Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite

in frischer Jugendschöne zu Herz und Gemüt sprechen! Und Eins vor Allem soll die Wagner'sche Kunst von dem rein ephemeren Tongestammel der Uebrigen unterscheiden: die ewige Gültigkeit ihrer Principien, die zeitlose Dauer, ihr Kunsttum par excellence. Wagner selbst hat bekanntlich in seinem geflügelten Wort: ,Jetzt haben Sie eine Kunst' und früher schon in dem klassischen Vorwort zum "Ring der Nibelungen" diese Parole der Selbstüberhebung ausgegeben. "Zwei Grundwahrheiten" so urtheilt der maßvolle Eduard Hanslick "zwei Grundwahrheiten schreiten das ganze Vorwort hindurch stolzen Hauptes neben einander her. Erstens die Ueberzeugung, daß Alles, was überhaupt unter dem Namen Oper besteht, wert ist, daß es zu Grunde gehe, und zweitens, daß Wagner's Nibelungenring ein außerordentliches Kunstwerk ist, für dessen Vorführung keine Mühe und kein Opfer zu groß sein kann. Wagner thront in diesem Vorwort, wie Gott Vater beim jüngsten Gericht: zur Rechten stellt er die allein gerechten Wagner'schen Opern, links, für den Schwefelpfuhl, alles Uebrige."

Aus solchen und ähnlichen "Grundwahrheiten" baut sich im Hirn der Wagner-Enthusiasten der Irrwahn auf, die Tonkunst Wagners sei die absolute Verkörperung der ewigen Schönheitsgesetze. Daher sie denn nur mit der Menschheit selber zu Grund gehen könne.

Die ewigen Schönheitsgesetze! Mit dieser Phrase wird so erschrecklich viel Unfug getrieben, daß es wohl einmal lohnt, dem dreisten Gespenst ein wenig in die Physiognomie zu leuchten.

Und eh' ich das thue, sei mir vergönnt, dem Leser ein Abenteuer zu referiren. Das Abenteuer ist rein innerlicher

in frischer Jugendschöne zu Herz und Gemüt sprechen! Und Eins vor Allem soll die Wagner’sche Kunst von dem rein ephemeren Tongestammel der Uebrigen unterscheiden: die ewige Gültigkeit ihrer Principien, die zeitlose Dauer, ihr Kunsttum par excellence. Wagner selbst hat bekanntlich in seinem geflügelten Wort: ‚Jetzt haben Sie eine Kunst‘ und früher schon in dem klassischen Vorwort zum „Ring der Nibelungen“ diese Parole der Selbstüberhebung ausgegeben. „Zwei Grundwahrheiten“ so urtheilt der maßvolle Eduard Hanslick „zwei Grundwahrheiten schreiten das ganze Vorwort hindurch stolzen Hauptes neben einander her. Erstens die Ueberzeugung, daß Alles, was überhaupt unter dem Namen Oper besteht, wert ist, daß es zu Grunde gehe, und zweitens, daß Wagner’s Nibelungenring ein außerordentliches Kunstwerk ist, für dessen Vorführung keine Mühe und kein Opfer zu groß sein kann. Wagner thront in diesem Vorwort, wie Gott Vater beim jüngsten Gericht: zur Rechten stellt er die allein gerechten Wagner’schen Opern, links, für den Schwefelpfuhl, alles Uebrige.“

Aus solchen und ähnlichen „Grundwahrheiten“ baut sich im Hirn der Wagner-Enthusiasten der Irrwahn auf, die Tonkunst Wagners sei die absolute Verkörperung der ewigen Schönheitsgesetze. Daher sie denn nur mit der Menschheit selber zu Grund gehen könne.

Die ewigen Schönheitsgesetze! Mit dieser Phrase wird so erschrecklich viel Unfug getrieben, daß es wohl einmal lohnt, dem dreisten Gespenst ein wenig in die Physiognomie zu leuchten.

Und eh’ ich das thue, sei mir vergönnt, dem Leser ein Abenteuer zu referiren. Das Abenteuer ist rein innerlicher

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="20"/>
in frischer Jugendschöne zu Herz und Gemüt sprechen! Und Eins vor Allem soll die Wagner&#x2019;sche Kunst von dem rein ephemeren Tongestammel der Uebrigen unterscheiden: die ewige Gültigkeit ihrer Principien, die zeitlose Dauer, ihr Kunsttum <hi rendition="#aq">par excellence</hi>. Wagner selbst hat bekanntlich in seinem geflügelten Wort: &#x201A;Jetzt haben Sie eine Kunst&#x2018; und früher schon in dem klassischen Vorwort zum &#x201E;Ring der Nibelungen&#x201C; diese Parole der Selbstüberhebung ausgegeben. &#x201E;Zwei Grundwahrheiten&#x201C; so urtheilt der maßvolle Eduard Hanslick &#x201E;zwei Grundwahrheiten schreiten das ganze Vorwort hindurch stolzen Hauptes neben einander her. Erstens die Ueberzeugung, daß Alles, was überhaupt unter dem Namen Oper besteht, wert ist, daß es zu Grunde gehe, und zweitens, daß Wagner&#x2019;s Nibelungenring ein außerordentliches Kunstwerk ist, für dessen Vorführung keine Mühe und kein Opfer zu groß sein kann. Wagner thront in diesem Vorwort, wie Gott Vater beim jüngsten Gericht: zur Rechten stellt er die allein gerechten Wagner&#x2019;schen Opern, links, für den Schwefelpfuhl, alles Uebrige.&#x201C;</p>
        <p>Aus solchen und ähnlichen &#x201E;Grundwahrheiten&#x201C; baut sich im Hirn der Wagner-Enthusiasten der Irrwahn auf, die Tonkunst Wagners sei die absolute Verkörperung der ewigen Schönheitsgesetze. Daher sie denn nur mit der Menschheit selber zu Grund gehen könne.</p>
        <p>Die ewigen Schönheitsgesetze! Mit dieser Phrase wird so erschrecklich viel Unfug getrieben, daß es wohl einmal lohnt, dem dreisten Gespenst ein wenig in die Physiognomie zu leuchten.</p>
        <p>Und eh&#x2019; ich das thue, sei mir vergönnt, dem Leser ein Abenteuer zu referiren. Das Abenteuer ist rein innerlicher
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0022] in frischer Jugendschöne zu Herz und Gemüt sprechen! Und Eins vor Allem soll die Wagner’sche Kunst von dem rein ephemeren Tongestammel der Uebrigen unterscheiden: die ewige Gültigkeit ihrer Principien, die zeitlose Dauer, ihr Kunsttum par excellence. Wagner selbst hat bekanntlich in seinem geflügelten Wort: ‚Jetzt haben Sie eine Kunst‘ und früher schon in dem klassischen Vorwort zum „Ring der Nibelungen“ diese Parole der Selbstüberhebung ausgegeben. „Zwei Grundwahrheiten“ so urtheilt der maßvolle Eduard Hanslick „zwei Grundwahrheiten schreiten das ganze Vorwort hindurch stolzen Hauptes neben einander her. Erstens die Ueberzeugung, daß Alles, was überhaupt unter dem Namen Oper besteht, wert ist, daß es zu Grunde gehe, und zweitens, daß Wagner’s Nibelungenring ein außerordentliches Kunstwerk ist, für dessen Vorführung keine Mühe und kein Opfer zu groß sein kann. Wagner thront in diesem Vorwort, wie Gott Vater beim jüngsten Gericht: zur Rechten stellt er die allein gerechten Wagner’schen Opern, links, für den Schwefelpfuhl, alles Uebrige.“ Aus solchen und ähnlichen „Grundwahrheiten“ baut sich im Hirn der Wagner-Enthusiasten der Irrwahn auf, die Tonkunst Wagners sei die absolute Verkörperung der ewigen Schönheitsgesetze. Daher sie denn nur mit der Menschheit selber zu Grund gehen könne. Die ewigen Schönheitsgesetze! Mit dieser Phrase wird so erschrecklich viel Unfug getrieben, daß es wohl einmal lohnt, dem dreisten Gespenst ein wenig in die Physiognomie zu leuchten. Und eh’ ich das thue, sei mir vergönnt, dem Leser ein Abenteuer zu referiren. Das Abenteuer ist rein innerlicher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-04T11:47:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-04T11:47:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-04T11:47:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/eckstein_dudler_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/eckstein_dudler_1893/22
Zitationshilfe: [Eckstein, Ernst:] Dudler und Dulder. Studien über die Anmaßungen der Tonkunst. Leipzig, 1893, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/eckstein_dudler_1893/22>, abgerufen am 22.11.2024.