an ihre Brust drücken. Aber wie sollte sie Ihm diese Liebe bezeigen. Hatte es der Herr des Himmels nötig, von ei- nem Geschöpfe gepflegt zu werden? Be- durfte die ewige Weisheit und Heilig- keit der Erziehung durch eine irdische Mutter? Die unendliche Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes hat es er- möglicht, diese Fragen zu bejahen. Der Sohn Gottes ist ein Kind geworden, um die ganze natürliche Entwicklung eines Kindes durchzumachen. Er lag als hilfloses Kind in den Armen seiner Mutter, der Nahrung und Pflege be- dürftig wie andere Kinder. Er fing im gewöhnlichen Alter an, zu sprechen, zu beten, zu spielen, zu gehorchen, ohne daß äußerlich etwas aufgefallen wäre. Es ist ein liebenswürdiges Geheimnis, wie ein solches Kind von einer solchen Mutter sprechen und beten lernte, und wie sie täglich mit einander verkehrten. Wer kann dieses Geheimnis ergründen? Niemand besser als die christliche Mut-
an ihre Brust drücken. Aber wie sollte sie Ihm diese Liebe bezeigen. Hatte es der Herr des Himmels nötig, von ei- nem Geschöpfe gepflegt zu werden? Be- durfte die ewige Weisheit und Heilig- keit der Erziehung durch eine irdische Mutter? Die unendliche Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes hat es er- möglicht, diese Fragen zu bejahen. Der Sohn Gottes ist ein Kind geworden, um die ganze natürliche Entwicklung eines Kindes durchzumachen. Er lag als hilfloses Kind in den Armen seiner Mutter, der Nahrung und Pflege be- dürftig wie andere Kinder. Er fing im gewöhnlichen Alter an, zu sprechen, zu beten, zu spielen, zu gehorchen, ohne daß äußerlich etwas aufgefallen wäre. Es ist ein liebenswürdiges Geheimnis, wie ein solches Kind von einer solchen Mutter sprechen und beten lernte, und wie sie täglich mit einander verkehrten. Wer kann dieses Geheimnis ergründen? Niemand besser als die christliche Mut-
<TEI><text><body><div><div><p><pbfacs="#f0366"xml:id="E29_001_1914_pb0358_0001"n="358"/>
an ihre Brust drücken. Aber wie sollte<lb/>
sie Ihm diese Liebe bezeigen. Hatte es<lb/>
der Herr des Himmels nötig, von ei-<lb/>
nem Geschöpfe gepflegt zu werden? Be-<lb/>
durfte die ewige Weisheit und Heilig-<lb/>
keit der Erziehung durch eine irdische<lb/>
Mutter? Die unendliche Güte und<lb/>
Menschenfreundlichkeit Gottes hat es er-<lb/>
möglicht, diese Fragen zu bejahen. Der<lb/>
Sohn Gottes ist ein Kind geworden,<lb/>
um die ganze natürliche Entwicklung<lb/>
eines Kindes durchzumachen. Er lag<lb/>
als hilfloses Kind in den Armen seiner<lb/>
Mutter, der Nahrung und Pflege be-<lb/>
dürftig wie andere Kinder. Er fing<lb/>
im gewöhnlichen Alter an, zu sprechen,<lb/>
zu beten, zu spielen, zu gehorchen, ohne<lb/>
daß äußerlich etwas aufgefallen wäre.<lb/>
Es ist ein liebenswürdiges Geheimnis,<lb/>
wie ein solches Kind von einer solchen<lb/>
Mutter sprechen und beten lernte, und<lb/>
wie sie täglich mit einander verkehrten.<lb/>
Wer kann dieses Geheimnis ergründen?<lb/>
Niemand besser als die christliche Mut-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[358/0366]
an ihre Brust drücken. Aber wie sollte
sie Ihm diese Liebe bezeigen. Hatte es
der Herr des Himmels nötig, von ei-
nem Geschöpfe gepflegt zu werden? Be-
durfte die ewige Weisheit und Heilig-
keit der Erziehung durch eine irdische
Mutter? Die unendliche Güte und
Menschenfreundlichkeit Gottes hat es er-
möglicht, diese Fragen zu bejahen. Der
Sohn Gottes ist ein Kind geworden,
um die ganze natürliche Entwicklung
eines Kindes durchzumachen. Er lag
als hilfloses Kind in den Armen seiner
Mutter, der Nahrung und Pflege be-
dürftig wie andere Kinder. Er fing
im gewöhnlichen Alter an, zu sprechen,
zu beten, zu spielen, zu gehorchen, ohne
daß äußerlich etwas aufgefallen wäre.
Es ist ein liebenswürdiges Geheimnis,
wie ein solches Kind von einer solchen
Mutter sprechen und beten lernte, und
wie sie täglich mit einander verkehrten.
Wer kann dieses Geheimnis ergründen?
Niemand besser als die christliche Mut-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/366>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.