dem Kinde ihr eigenes Fleisch und Blut lie- ben, und für seine Wohlfahrt zu jedem Opfer bereit sind. Ist die sorgen- und mühevolle Pflege des Kindes fast ausschließlich die Sache der Mutter, so ist es auch der Lieb- ling des Vaters, der erste Gegenstand seiner Hoffnungen und Wünsche. Die natürliche Elternliebe, obschon vom Schöpfer herstam- mend und sehr wichtig für die menschliche Gesellschaftsordnung, ist arger Verirrungen fähig und für sich allein ein schlechter Rat- geber. Sie kann in blinde Zuneigung aus- arten, welche in dem Kinde nur das Fleisch liebt, alles Höhere übersieht und das Kind verzärtelt und verweichlicht. Diese sogenannte Affenliebe der Eltern macht die Erziehung zu einem Kultus der Sinnlichkeit und des Eigen- willens in dem Kinde und kann alsdann nur schlimme Früchte tragen.
Die natürliche Vater- und Mutterliebe muß zur christlichen, auf dem Glauben ge- gründeten Liebe verklärt werden, wenn sie dem richtigen Ziele mit den richtigen Mitteln zustreben soll. Das Kind ist ein Geschenk Gottes, für welches Ihm die Eltern einst Rechenschaft geben müssen, es ist ein Eben- bild Gottes, das durch die Folgen der Sünde
dem Kinde ihr eigenes Fleisch und Blut lie- ben, und für seine Wohlfahrt zu jedem Opfer bereit sind. Ist die sorgen- und mühevolle Pflege des Kindes fast ausschließlich die Sache der Mutter, so ist es auch der Lieb- ling des Vaters, der erste Gegenstand seiner Hoffnungen und Wünsche. Die natürliche Elternliebe, obschon vom Schöpfer herstam- mend und sehr wichtig für die menschliche Gesellschaftsordnung, ist arger Verirrungen fähig und für sich allein ein schlechter Rat- geber. Sie kann in blinde Zuneigung aus- arten, welche in dem Kinde nur das Fleisch liebt, alles Höhere übersieht und das Kind verzärtelt und verweichlicht. Diese sogenannte Affenliebe der Eltern macht die Erziehung zu einem Kultus der Sinnlichkeit und des Eigen- willens in dem Kinde und kann alsdann nur schlimme Früchte tragen.
Die natürliche Vater- und Mutterliebe muß zur christlichen, auf dem Glauben ge- gründeten Liebe verklärt werden, wenn sie dem richtigen Ziele mit den richtigen Mitteln zustreben soll. Das Kind ist ein Geschenk Gottes, für welches Ihm die Eltern einst Rechenschaft geben müssen, es ist ein Eben- bild Gottes, das durch die Folgen der Sünde
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[103/0117]
dem Kinde ihr eigenes Fleisch und Blut lie-
ben, und für seine Wohlfahrt zu jedem Opfer
bereit sind. Ist die sorgen- und mühevolle
Pflege des Kindes fast ausschließlich die
Sache der Mutter, so ist es auch der Lieb-
ling des Vaters, der erste Gegenstand seiner
Hoffnungen und Wünsche. Die natürliche
Elternliebe, obschon vom Schöpfer herstam-
mend und sehr wichtig für die menschliche
Gesellschaftsordnung, ist arger Verirrungen
fähig und für sich allein ein schlechter Rat-
geber. Sie kann in blinde Zuneigung aus-
arten, welche in dem Kinde nur das Fleisch
liebt, alles Höhere übersieht und das Kind
verzärtelt und verweichlicht. Diese sogenannte
Affenliebe der Eltern macht die Erziehung zu
einem Kultus der Sinnlichkeit und des Eigen-
willens in dem Kinde und kann alsdann
nur schlimme Früchte tragen.
Die natürliche Vater- und Mutterliebe
muß zur christlichen, auf dem Glauben ge-
gründeten Liebe verklärt werden, wenn sie
dem richtigen Ziele mit den richtigen Mitteln
zustreben soll. Das Kind ist ein Geschenk
Gottes, für welches Ihm die Eltern einst
Rechenschaft geben müssen, es ist ein Eben-
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Egger, Augustinus: Der christliche Vater in der modernen Welt. Erbauungs- und Gebetbuch. Einsiedeln u. a., [1895], S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_vater_1895/117>, abgerufen am 26.11.2024.
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