsicht- liche Fehler, z. B. das Zerbrechen eines Geschirres ungleich ernster nimmt, während es vom sittlichen Standpunkte aus gerade umgekehrt sein sollte.
Endlich haben wir in unserer Religion zwei vortreffliche Mittel, um die kindliche Gewissenhaftigkeit zu pflegen. Das eine ist die tägliche Gewissenserforschung beim Abend- gebet. Dieser tägliche Einblick in sein In- neres, verbunden mit Reue und Vorsatz, ist für das sittliche Leben von hohem Wert. „Die geistliche Polizei,“ sagt Alban Stolz, „im Innern des Menschen wird dadurch wachsam und bekommt scharfe Augen.“ Das Gewissen ist da Richter über den vergan- genen Tag und Gesetzgeber für den folgen- den. Die Selbsterkenntnis, der Wille der Besserung, ein wachsames und ein gutes Gewissen sind nicht leicht möglich ohne dieses Tugendmittel. Die Bedeutung des- selben wird nur noch übertroffen durch die der Beicht. Diese greift noch tiefer in das Ge- wissen ein und bringt noch segensreichere Wirkungen hervor. Da lernt das Kind vor den Augen des Allwissenden noch ernster sein Gewissen prüfen und ordnen. Es ist
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leicht hinweggeht, dagegen ganz unabsicht-
liche Fehler, z. B. das Zerbrechen eines
Geschirres ungleich ernster nimmt, während
es vom sittlichen Standpunkte aus gerade
umgekehrt sein sollte.
Endlich haben wir in unserer Religion
zwei vortreffliche Mittel, um die kindliche
Gewissenhaftigkeit zu pflegen. Das eine ist
die tägliche Gewissenserforschung beim Abend-
gebet. Dieser tägliche Einblick in sein In-
neres, verbunden mit Reue und Vorsatz, ist
für das sittliche Leben von hohem Wert.
„Die geistliche Polizei,“ sagt Alban Stolz,
„im Innern des Menschen wird dadurch
wachsam und bekommt scharfe Augen.“ Das
Gewissen ist da Richter über den vergan-
genen Tag und Gesetzgeber für den folgen-
den. Die Selbsterkenntnis, der Wille der
Besserung, ein wachsames und ein gutes
Gewissen sind nicht leicht möglich ohne
dieses Tugendmittel. Die Bedeutung des-
selben wird nur noch übertroffen durch die der
Beicht. Diese greift noch tiefer in das Ge-
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den Augen des Allwissenden noch ernster
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/174>, abgerufen am 21.11.2024.
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