wächst und Sturm und Unwetter aus- halten muß, so nahen dem Kinde nach und nach die Versuchungen der Welt, die elterliche Aufsicht tritt in demselben Maße zurück, in welchem seine Frei- heit zunimmt, bis es eines Tages mit- ten in den Gefahren der Welt allein dasteht und mit seiner genossenen Er- ziehung die Probe bestehen muß. Kleinere Proben kommen schon beim Schulkinde vor gegenüber dem bösen Beispiel an- derer Kinder. Wenn es in der Kirche andächtig ist, während andere neben ihm sich unehrerbietig benehmen, wenn es von den Ungezogenheiten anderer, vom Fluchen, Lügen u. s. w. sich zu- rückhält, so ist das ein gutes Zeichen. Aber dieses Verhalten kann immer noch aus der Erinnerung an die strenge el- terliche Zucht beruhen. Es ist das ein Beweggrund, der später in den Versuch- ungen und Stürmen des reiferen Ju- gendalters nicht mehr wirken, jedenfalls nicht genügen wird, und darum muß
wächst und Sturm und Unwetter aus- halten muß, so nahen dem Kinde nach und nach die Versuchungen der Welt, die elterliche Aufsicht tritt in demselben Maße zurück, in welchem seine Frei- heit zunimmt, bis es eines Tages mit- ten in den Gefahren der Welt allein dasteht und mit seiner genossenen Er- ziehung die Probe bestehen muß. Kleinere Proben kommen schon beim Schulkinde vor gegenüber dem bösen Beispiel an- derer Kinder. Wenn es in der Kirche andächtig ist, während andere neben ihm sich unehrerbietig benehmen, wenn es von den Ungezogenheiten anderer, vom Fluchen, Lügen u. s. w. sich zu- rückhält, so ist das ein gutes Zeichen. Aber dieses Verhalten kann immer noch aus der Erinnerung an die strenge el- terliche Zucht beruhen. Es ist das ein Beweggrund, der später in den Versuch- ungen und Stürmen des reiferen Ju- gendalters nicht mehr wirken, jedenfalls nicht genügen wird, und darum muß
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[298/0306]
wächst und Sturm und Unwetter aus-
halten muß, so nahen dem Kinde nach
und nach die Versuchungen der Welt,
die elterliche Aufsicht tritt in demselben
Maße zurück, in welchem seine Frei-
heit zunimmt, bis es eines Tages mit-
ten in den Gefahren der Welt allein
dasteht und mit seiner genossenen Er-
ziehung die Probe bestehen muß. Kleinere
Proben kommen schon beim Schulkinde
vor gegenüber dem bösen Beispiel an-
derer Kinder. Wenn es in der Kirche
andächtig ist, während andere neben
ihm sich unehrerbietig benehmen, wenn
es von den Ungezogenheiten anderer,
vom Fluchen, Lügen u. s. w. sich zu-
rückhält, so ist das ein gutes Zeichen.
Aber dieses Verhalten kann immer noch
aus der Erinnerung an die strenge el-
terliche Zucht beruhen. Es ist das ein
Beweggrund, der später in den Versuch-
ungen und Stürmen des reiferen Ju-
gendalters nicht mehr wirken, jedenfalls
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Egger, Augustin: Die christliche Mutter. Erbauungs- und Gebetbuch. - Einsiedeln u. a., [1914], S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/egger_mutter_1914/306>, abgerufen am 22.11.2024.
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